Tour de France 2024 - Drei Dinge, die auffielen: Primoz Roglic bleibt der große Pechvogel der Frankreich-Rundfahrt

Die 12. Etappe der Tour de France 2024 bot lange Zeit keine großen Highlights - trotz extrem hoher Geschwindigkeiten bei Temperaturen um 35 Grad. Doch das Finale wurde dafür umso ereignisreicher: Biniam Girmay feierte seinen dritten Etappensieg, sein großer Kontrahent Jasper Philipsen verlor wichtige Helfer und Primoz Roglic blieb das Sturzpech treu. Drei Dinge, die auffielen.

Girmay jubelt erneut, Roglic-Sturz mit Folgen - Highlights

Quelle: Eurosport

Die 111. Frankreich-Rundfahrt hat nun doch auch einen Sprint-Dominator. Biniam Girmay ist der überragende Mann in den Massenankünften der Tour. Mit drei Etappensiegen und zwei zweiten Plätzen hat er nun einen riesigen Vorsprung im Kampf um Grün.
Für seinen ersten Verfolger, den letztjährigen Gewinner eben jener Punktewertung Jasper Philipsen, läuft es dagegen weiterhin nicht rund und er bekam am Donnerstag weitere Steine in den Weg gelegt.
Das große Drama dieser 12. Etappe aber spielte sich um den Kapitän des deutschen Teams Red Bull-Bora-hansgrohe ab, Primoz Roglic.
Drei Dinge, die auf der 12. Etappe auffielen:

1. Roglic bleibt der Pechvogel

Es ist schon kurios: Die im Vorfeld so gefürchtete Gravel-Etappe rund um Troyes, vor der man sich bei Red Bull – Bora – hansgrohe ganz offen zur Angst um den so oft von Stürzen gebeutelten Kapitän bekannt hatte, überstand Primoz Roglic schadlos.
Als er im technisch schwierigen Finale der 11. Etappe durchs Zentralmassiv einen Fahrfehler machte und zu Boden ging, kam er körperlich glimpflich davon und verlor dank der 3-Kilometer-Regel auch keine Zeit.
Doch ausgerechnet auf einem als Überführungsetappe für die Sprinter gedachten Teilstück, am Ortsausgang von La Sauvetat-sur-Lède zwölf Kilometer vor dem Ziel, noch bevor die richtig harten Positionskämpfe am Ende der 12. Etappe begannen, in einem eigentlich recht harmlosen Moment also, sind die Träume vom Gelben Trikot für den 34-Jährigen endgültig geplatzt.
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Der Roglic-Sturz in der Analyse: "Das war einfach Pech"

Quelle: Eurosport

Ohne dass Roglic wirklich etwas dafür konnte, wurde er in einen Massensturz verwickelt, überschlug sich und landete hart auf der rechten Schulter - jener, die er sich am 4. April im Baskenland ausgekugelt hatte. Eskortiert von fünf seiner sechs Teamkollegen, mit zerrissenem Trikot und blutender Schulter fuhr Roglic mit 2:27 Minuten Rückstand auf die Besten ins Etappenziel.
"Es war einfach Pech", meinte Eurosport-Experte Bernhard Eisel im Velo Club. "Ein bisschen einen Magneten (für Stürze, Anm. d. Red.) hat er, aber heute konnte er nichts dafür."
Roglic hat eine traurige Historie, was Stürze bei großen Rennen betrifft. 2021 ging er schon auf Etappe 3 der Tour zu Boden und gab wegen der Folgen dieses Sturzes sechs Tage später auf. 2022 fiel Roglic zwischen zwei Kopfsteinpflaster-Abschnitten auf Etappe 5 und stieg elf Tage später aus der Frankreich-Rundfahrt aus. Und zwei Monate danach endete die Vuelta a Espana für den Titelverteidiger wegen eines Sturzes auf Etappe 16 - auf Gesamtrang zwei liegend.
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Aldag nach Roglic-Sturz: "Man kann niemand einen Vorwurf machen"

Quelle: Eurosport

Am späten Mittwochabend war noch nicht offiziell bestätigt worden, welche Verletzungen Roglic diesmal davongetragen hat. Immerhin schienen Untersuchungen keine Knochenbrüche an der Schulter ergeben zu haben, denn laut einem Bericht von "sportschau.de" waren nur Bandagen am linken Bein zu sehen, als Roglic sich über den Parkplatz des Teamhotels bewegte.
Ob der 34-Jährige die Tour am Freitag fortsetzen kann, schien zunächst fraglich.
"Wenn er sich richtig verletzt hat, wird das Team die Reißleine ziehen. Aber wir kennen Primoz Roglic und wissen, wie oft er sich nach Stürzen wieder hingekämpft hat. Da muss schon wirklich sehr viel passieren, damit er das Handtuch wirft", meinte Eisel, gab jedoch auch zu bedenken: "Das war ein massiver Sturz und hat schon richtig wehgetan. Das ist jetzt mental schon eine Hürde, die extrem schwierig zu überwinden ist."
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Wie geht's weiter? "Es muss viel passieren, damit Roglic aufgibt"

