Der schwierige Fall Zhao Xintong: Weltmeister nach Match-Fixing-Sperre - Chinese sorgt für Zwiespalt in der Snooker-Welt

Vom gesperrten Außenseiter zum Weltmeister: Zhao Xintong hat nach einer Match-Fixing-Sperre vor dem größten Triumph seiner Karriere gefeiert. Nach seinem furiosen Halbfinaltriumph gegen Rekordweltmeister Ronnie O'Sullivan besiegte der 28-Jährige im WM-Finale auch Mark Williams und schwang sich zum ersten Chinesen auf, der den Titel im Crucible holt. Wer ist Zhao Xintong?

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Quelle: Eurosport

Zhao Xintong begann die Saison gesperrt, nun steht der 28-Jährige, der nur zehn Gehminuten vom Crucible Theatre in Sheffield entfernt lebt, als Weltmeister im Scheinwerferlicht.
Mit seinem 18:12-Finalsieg gegen den Waliser Mark Williams ist Zhao nicht nur der erste Amateur in der Crucible-Ära, der sich zum Weltmeister kürt, sondern auch der jüngste Titelträger seit Shaun Murphy im Jahr 2005.
Gemeinsam mit Terry Griffiths und Murphy ist er zudem erst der dritte Qualifikant, der seit dem WM-Umzug 1977 nach Sheffield den Titel holt.
Aber wer ist dieser Zhao Xintong eigentlich?
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Zhao und die Schatten der Vergangenheit

Zhao stammt aus Xi’an im Zentrum Chinas und lebt seit 2016 in Großbritannien. Das WM-Finale war sein insgesamt drittes Endspiel bei einem Weltranglistenturnier. "Die WM zu gewinnen ist der große Traum des chinesischen Snooker", hatte Zhao vor dem Endspiel gegen den dreifachen Weltmeister Mark Williams gesagt.
Dass er Snooker überhaupt wieder genießen kann, ist keine Selbstverständlichkeit. Zhao blickt auf eine schwierige Vergangenheit zurück: 2021 gewann er die UK Championship, 2022 das German Masters – dann kam die Sperre. Zhao gab zu, im Zuge des sogenannten Match-Fixing-Skandals bei zwei manipulierten Matches eines Kollegen involviert gewesen zu sein und auch selbst auf Spiele gewettet zu haben. Dafür wurde er für 20 Monate vom Profizirkus ausgeschlossen.
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Sein Comeback begann im September 2024 auf der (Amateur-)Q-Tour. Dort feierte er Siege in Manchester, Schweden, Österreich und Belgien – und qualifizierte sich für die UK Championship, wo er allerdings in Runde eins gegen Murphy ausschied.
Für die WM musste sich Zhao durch vier Qualifikationsrunden kämpfen. Anschließend besiegte er Jak Jones, Lei Peifan und Chris Wakelin, um ins Halbfinale einzuziehen. Dort sorgte er für Aufsehen: Mit einem überragenden 17:7 warf er Ronnie O’Sullivan aus dem Turnier – und das sogar vorzeitig.
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Zhao: Titel mit fadem Beigeschmack?

Trotz des Titelkampfs ist Zhao offiziell noch Amateur. Sein Profistatus ging mit der Sperre verloren, doch inzwischen hat er sich die Tourkarte für die kommende Saison gesichert. Seine Bilanz seit dem Comeback: beeindruckende 47 Siege aus 49 Matches.
Doch der Manipulationsskandal hat in China tiefe Spuren hinterlassen – das Vertrauen in den Snookersport wurde massiv erschüttert. Dass Zhao nun fast unmittelbar nach Ablauf seiner Sperre im WM-Finale steht, ist für viele ein schneller Weg zur Rehabilitation – aber längst nicht für alle. In China ist er sogar noch bis Juli diesen Jahres gesperrt.
Jason Ferguson, Vorsitzender des Weltverbands WPBSA, nannte den Skandal eine "herzzerreißende Episode", die auch den früheren Masters-Champion Yan Bingtao betraf. Für einige Beobachter könnte ein WM-Triumph Zhaos einen faden Beigeschmack haben – vor allem angesichts der Schwere der Vorwürfe und der zeitlichen Nähe zur Sperre.
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Experten blicken skeptisch auf Zhao

Snooker-Journalist Nick Metcalfe zeigt sich kritisch: "Zhao hat seine Strafe verbüßt und darf natürlich wieder antreten. Aber die blumige Sprache, mit der sein Comeback begleitet wurde, irritiert mich angesichts der Umstände." Der Hype verdränge teils die nötige kritische Auseinandersetzung.
Barry Hearn, Präsident des britischen Sportvermarktungsunternehmen "Matchroom", sieht die Sache hingegen entspannter: "Wenn man im Leben einen Fehler macht, sollte man nicht zurückblicken, sondern nach vorn. Und wenn man seinen Preis bezahlt hat, sollte das Kapitel abgeschlossen sein. Sonst hat man für immer kein Leben."
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In China ist Snooker längst ein Massenphänomen. Seit Ding Junhuis legendärem Sieg über Stephen Hendry bei den China Open 2005 explodierte das Interesse: 110 Millionen Menschen verfolgten damals das Finale live im TV. Seitdem ruhte die Hoffnung auf einen Weltmeister fast ausschließlich auf Ding, der 2016 im WM-Finale ganz nah dran war, aber an 14:18 Mark Selby scheiterte.
Rekordweltmeister Ronnie O'Sullivan erfuhr die Klasse Zhaos im Halbfinale am eigenen Leib: "Er ist jetzt schon ein Star in China. Wenn er Weltmeister wird, wäre das riesig – für ihn und für den gesamten Sport."

China lechzt nach seinem ersten Weltmeister

Die Finalpartie wurde in China landesweit auf CCTV5 übertragen, World Snooker rechnete vorher mit einer Reichweite von bis zu 150 Millionen Zuschauern. Schon jetzt machen chinesische Fans über 50 Prozent des globalen Snooker-TV-Publikums aus.
"Wenn ein Chinese den Titel gewinnt, wird er zum Nationalhelden – keine Frage", sagt WPBSA-Chef Ferguson im Vorfeld des Finals: "Das wäre ein magischer, historischer Moment – nicht nur für China, sondern für die Zukunft des gesamten Sports."
Vielleicht beginnt jetzt eine neue Ära – mit einem chinesischen Weltmeister, der gekommen ist, um zu bleiben.
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Der entscheidende Fehler: Williams patzt und öffnet Zhao die Tür

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