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Boris Herrmann exklusiv: "Durch Greta Thunberg sehe ich die Dinge optimistischer"

Tobias Laure

Update 27/12/2022 um 09:04 GMT+1 Uhr

Boris Hermann gehört zu Deutschlands besten Seglern und nimmt ab 15. Januar The Ocean Race in Angriff. Dem 41-Jährigen geht es aber um mehr als "nur" Sport. Um das Bewusstsein für die Ozeane und deren Bedrohung zu schärfen, arbeite man "mit Wissenschaft und Schulen" zusammen, sagt Herrmann in Teil 2 des Exklusiv-Interviews mit Eurosport.de und erinnert sich an eine Begegnung mit Greta Thunberg.

Mit Greta Thurnberg über den Atlantik - so hat Herrmann die Reise erlebt

Boris Herrmann kämpft auf dem Wasser nicht nur um sportlichen Erfolg. "Wir möchten Menschen inspirieren und verdeutlichen, dass wir uns alle zusammen einer herausfordernden Situation stellen müssen", betont der Segelprofi.
Der Kampf gegen den Klimawandel sei im "Vergleich zu einer Regatta das viel größere Wettrennen". Daher hat sich der Oldenburger für The Ocean Race 2022-23 eine ganze Reihe an Zielen gesteckt, die nichts mit der Platzierung am Ende des Rennens zu tun haben.
"A Race We Must Win - Climate Action Now" lautet der Schriftzug auf dem Segel der Malizia - Seaexplorer, mit der Herrmann im kommenden Jahr beim Ocean Race teilnimmt. Ein halbes Jahr lang ist der 41-Jährige dabei mit seiner Crew auf See, über 32.000 nautische Meilen (~59.260 km) geht es einmal rund um den Erdball.
Besondere Erinnerungen verbindet Herrmann indes mit der schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg, die er 2019 mit dem Segelboot zum Klimagipfel der Vereinten Nationen nach New York brachte. "Es klingt zunächst widersprüchlich, aber durch Greta sehe ich die Dinge optimistischer", sagt Herrmann heute.
Das Interview führte Tobias Laure
Neben der sportlichen Herausforderung und der Liebe zum Segelsport geht es Ihnen und Ihrem Team um etwas anderes: die Bedrohung der Ozeane durch die Eingriffe und das Handeln des Menschen.
Boris Herrmann: Wir habe unser Schiff mit der Botschaft versehen: "A Race We Must Win - Climate Action Now!" Wir möchten Menschen inspirieren und verdeutlichen, dass wir uns alle zusammen einer herausfordernden Situation stellen müssen. Unsere Welt mit all ihren Fortschritten und Errungenschaften soll und darf so weiterexistieren. Dazu müssen wir aber Lösungen finden, um dem Klimawandel Einhalt zu gebieten. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit und im Vergleich zu einer Regatta das viel größere Wettrennen. Ich habe das Gefühl, dass wir als Sportler und Sportlerinnen da eine Inspiration sein können. Wir stehen immer unter Zeitdruck, debattieren nicht lange und müssen zu Entscheidungen kommen. Darüber hinaus setzen wir Hightech ein, um die Kräfte der Natur nachhaltig zu nutzen. Wind, Solarenergie, Propeller zur Stromgewinnung am Heck - unsere Botschaft ist es, positiv an ehrgeizigen Klimaschutz heranzugehen.
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Herrmann exklusiv: "Man hat nicht einmal einen eigenen Schlafsack"