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Wenn Roglic weiterfährt, tut er das am Freitag auf Etappe 13 mit 4:42 Minuten Rückstand zum Gelben Trikot und 3:28 Minuten zum Podium. Beides scheint nun völlig außer Reichweite. Und mit schmerzenden Sturzverletzungen ist auch fraglich, ob die Jagd auf einen Etappensieg noch realistisch wäre. Auf der anderen Seite hat Red Bull-Bora-hansgrohe aber auch keinen anderen Fahrer mehr im Rennen, der einen fünften, sechsten, siebten oder achten Gesamtrang bei dieser Tour erreichen könnte, und auch das ist für Teams wichtig.
"Seine Gesundheit hat gerade oberste Priorität", sagte Sportdirektor Rolf Aldag am Mannschaftsbus zur versammelten Medienschar. "Wir haben ein sehr gutes medizinisches Team. Wenn wir wissen, ob er weitermachen kann, überlegen wir uns den Plan für den weiteren Tour-Verlauf."
Sicher ist: Roglic bleibt der Pechvogel, der er in den letzten Jahren war.
Dies bestätigte sich schließlich auch am Freitag. Red Bull-Bora-hansgrohe verkündete den Tour-Ausstieg von Roglic.

2. Girmay behält im Flow des Grünen Trikots den Überblick

Biniam Girmay ist der überlegene Sprinter dieser Tour de France. Das ist spätestens mit seinem dritten Tageserfolg endgültig klar geworden. Er belegte in den sechs Sprintankünften der bisherigen Tour die Plätze 1, 9, 2, 1, 2 und 1 und führt die Punktewertung nun nahezu uneinholbar an: 107 Punkte Vorsprung hat er auf Philipsen. Selbst wenn der Belgier beide noch möglichen Sprintankünfte in Pau und Nimes gewinnen und Girmay jeweils leer ausgehen würde, wäre der Eritreer noch im Grünen Trikot.
"Er ist einfach der dominante Sprinter bei dieser Tour. Den schweren Tag gestern haben alle gespürt und auch heute war hart mit 46 oder 47 km/h im Schnitt. Ich glaube er war einen Tick frischer als alle anderen und konnte das ausspielen. Er war einfach der Schnellste", lobte Eurosport-Experte Jens Voigt Girmay nach dem dritten Sieg in Villeneuve-sur-Lot und auch Bernhard Eisel zog im Velo Club seinen Hut: "Zu diesem Sieg kann man nur gratulieren - da war er eigentlich unantastbar."
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"Er nimmt die Arme hoch": Girmays dritter Sprint-Streich

Quelle: Eurosport

Besonders beeindruckend war auf der mehr als 1.000 Meter langen Zielgeraden parallel zum Fluss Lot, wie Girmay mit Hilfe von Teamkollege Mike Teunissen am linken Straßenrand nach vorne fuhr, während auf der rechten Seite bei der Konkurrenz das große Chaos ausbrach und man sich gegenseitig behinderte.
"Es war sehr chaotisch und ich habe mich erstmal darauf konzentriert, sicher zu bleiben", erklärte Girmay, wieso er beim Einbiegen auf die Zielgerade noch weit hinten saß und spät vorrückte. "600 Meter vor dem Ziel habe ich plötzlich Mike gefunden, der einen perfekten Job gemacht und mich locker 15 Plätze nach vorne gebracht hat. Ich war in perfekter Position, an seinem Hinterrad raus aus dem Wind und dann war mir klar, dass ich gewinnen kann."
Dieses Selbstvertrauen ist bei Girmay im Verlauf der Tour gewachsen. Nach zwei schweren Jahren mit vielen Stürzen überraschte er mit seinem ersten Tour-Etappensieg an Tag drei in Turin bei einem für ihn eigentlich nicht als ideal geltenden, flachen Finale alle. Nun in Villeneuve-sur-Lot aber war er bei einer ähnlichen High-Speed-Ankunft plötzlich der Favorit.
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Dritter Girmay-Sieg in der Analyse: "Er ist der dominante Sprinter"

