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Jennifer Brady exklusiv in Player's Voice: So besiegte ich meine Selbstzweifel auf dem Weg zum Comeback

Christoph Niederkofler

Update 25/08/2023 um 11:44 GMT+2 Uhr

Nach zwei verletzungsverseuchten Jahren kehrt Jennifer Brady auf die große Bühne zurück. Pünktlich zu den US Open meldet sich die Finalistin der Australian Open von 2021 wieder fit. Wie Brady in der Eurosport-Serie Players' Voice offenbart, war sie in den vergangenen Monaten von Ängsten und Selbstzweifeln geplagt. Nun ist sie dieser Negativspirale entkommen - auch dank besonderer Unterstützung.

Jennifer Brady - Players' Voice

Fotocredit: Eurosport

Jennifer Brady hat den wohl härtesten Kampf ihrer Karriere hinter sich. Knapp zwei Jahre konnte sie ihrer großen Leidenschaft nicht nachgehen, Verletzungen am Fuß und Knie hielten die US-Amerikanerin vom Court fern. Nach dem Halbfinale bei den US Open 2020 und ihrem Finaleinzug bei den Australien Open 2021 erlitt Brady einen Tiefschlag.
In der neuesten Ausgabe der Eurosport-Serie Players' Voice nimmt uns die 28-Jährige mit auf eine Reise durch ihre Gefühlswelt und erzählt vom steten Auf und Ab während ihrer zähen Rückkehr auf die große Bühne.
Inmitten von Selbstzweifeln und der Suche nach ihrer Identität entpuppte sich Bradys australische Leidensgenossin Daria Saville, die selbst oft von Verletzungen zurückgeworfen wurde, als emotionale Stütze für sie.
Nicht zuletzt blickt Brady auch zu Wimbledon-Siegerin Marketa Vondrousova und French-Open-Finalistin Karolina Muchova auf. "Sie kamen beide von schweren Verletzungen zurück und haben bei den Grand Slams überragt", so Brady. "Das stärkt mich - und es ist unglaublich, ihre grandiosen Ergebnisse zu sehen."
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Von Jennifer Brady

Hallo liebe Tennisfreunde,
Ich bin wieder zurück bei den US Open - und bereit, das Turnier nach drei langen und harten Jahren voller Verletzungen in Angriff zu nehmen.
Die vergangenen Tage habe ich im Arthur Ashe Stadium trainiert. Drei Jahre ist es her, dass ich zum letzten Mal hier war. Und ich war so gespannt, auf diesem Court wieder aufzuschlagen - es war unfassbar, das wieder erleben zu dürfen.
Natürlich war es emotional ... aber es waren schöne Gefühle, weil mein letztes Match hier das US-Open-Halbfinale gegen Naomi Osaka war. Wahrscheinlich das beste Spiel meiner Karriere, auch wenn ich verloren habe. Fünf Minuten im Ashe Stadium und ich hatte ein fettes Grinsen auf dem Gesicht, war einfach nur glücklich, wieder hier zu sein.
Naomi und ich waren vom ersten Punkt weg bis zum Ende auf allerhöchstem Niveau. Wir waren beide im Tunnel, haben alles gegeben - es war einfach Tennis vom Feinsten. Wenn ich so daran denke, war dieses Match vielleicht sogar das beste Spiel von uns beiden jemals.

Brady nimmt mentale Herausforderung an

Verletzungen an Fuß und Knie haben mich zwei Jahre lang aufgehalten. Jetzt bin ich wieder da ... und kann nicht anders als zu denken: "Es geht nicht. Meine Vorhand ist nicht so stark wie damals, mein Aufschlag ist anders, ich bewege mich komplett anders."
Es ist eine mentale Herausforderung, sich immer wieder mit sich selbst zu vergleichen - wo ich jetzt bin und wo ich vor drei Jahren war.
Aber egal ob gesund oder nicht: Es ist nicht gerecht, mich meinem alten Ich gegenüberzustellen. Man wird älter, langsamer, schwächer ... der Körper verändert sich und alles ist anders. Von nun an geht es nur darum, nach vorne zu blicken und mich von Tag zu Tag zu verbessern.
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Jennifer Brady kehrt auf die große Bühne zurück

Fotocredit: Getty Images

Leben ohne Tennis? Angst vor dem Unbekannten

Die letzten zwei Jahre waren einfach nur scheiße. Während ich weg war, habe ich erst gemerkt, dass Tennis mein Leben ist. Woche für Woche nehmen wir unser Leben als selbstverständlich, aber es kann uns jeden Moment weggenommen werden. Man weiß nie, wann das letzte Turnier oder Spiel sein könnte.
In der Zeit, in der ich verletzt war, habe ich mir oft überlegt, wie mein Leben ohne Tennis aussehen würde.
Wie oft bin ich um 3 Uhr morgens aufgewacht, weil das Unbekannte so beängstigend ist? Ich wusste nicht, wann ich wieder spielen konnte, wann ich mich wieder fit fühlen würde. Es gab viele Momente, in denen ich mir darüber den Kopf zerbrach.
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Auf und Ab: Brady kennt nur ein Ziel