Mit der Malizia - Seaexplorer sammeln Sie zudem Daten für die Wissenschaft. Worum geht es da konkret?
Herrmann: Das Meer ist Dreh- und Angelpunkt, was die Erwärmung des Klimas auf der Erde anbelangt. Die Ozeane absorbieren sehr viel Wärmeenergie und binden CO2. Steigen die Wassertemperaturen, wird weniger CO2 gebunden. Wir als Menschheit unterschätzen häufig die Rolle und die Bedeutung der Ozeane. Wir messen auf unseren Routen durch die Meere, wie hoch CO2-Konzentration ist. Die Wissenschaftler lassen diese Messungen in die Kalibrierung ihrer Klimamodelle einfließen. Es ist uns ein großes Anliegen, der Wissenschaft konkret helfen zu können, denn in vielen ozeanischen Gebieten ist die Datenlage sehr dünn.
Wer in den Bergen unterwegs ist, kann relativ leicht die schlimmen Auswirkungen des Klimawandels erkennen. Ist das auf hoher See ebenso augenscheinlich?
Herrmann: Ich würde sagen, es sind Indizien, die man dort zu Gesicht bekommt. Man hat den Eindruck, dass die Zahl der Meeresvögel und Wale abnimmt, dass in tropischen Meeren mehr Algen und Seegrasflächen vorkommen. Dermaßen bildgewaltig wie in den Alpen, wo jeder anhand der Gletscherrückgänge sofort erkennt, dass etwas aus den Fugen gerät, ist das auf hoher See nicht. Darin liegt die Tragik der Ozeane. Die durchlaufen fundamentale Veränderungen, aber das Wasser ist immer noch blau. Die Problematik fällt weniger ins Auge.
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Top-Segler Herrmann exklusiv: Meine fünf Ziele für das Ocean Race

2019 sind Sie mit der bekannten Klimaaktivisten Greta Thunberg an Bord nach New York gesegelt. Welche Erinnerungen verbinden Sie mit diesem Trip?
Herrmann: Das empfand ich als sehr belebend, wir sind aus unserer Bubble der Segelrennen herausgekommen. Wir versuchen, generell über den Tellerrand hinauszuschauen, in dem wir mit der Wissenschaft und Schulen zusammenarbeiten, aber die Reise mit Greta war wieder etwas anderes. Vorher dachte ich im Hinblick auf den Klimawandel: 'Mein Gott, wir haben alle Schuld, alles ist schlecht, was kann man bloß tun?' Es klingt zunächst widersprüchlich, aber durch Greta sehe ich die Dinge optimistischer. Sie hat so eine ruhige Art, über das Thema zu sprechen und hat viele gute Ideen mit an Bord gebracht. Vor allem war ihr die Feststellung wichtig, dass es nicht die eine Lösung gibt, sondern dass es viele Strategien parallel braucht, um das Ziel zu erreichen.
Was muss passieren, damit Sie das Ocean Race als Erfolg bezeichnen?
Herrmann: Es sind fünf Ziele, die ich mir gesetzt habe, bei der Vendée Globe vor zwei Jahren waren es sogar acht. Ich möchte in dem Rennen sportlich eine Rolle spielen. Das heißt nicht, dass wir gewinnen müssen, aber wir möchten hin und wieder vorne und richtig im Fight drin sein. Das ist mir wichtiger als eine bestimmte Platzierung. Dann wollen wir es unbedingt schaffen, mit der Malizia - Seaexplorer beim Ocean Race um die Welt zu kommen. Ein weiteres Ziel liegt darin, das Publikum mitzunehmen, zu begeistern und zu inspirieren. Wir wollen Neugier wecken auf die Schönheit der Ozeane. Wichtig ist uns überdies, Kinder und Schulen zu sensibilisieren und zu informieren über die Bedeutung der Ozeane. Als fünftes Ziel betrachte ich die Daten, die wir sammeln und die der Wissenschaft hoffentlich helfen.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Herrmann.

The Ocean Race 2023: Die Route im Überblick

  • 1. Etappe (Start am 15. Januar): Alicante (Spanien) bis Kap Verde, Distanz: 1900 Seemeilen (3518 Kilometer)
  • 2. Etappe (Start am 25. Januar): Kap Verde bis Kapstadt (Südafrika), Distanz: 4600 Seemeilen (8519 Kilometer)
  • 3. Etappe (Start am 26. Februar): Kapstadt bis Itajai (Brasilien), Distanz: 12.750 Seemeilen (23.613 Kilometer)
  • 4. Etappe (Start am 23. April): Itajai bis Newport (Rhode Island), Distanz: 5500 Seemeilen (10.186 Kilometer)
  • 5. Etappe (Start am 21. Mai): Newport bis Aarhus (Dänemark), Distanz: 3500 Seemeilen (5556 Kilometer)
  • 6. Etappe (Start am 8. Juni): Aarhus bis Den Haag (Niederlande), Distanz: 800 Seemeilen (1481 Kilometer)
  • 7. Etappe (Start am 15. Juni): Den Haag bis Genua (Italien), Distanz: 2200 Seemeilen (4074 Kilometer)
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Herrmann macht den Favoritencheck: Dieses Team hat die besten Karten

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