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Rolf Kalb beendet seine Laufbahn als deutsche Stimme des Snooker - Rückblick auf eine einzigartige Karriere

Fabian Kunze

Update 03/04/2024 um 10:19 GMT+2 Uhr

Rolf Kalb ist der Kult-Kommentator des Snooker-Sports. Mehr als drei Jahrzehnte lang begleitete der 64-Jährige mit seiner unverwechselbaren Stimme die großen Turniere im TV bei Eurosport. Nach der Weltmeisterschaft 2024 in Sheffield, die am 6. Mai mit dem Finale ihren Höhepunkt findet, endet eine Ära. Rolf Kalb legt das Mikrofon beiseite. Zeit für einen Rückblick auf sein Wirken bei Eurosport.

Souverän nach Hause gespielt: O'Sullivan rettet Rolf Kalb Socken und Schuhe

Rolf Kalb kam 1989 zu Eurosport. Der damalige Kommentatoren-Chef für Deutschland, Werner-Johannes Müller, holte Kalb für Testaufnahmen ins Eurosport-Studio nach Hilversum und coachte ihn.
Anders als man vielleicht denken würde, war Kalb nicht als Kommentator für Snooker engagiert worden, sondern als sportlicher Allrounder, der beim jungen und wilden Sender Eurosport zu Beginn einen ganzen Bauchladen von Sportarten präsentieren sollte - von Basketball bis Kampfsport war alles dabei.
Los ging es aber am 11. November 1989 mit einem Rugby-Match zwischen Frankreich und Australien. Kalbs Einwand, er würde die Feinheiten der Sportart nicht kennen, wischte Müller vom Tisch, indem er ihm einen jungen deutschen Nationalspieler als Experten an die Seite setzte: Ingolf Cartsburg, heute Kommentatoren-Chef für die deutsche Sprachversion von Eurosport.
Kalb erinnert sich so gut an das Datum, denn seine Vorbereitung auf diesen ersten Einsatz zwei Tage zuvor wurde jäh unterbrochen, als er erfuhr, dass an diesem Abend die innerdeutschen Grenzübergänge geöffnet worden waren.

Rolf Kalb startet in Birmingham mit Ronnie O'Sullivan durch

Der Schritt, Kalb später als Kommentator beim Snooker einzusetzen, war logisch, denn schon zuvor hatte Kalb als Pressesprecher für den damaligen Deutschen Billard-Bund (heute Deutsche Billard-Union) gearbeitet und war zu dieser Zeit vermutlich der einzige deutsche Journalist, der Snooker, ohne zu stolpern aussprechen konnte.
Zunächst waren die Snooker-Übertragungen aufgezeichnet, später wurde dann auch Snooker live gesendet. Das erste große Highlight seiner Laufbahn erlebte Kalb im Jahr 1991, als er beim einmalig ausgetragenen World Masters in Birmingham von vor Ort kommentieren durfte. Dort traf er drei vielversprechende Junioren, mit denen er weite Strecke seiner Karriere gemeinsam bestreiten sollte - die Youngster hießen Mark Williams, Ronnie O'Sullivan und John Higgins.

Als Rolf Kalb die Eltern von John Higgins anrief ...

Mit Higgins verbindet ihn eine besondere Geschichte: Im Midsession Interval des Finals der German Open - dem ersten Weltranglistenturnier auf deutschen Boden im Jahr 1995 - zwischen Higgins und Ken Doherty besuchte ihn Higgins in der Kommentatorenkabine.
Der Schotte kommentierte dann sein eigenes Break aus dem Halbfinale, das bislang höchste des Turniers, das als Füller-Programm eingespielt wurde. Schon vor dem Match hatten beide zusammen in der Kabine auf den Beginn gewartet und Kalb hatte den schüchternen Higgins dazu gedrängt, seine Eltern anzurufen und ihnen zu sagen, dass sie das Finale live bei Eurosport sehen könnten.
Higgins hatte sich lange dagegen gesträubt - er wollte kein teures Ferngespräch führen. Am Ende wählte Kalb selbst die Nummer und drückte Higgins den Hörer in die Hand.

"He knows the game"

Seine Aufnahme in den inneren Kreis der Snooker-Community geht auf den Satz "he knows the game" von Schiedsrichter-Legende Jan Verhaas zurück, der von einer Meeting-Direktorin darauf angesetzt war, herauszufinden, wie es um das Verständnis von Kalb für den Sport bestellt war.
Zurecht ein bisschen stolz ist er, dass er nicht nur die Akzeptanz beim Publikum genießt, sondern auch bei den Spielern. Selbst Spieler, die er noch nie getroffen hatte, begrüßen ihn jovial mit "hi Rolf".

