Roger Federer bedauert Entwicklung im modernen Tennissport: Kaum mehr einhändige Rückhand "ein echter Dolchstoß"

Seit fast zwei Jahren ist Roger Federer im Tennis-Ruhestand. Nun hat der Schweizer in einem umfassenden Interview mit der "GQ" über sein neues Leben nach dem Leistungssport gesprochen. Dabei spricht Federer über seinen emotionalen Rücktritt in London, Duelle gegen seine alten Rivalen und darüber, dass ihn eine Veränderung im modernen Tennissport persönlich hart trifft.

Roger Federer

Fotocredit: Getty Images

NBA-Spiel da, Oscar-Verleihung dort. Roger Federer genießt seinen Tennis-Ruhestand in vollen Zügen.
Dabei war der Abschied von der großen Sportbühne nicht so einfach für den Schweizer. "Es war hochemotional. Etwas, das dich immer begleitet hat, ist weg und wird für immer weg sein, und du kannst es nicht wiederhaben, so sehr du es auch zurückhaben willst. Der Zug ist abgefahren. Natürlich kann man nicht einfach von einem Tag auf den anderen sagen: 'Okay, kein Problem, das ist einfach,'", blickte Federer im Interview mit der "GQ" auf seinen Abschied in London zurück.
An der Seite seines langjährigen Rivalen und Freundes Rafael Nadal absolvierte Federer ein letztes Doppel beim Laver Cup und sorgte für herzzerreißende Bilder in der O2-Arena.
Zwei Jahre später kann sich Federer mit seiner neuen Situation jedoch sehr gut anfreunden: "Ich bin wirklich erleichtert. Die letzten Jahre waren hart mit meinem Knie. Man konnte spüren, dass das Ende näher rückt. Wenn dann alles vorbei ist und man offiziell im Ruhestand ist, atmet man tief durch."
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Federer und Nadal in Tränen - die emotionalste Tennis-Szene des Jahres

Quelle: Eurosport

Federer genießt den Ruhestand

Und Langeweile kommt beim 20-fachen Grand-Slam-Champion nur selten auf. "Ich habe eigentlich nie genug Zeit am Tag. Ich liebe es, von Menschen und Freunden umgeben zu sein. Seit ich im Ruhestand bin, hatte ich vielleicht zwei Nachmittage, an denen ich allein zu Hause war", verriet der 42-Jährige.
Dabei vermisst der Schweizer das professionelle Tennisspielen im Ruhestand überhaupt nicht. "Ich denke, das liegt auch daran, dass ich weiß, dass mein Knie, mein Körper und mein Geist es mir nicht erlauben, da draußen zu sein", erklärte Federer, der zum Ende seiner Karriere immer häufiger mit Verletzungen zu tun hatte.
Trotzdem sitze er immer noch bei einigen Matches mit dem Gefühl: "Oh, könnte ich diesen Schlag treffen? Ja, okay: Vielleicht könnte ich das jetzt. Aber ich habe das Gefühl, dass ich alles aus meinem Körper rausgeholt habe", zeigte sich Federer zufrieden mit dem Zeitpunkt seines Karriereendes.
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Ekstase in London: Federer und Nadal betreten den Court

Quelle: Eurosport

Federer: "Ich liebe es, Tennis zu spielen"

Ganz missen will der 42-Jährige den Tennisplatz dann aber nicht, auch wenn mit ganz anderen Zielen. "Ich liebe es, Tennis zu spielen, wenn ich mit meinen Kindern spiele. Ich habe gerade mit meiner Frau zum ersten Mal in meinem Leben einen Platz reserviert", erzählte er mit einem Lächeln im Gesicht.
Zudem verfolgt Federer weiterhin die Tennistour am Bildschirm. "Ich schaue mir Highlights an. Ich dachte, ich würde mich komplett abmelden und mich nicht so sehr dafür interessieren, aber ich kenne wohl immer noch zu viele Spieler und will sehen, wie sie sich schlagen", zeigte sich der ehemalige Tennisstar von sich selbst überrascht.

Federer bedauert Entwicklung auf der Tour: "Dolchstoß mitten ins Herz"

Dabei gefällt dem Olympiasieger von 2012 eine spezielle Veränderung in seiner geliebten Sportart gar nicht. Sein Markenzeichen: Die einhändige Rückhand verschwindet immer mehr aus dem modernen Tennissport. Jüngst fand sich erstmals kein Spieler mit der einhändigen Rückhand in den Top Ten der Weltrangliste wieder. Für Federer wie ein "Dolchstoß mitten ins Herz".
"Das ist etwas Persönliches. Das gefällt mir nicht. Aber gleichzeitig macht es die Einhänder - Sampras, Rod Laver, mich - zu etwas Besonderem, dass wir die Fackel oder die Fahne oder was auch immer so lange hochgehalten haben, wie wir es getan haben", blickte Federer stolz auf seine aktive Zeit zurück.
Federer warnt jedoch auch, dass sich der Tennissport nicht zu eindimensional entwickeln sollte: "Wir werden sehen, wohin sich das Spiel entwickeln wird. Aber das Problem ist natürlich, wenn viele ähnliche Spielerinnen gegeneinander spielen, viele Punkte auf ähnliche Art und Weise gemacht werden. Es ist wie ein Armdrücken. Aber ich sage gerne: 'Lassen wir das Armdrücken sein. Lasst uns ein anderes Spiel spielen.'"
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Legenden unter sich: Federer schwärmt von Zeit mit Laver

Quelle: Eurosport

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