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Ski-WM 2023 - Todesstoß von Marco Odermatt für die Kombination: "Gut, wenn es die letzte war"

Florian Bogner

Update 07/02/2023 um 18:45 GMT+1 Uhr

Die Kombination, eigentlich die Mutter aller alpinen Wettbewerbe, ist bei der Ski-WM 2023 in Méribel und Courchevel nur noch ein Auslaufmodell. Nach Swiss-Ski-Chef Urs Lehmann werden weitere Stimmen laut, die den Umgang der FIS mit der Kombination für kontraproduktiv halten. "Es ist gut, wenn das die letzte Kombination gewesen ist", sagt deswegen Ski-Star Marco Odermatt klar.

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Im Weltcup wird sie nicht mehr gefahren, bei Großereignissen ist sie auf einen Super-G- und einen Slalom-Lauf gestutzt worden: Die Alpine Kombination ist 2023 eigentlich nur noch eine Karikatur ihrer selbst.
Nach der WM-Wettkampf der Herren in Courchevel gab ihr nun auch ein Star der Szene, Marco Odermatt, verbal den Todesstoß. "Meine Meinung dazu ist klar: Es ist gut, wenn das die letzte Kombination gewesen ist", meinte der Schweizer zum "Blick".
"Man redet schon seit X Jahren davon und wenn es dann mal so ist, tut es glaube ich auch nicht mehr vielen weh", sagte der 25-Jährige zu einer Abschaffung des Traditionswettbewerbs.
Bei der WM in Méribel und Courchevel wurde die Kombination nun nochmals wiederbelebt, könnte man sagen. Die FIS setzte sie sogar an den Beginn der Weltmeisterschaft - so aber nutzten sie viele Speed-Spezialistinnen und -Spezialisten nur als Super-G-Training unter Wettkampfbedingungen und ließen danach den Slalom aus.

Maier: "Keine Helden mehr"

Bei den Damen kamen so letztlich nur 18 Läuferinnen in die Wertung, bei den Herren waren es auch nur 22.
DSV-Alpindirektor Wolfgang Maier sieht Handlungsbedarf. "Es ist eine traditionelle olympische Disziplin, die immer wieder in Frage gestellt wurde. Auf der einen Seite ist sie aus der Zeit gefallen", sagte er im "ZDF", weil sich die Spezialisten mittlerweile "schwer tun, Disziplinen so krass zu wechseln wie von Abfahrt und Super-G auf Slalom".
Die Disziplin habe mittlerweile "keine Helden mehr, wie es früher mit Kostelic war, der für eine gewisse Spannung gesorgt hat". Außerdem sieht Maier "keine Einigkeit unter den Verbänden. Immer, wenn man glaubte, man hat gemeinsame Lösungen, ist eine Nation ausgebrochen, die was anderes haben wollte."

Büchel sieht Kombi stark gefährdet

Man habe die Kombination zu einem Wettkampf gemacht, bei dem "die Überzeugung fehlt, dass er bei einer Weltmeisterschaft im Fokus steht". Und das, obwohl mit Alexis Pinturault der vielleicht letzte echte Allrounder im Ski-Zirkus und auch noch Lokalmatador in Courchevel am Dienstag Gold holte - an sich eine tolle Geschichte für den Sport.
Auch Ex-Fahrer Marco Büchel sieht die Zukunft der Kombination stark gefährdet. "Früher war in Kitzbühel oder am Lauberhorn der große Sieger nicht der Abfahrtssieger, sondern der Kombinationssieger", sagte er im "ZDF".
Die Disziplin habe eine lange Tradition, "aber jetzt lässt man sie am langen Arm verhungern. Das motiviert die jungen Athleten nicht, in dieser Disziplin nach vorne zu gehen. Die FIS muss sich was einfallen lassen. Will man die Kombination, muss man mehr davon machen."
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Gold-Entscheidung in Kombi: Pinturault schlägt Schwarz knapp