Quelle: Eurosport

"Seit ich das Grüne Trikot trage, fühle ich mich noch schneller und glaube auch noch mehr daran, dass ich der Beste bin", sagte Girmay. "Ich wusste vom Anfang der Tour an, dass ich gute Ergebnisse einfahren kann, wenn es gut läuft. Jetzt habe ich dreimal bewiesen, dass ich sogar gewinnen kann."
Bei Girmay läuft es einfach bei dieser Tour und mit dem positiven "Flow" kommt eben auch Souveränität: Der 24-Jährige hatte im Finale der 12. Etappe nicht mehr einen so großen Druck wie seine Kontrahenten. Im Etappenverlauf, so erzählte er, hatten er und sein Team sogar darauf spekuliert, dass eine Ausreißergruppe durchkommt, um das Grüne Trikot abzusichern. Er war nicht mehr so verzweifelt auf der Jagd nach dem Sieg wie die Konkurrenz und konnte deshalb auch cooler bleiben, anstatt sich sofort voll ins Getümmel zu schmeißen. Davon profitierte er schließlich auf der freieren linken Straßenseite.
"Es ist unglaublich. Der erste Sieg war schon ein unfassbarer Sieg. Der zweite Sieg war eine Bestätigung und jetzt hat er gezeigt, dass er zu den besten Sprintern der Welt gehört", freute sich auch Teunissen.

3. Philipsens Siegchancen schmilzen dahin

Während es für Girmay perfekt lief, waren Jasper Philipsen und sein Team Alpecin-Deceuninck die großen Verlierer der Sprintankunft von Villeneuve-sur-Lot. Nicht nur wurde der Belgier geschlagen und büßte viele weitere Punkte im Kampf ums Grüne Trikot ein. Auch war ansonsten alles gegen ihn gelaufen auf dieser 12. Etappe.
Schon früh stürzte mit Jonas Rickaert einer seiner wichtigsten Helfer im Finale, dann bekam auch Sören Kragh Andersen im Etappenverlauf immer größere Probleme mit seinem Sitzfleisch. Und als es zwölf Kilometer vor dem Ziel zum Sturz um Roglic kam, stand auch noch Anfahrer Mathieu van der Poel am Straßenrand.
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Der Tank ist leer: Sprintstar Jakobsen gibt die Tour auf

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Philipsen kam nur noch mit einem Mann an seiner Seite, Axel Laurance, auf die einen Kilometer lange Zielgerade und musste dort dann improvisieren. Er eröffnete seinen Sprint von weit hinten gezwungenermaßen früh auf der linken Straßenseite und machte noch viele Plätze gut, rollte aber trotzdem nur als Sechster über den Zielstrich.
Dass er wegen eines Jury-Entscheids noch auf Rang vier vorrutschte, weil Arnaud Démare und Mark Cavendish distanziert wurden, war da kein großer Trost. Das Grüne Trikot scheint weg, aber auch für Pau und Nimes haben sich die Aussichten für Philipsen am Donnerstag nicht unwesentlich verdunkelt. Denn: Rickaert und der zu ihm zurückgefallene Andersen erreichten das Ziel erst außerhalb des Zeitlimits und müssen die Tour daher verlassen.
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Stage 13 profile and route map: Agen - Pau

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"Die Sitzprobleme wurden schlimmer und schlimmer. Ich musste die Tour heute auf jeden Fall verlassen und habe dann gehofft, wenigstens Jonas (Rickaert) noch helfen zu können und ihn rechtzeitig zum Ziel zu bringen", sagte Andersen im Ziel. Das gelang aber nicht und so sind nun beide raus.
"Ein großer Dank an Sören für seine Aufopferung. Es ist wirklich schade, dass es nicht gereicht hat, denn ich glaube mit einer guten Nacht wäre ich morgen wieder kampfbereit gewesen. Ich wollte Jasper unbedingt noch zu einem zweiten Etappensieg verhelfen, aber es sollte wohl nicht sein", sagte Rickaert.
Ohne zwei wichtige Helfer wird es für Alpecin-Deceuninck am Freitag auf dem Weg nach Pau und am Dienstag in Richtung Nimes umso schwerer, das Rennen zu kontrollieren, einen Massensprint herbeizuführen und den für Philipsen dann auch ideal vorzubereiten. Ohne ideale Vorbereitung aber - die gelang nur bei seinem Sieg in Saint-Amand-Montrond sowie in der ersten Tour-Woche in Dijon, wo er aber von der Jury distanziert wurde - konnte Philipsen bei dieser Tour noch nicht gewinnen.
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‘Jonas…’ - Embarrassing moment as Pogacar’s rival name read out on podium

Quelle: Eurosport


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De Florence à Nice : le parcours complet du Tour de France 2024

Quelle: Eurosport


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