Mein Leben war eine ständige Schleife, in der ich versuchte, so weit zu kommen, um eine Woche mit höherer Intensität zu trainieren. Aber es war ein ständiges Auf und Ab: Zwei Tage spielen, einen Tag frei. Zwei Wochen spielen, zwei Wochen frei.
Es gab Momente, in denen ich überlegte: "Soll ich zurück an die Universität? Soll ich wieder studieren?" Dann wiederum dachte ich: "Was ist, wenn ich bei den French Open spiele? Ich kann ja nicht gleichzeitig Kurse belegen und ein Grand-Slam-Turnier spielen."
Zwischen all dem Unbekannten und der Ungewissheit war es einfach ein wirklich beschissener Prozess.
Ich hatte einfach das Gefühl, dass mein Leben keinen Sinn hatte, weil ich nur ein Wartespiel spielte. Aber ich wollte keine Reue empfinden. Wenn ich gesagt hätte: "Das funktioniert nicht, vielleicht gehe ich einfach wieder an die Uni", hätte ich mich im selben Moment auch gefragt: "Was wäre wenn?"
So kann man sein Leben einfach nicht leben. Man muss sich festlegen und dem Prozess vertrauen. Es war eine wirklich harte Zeit. Ich wusste nicht, was die Zukunft bringen würde, und ehrlich gesagt fand ich keinen Sinn in meinem Leben. Also habe ich einfach versucht, die Zeit totzuschlagen, damit die Tage vergehen. Jetzt, wo ich darüber spreche, ist es irgendwie traurig.
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Jennifer Brady blickt auf eine schwierige Zeit zurück

Fotocredit: Getty Images

Saville gab Brady Kraft in dunkler Zeit

Als ich im März 2022 am Knie operiert wurde, wollte ich sechs Wochen später wieder auf dem Platz stehen. Natürlich ist das nicht passiert, es war viel komplizierter - es waren nun mal eben zwei Verletzungen.
Außerdem dauerte es länger, weil ich an einem Punkt angelangt war, an dem ich meine gesamte Muskelmasse verloren hatte. Wahrscheinlich habe ich zehn Pfund verloren und als ich auf dem Platz stand, war ich nach zehn Minuten bereits am Ende.
Einer der Menschen, an den ich mich in dieser Zeit gewandt habe, war Daria Saville. Immer wieder haben wir in den letzten anderthalb Jahren miteinander gesprochen. Kreuzband, Achillessehne - auch sie hatte brutale Verletzungen. Also habe ich sie gefragt: "Was zur Hölle? Wie soll ich wissen, wann ich wieder spielen kann?"
Sie gab mir einen Rat: "Du wirst merken, wenn du bereit bist. Du brauchst keinen Physiotherapeuten oder Trainer oder irgendeinen Test, um zu wissen, dass du bereit bist. Du wirst es tief in deinem Inneren wissen."
Vielleicht zwei Wochen vor meinem Comeback in Granby hatte ich eine gute Phase und dachte mir eines Tages: "Heilige Scheiße ... Ich bin bereit! Wow, davon hat Daria gesprochen."
Es war dieses Bauchgefühl: "Ich bin bereit. Ich kann wieder ein Spiel spielen und am nächsten Tag ohne Schmerzen aufstehen. Meinem Körper endlich wieder vertrauen."
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Brady: "Schmerzen gibt es immer"

Was meine Verletzungen anbelangt, denke ich, dass es immer irgendwelche Schmerzen geben wird. Auf diesem Niveau gibt es keinen Tag ohne Schmerzen. Im Moment geht es nur darum, mit diesen Problemen umzugehen. Wenn ich morgens denke, dass es nicht geht - dann lege ich einen leichten Tag oder vielleicht sogar eine Pause ein.
Manchmal flippen wir aus, wenn wir nicht jeden Tag trainieren. Aber ich bin mir sicher, dass wir nicht vergessen, wie man einen Tennisball schlägt. Ich habe zwei Jahre lang nicht gespielt und fühle mich dafür trotzdem ziemlich gut. Und was die Schmerzen angeht, kann ich auf den Court gehen, ohne mir darüber Sorgen zu machen, wie ich mich am nächsten Tag fühlen werde.
Tennis ist einzigartig, weil sich die Dinge so schnell ändern. Man weiß nie, wann man sein letztes Spiel hat. Ab sofort werde ich es immer genießen, wenn ich auf den Court trete.

Vondrousova und Muchova als absolute Vorbilder

Es ist sehr ermutigend zu sehen, wie Spielerinnen wie Marketa Vondrousova und Karolina Muchova nach schweren Verletzungen zurückkommen und bei den Grand Slams so überragen. Vor allem, weil es Spielerinnen sind, gegen die ich in der Vergangenheit gespielt habe.
Das stärkt mich - und es ist unglaublich, ihre grandiosen Ergebnisse zu sehen.
Das spornt mich noch mehr an, und ich hoffe, dass ich nächstes Jahr um diese Zeit auch derartige Ergebnisse erziele.
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