Krzysztof Biegun berichtet von hartem Skispringer-Leben: Pole war Opfer von Halluzinationen

VonFlorian Bogner

Update 31/10/2022 um 09:40 GMT+1 Uhr

Krzysztof Biegun ist wahrscheinlich nur noch den wenigsten Skisprung-Fans ein Begriff, dabei galt der Pole einst als verheißungsvolles Talent und gewann 2013 sogar in Klingenthal sensationell ein Weltcupspringen. In weniger erfolgreichen Jahren hielt sich der 28-Jährige zeitweise mit einem Job als Busfahrer neben dem Skispringen finanziell über Wasser - und hätte es damit beinahe übertrieben.

Krzysztof Biegun arbeitet heute als Skisprung-Trainer für das polnische Nationalteam

Fotocredit: Imago

Die polnischen Autoren Natalia Zaczek und Jakub Radomski haben eine Interviewserie unter dem Titel "Za punkt K" in Buchform veröffentlicht. Biegun, heute Skisprungcoach, ist einer der 17 interviewten polnischen Persönlichkeiten und spricht dabei über seine Zeit als Skispringer (bis 2018), was jedoch nicht sein einziger Job war.

Biegun war in den weniger erfolgreichen Jahren nach seinem Coup von Klingenthal nämlich parallel noch anderweitig beschäftigt, wahlweise als Arbeiter in einer Sägemühle, als Pizza-Lieferant und auch als Busfahrer quer durch Europa.

"Oft brach ich am Freitagnachmittag nach fünf Tagen Springen und Sägen zu einer Tour auf und kehrte erst spät am Sonntagabend zurück. In der Zwischenzeit schlief ich 40 oder 60 Minuten auf einem Parkplatz", erzählte der 28-Jährige laut "Przeglad Sportowy" im Interview von der anstrengenden Dreifachbelastung - mit beinahe schwerwiegenden Folgen.

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"Einmal habe ich eine Vollbremsung gemacht, weil ich überzeugt war, einen Elch auf der Straße zu sehen. Natürlich war er nicht da", berichtete der Juniorenweltmeister mit der Mannschaft von 2014 über Halluzinationen aufgrund des Schlafmangels.

Biegun Opfer von Sekundenschlaf am Steuer

Ein anderes Mal dachte Biegun, eine Polizeikelle gesehen zu haben und rausgewunken worden zu sein - es war jedoch nur eine Plastiktüte. Bei einer weiteren Fahrt wurde er sogar Opfer des gefürchteten Sekundenschlafs. Erst das laute Geräusch des überfahrenen Seitenstreifens verhinderte Schlimmeres.

"Als ich das charakteristische 'trrrrr!' hörte, ging mir das durch Mark und Bein. Ich war fürchterlich erschrocken, ich dachte, ich hätte einen Herzinfarkt. Obwohl ich offensichtlich müde war, konnte ich später kaum schlafen", sagte Biegun.

Krzysztof Biegun nach seinem überraschenden Sieg in Klingenthal im November 2013

Fotocredit: Getty Images

Bei einer weiteren Gelegenheit wollte er einen Mitfahrer schon fragen, ob dieser auch am Horizont einen großen Schwarm Vögel erkennen würde. "Es sah aus wie bei einem alten Fernseher, wenn kein Programm mehr lief, diese weißen und schwarzen Punkte."

Biegun hielt die Frage jedoch zurück und blickte zum Seitenfenster hinaus: "Da sah ich dasselbe. Das war doch unmöglich! Also blieb ich still und sagte nichts. Er hätte mich wahrscheinlich für bekloppt gehalten."

Biegun jetzt Skisprung-Trainer

Über die Jahre habe er "verschiedene Halluzinationen hinter dem Steuer" gehabt. Nach dem Vorfall mit dem eingebildeten Elch habe er jedoch für sich selbst die Notbremse gezogen. "Ich habe mir gesagt: Ich fahre nicht weiter, keine Chance. Ich muss mich ausruhen. Die Geschichte mit dem Elch hat mir klar gemacht, dass ich etwas ändern muss."

2018 beendete Biegun im Alter von nur 24 Jahren ausgelaugt seine Skisprung-Karriere. Seit der Saison 2020/21 ist er als Trainer für den polnischen Nachwuchs unterwegs - was ihm ziemlich gut gefällt.

"An Adrenalin und Emotionen mangelt es mir sicher nicht, denn als Trainer erlebe ich sie auch. Mein Karriere-Ende hat mein Leben ruhiger gemacht. Als es mit dem Springen vorbei war, konnte ich wieder normal schlafen. Zuvor habe ich teilweise Nächte lang wach gelegen, war oft voller Sorgen, gestresst und auch sehr leicht reizbar."

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