Kombi-Farce bei der WM: Lehmann sieht schwarz

Ähnlich hatte sich auch Swiss-Ski-Chef Urs Lehmann geäußert. "Im Grundsatz bin ich seit vielen Jahren ein Befürworter der Kombination. Aber wenn sie so terminiert wird wie bei dieser WM, droht diese Disziplin endgültig kaputtzugehen", sagte er laut "Blick".
Bei der Damen-Kombination am Montag hatten gleich acht Fahrerinnen nach dem Super-G auf den Slalom verzichtet - mit Lara Gut-Behrami (Schweiz) und Ragnhild Mowinckel (Norwegen) sogar die nach dem Super-G zeitgleich auf Rang zwei platzierten Rennläuferinnen.
Am Dienstag dann verzichteten zehn Fahrer bei den Herren auf den Slalom - unter ihnen auch Ski-Star Aleksander Aamodt Kilde. "Es ist einfach schade, wenn eine Weltmeisterschaft die einzige Zeit im Jahr ist, in der wir eine Kombination fahren", sagte er laut "VG".

Odermatt trainiert - und scheidet "elegant" aus

Seine Ansicht: "Slalomspezialisten und Speedspezialisten werden nicht in einer Disziplin antreten, in der sie sich nicht wohlfühlen. Es spricht für sich, wenn so ein Rennen nur ein mal im Jahr ist."
Odermatt war im Super-G drei Tore vor Schluss ausgeschieden - "elegant gelöst", nannte es ÖSV-Finanzreferent Patrick Ortlieb im "ORF".
"Ich konnte wichtige Erkenntnisse für Donnerstag rausholen", machte Odermatt selbst gar keinen Hehl aus seinem Trainingsgedanken. Es hätte schon "viel" passieren müssen, damit er zum Slalom angetreten wäre, bestätigte er.
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"Intelligent angelegt": Odermatt verfehlt Tor im Super-G

Brunner will Abfahrt zurück in der Kombination

Den "Trainingseffekt" hätten die Veranstalter jedoch einfach umgehen können. "Ein derartiges Szenario, welches für das Ansehen dieser Disziplin tödlich sein könnte, hätte verhindert werden können, wenn die Kombination wie bei den letzten Welt-Titelkämpfen nach der Abfahrt angesetzt worden wäre", meinte Lehmann.
Für Österreichs Abfahrtschef Sepp Brunner ist es ohnehin "komplett falsch, wenn bei einer WM eine Kombination aus Super-G und Slalom besteht".
Sollte man weiterhin auf eine Kombination setzen wollen, die im Weltcup diese Saison schon gar nicht mehr ausgetragen wird, sollte sie aus seiner Sicht "ganz klassisch aus der Abfahrt und dem Slalom zusammengesetzt werden".

Odermatt zweifelt Format an - Pinturault sieht's anders

Gedanken, die auch Odermatt teilt. "Ich finde es auch schade, dass man den Slalom mit dem Super-G macht. Es gehört ein Slalom mit einer Abfahrt [kombiniert, Anm. d. Red.] - sonst könnte man ja auch eine Abfahrt mit einem Riesenslalom machen, aber das wäre auch nicht Sinn und Zweck vom Ganzen", meinte der Schweizer.
So habe auch die Attraktivität der WM-Kombination am Dienstag unter den Top-Leistungen von Pinturault und Marco Schwarz (Österreich) gelitten.
"Wenn zwei Slalom-Spezialisten schon nach dem Speed-Event führen, das ein sehr technischer Super-G war, dann wird es für Speedfahrer schon sehr, sehr schwierig", sagte Odermatt.
Gold-Gewinner Pinturault äußerte sich dagegen als - wenn wundert's - "Unterstützer der Kombi - nicht, weil ich heute Gold gewonnen habe, sondern weil diese Disziplin mittlerweile zu unserer Ski-Tradition gehört."
Das Argument des Franzosen: "Die Fähigkeit, mehrere Disziplinen zu fahren, ist irgendwie die Seele unserer Sportart, genauso wie es der Gesamtweltcup ist. Man muss sich eben die Grundsatzfrage stellen: Wollen wir Athleten, die in einer einzigen Disziplin überragend sind. Oder wollen wir Athleten, die unterschiedliche Rennen gewinnen können."
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Kombi-Highlights: Brignone furios - Shiffrin wirft Gold weg

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