Die WM wird zur Frühjahrsdiät für Rolf Kalb

Seine erste WM kommentierte Kalb im Jahr 2000. Nach einer Pause, in der Eurosport keine Rechte an der WM hatte, ging es für Kalb 2003 weiter - von da an begleitete er alle Weltmeisterschaften für Eurosport am Mikrofon. In den Anfangsjahren war er dabei der einzige Kommentator und musste die drei täglichen Sessions im Alleingang bewältigen. Als er dabei einmal seine On-Air-Stunden notierte, feierte er noch vor dem Finale seine 147. Stunde Live-Kommentar allein bei dieser WM.
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Rolf Kalb im Gespräch mit Snooker-Star Shaun Murphy

Fotocredit: Imago

Kalb bezeichnet die WM auch gerne als seine Frühjahrsdiät, denn während der langen, kräftezehrenden Stunden am Mikrofon bleibt kaum Zeit, um anständig zu essen.
In den fast 35 Jahren bei Eurosport hat Kalb nicht eine einzige Sendung verpasst. Zunächst kommentierte Kalb aus Hilversum, später aus Paris. Seit 2006 besitzt er ein Home-Studio und bestreitet die Übertragungen von dort. Gleich zu Beginn der Karriere lief auch einmal richtig was schief: Beim bereits erwähnten World Masters in Birmingham echauffierte sich Kalb lautstark über Tonprobleme und hörte selbst dann nicht auf, als der Tontechniker ihm mehrfach erklärte: "Rolf, du bist on-air - man kann dich hören."

Ein Freiabo nach der Hilfe für den britischen Kollegen

Eine weitere Anekdote: Die britische Kommentatoren-Legende Clive Everton kam einmal nach Paris, um für Eurosport "Billiards" zu kommentieren. Er dachte natürlich, es ginge um English Billiards. Aber es handelte sich um 5-Kegelbillard. Clive geriet verständlicherweise in Panik, aber Kalb besorgte das Band und ging mit ihm das ganze Programm durch. Diese Hilfsaktion verschaffte ihm ein Freiabo für Clives Zeitschrift Snooker-Scene.
Über die Jahre haben sich viele Erinnerungen angesammelt. Emotionale, wie der Tod von Paul Hunter, den Kalb als einen Menschen beschreibt, der einen Raum mit seinem Eintreten und seinem einnehmenden Wesen heller und wärmer machte. Als Kalb kurz nach Hunters Tod eine Sonderausgabe der Sendung "Hall of Frame" kommentierte, brach ihm die Stimme und er beendete den Kommentar mit Tränen in den Augen.
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Eurosport Snooker-Kommentator Rolf Kalb

Fotocredit: Eurosport

Aber auch sportliche Erinnerungen wie der Überraschungstitel von Shaun Murphy bei der WM 2005 blieben haften. Und witzige wie die, als er beim German Masters in Berlin beim mit Kopfhörern ausgestatteten Publikum, das seinen Kommentar mithören konnte, mit einem Kalauer einen Lacher verursachte, der den am Tisch stehenden Spieler aus dem Konzept brachte.

Rolf Kalb reagiert mit Mark Twain auf einen bösen Wikipedia-Fehler

Zu einem Schreckmoment kam es am 3. März 2009, als bei Wikipedia der Tod Kalbs vermeldet wurde. Kalb reagierte darauf mit einem Mark-Twain-Zitat ("Die Nachricht von meinem Tod ist stark übertrieben") und beruhigte damit die Snooker-Community.
Kalb kommentiert nicht nur die Snooker-Übertragungen bei Eurosport, er ist bei Turnieren und Exhibitions auch als Master of Ceremony im Einsatz. Daraus entstand ein enges Verhältnis zu Snooker-Legende Steve Davis, den Kalb ein wenig ehrfürchtig "den Franz Beckenbauer des Snooker" nannte.
Eine Biografie Davis' mit einer sehr persönlichen Widmung, die ihm der sechsmalige Weltmeister nach seinem Karriereende schenkte, hütet Kalb als einen seiner größten Schätze aus der Snooker-Zeit ganz besonders.

Eurosport sagt "danke Rolf" für eine großartige Zeit, tausende Stunden auf Sendung und mehr als 2.000 Artikel auf Eurosport.de.
Unter dem Hashtag #DankeRolf haben die Fans die Möglichkeit, in den sozialen Medien ihre persönlichen Grußworte an Rolf Kalb zu richten und die schönsten Erinnerungen aus den vergangenen 35 Jahren mit der treuen Community zu teilen.
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Souverän nach Hause gespielt: O'Sullivan rettet Rolf Kalb Socken und Schuhe

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