Biathlon-WM 2025: EM-Star Johanna Puff - nicht Julia Tannheimer oder Selina Grotian, aber ein Hauch von Justus Strelow

Über die EM ins Rampenlicht und ab zur WM: Johanna Puff macht gehörig von sich reden. Mit Doppel-Gold und zwei Top-Ten-Plätzen sorgte die 22-Jährige bei den Europameisterschaften für Furore. Zur Belohnung strich sie das fünfte WM-Ticket der DSV-Biathletinnen ein. Was Puff auszeichnet, was wir von ihr bei den Weltmeisterschaften erwarten können - und warum Martell und Lenzerheide gute Omen sind.

"Ganz starkes Stück!" Puff stürmt zu EM-Gold

Quelle: Eurosport

Martell, Martell, und wieder Martell: Was für Boris Becker der grüne Rasen in Wimbledon ist, scheinen für Johanna Puff die weißen Loipen in Südtirol zu sein.
Hier entschied sie als Biathlon-Neuling im Dezember 2017 ihre ersten beiden Rennen für sich. Hier präsentierte sie sich zwei Jahre später beim Deutschlandpokal so stark, dass sie für die Olympischen Jugend-Winterspiele nominiert wurde. Hier gewann sie im Dezember 2021 einen Supersprint im IBU-Junior-Cup. Und hier sorgte sie in der vergangenen Woche erneut für Furore.
Bei den Europameisterschaften in Martell stürmte Puff mit fehlerfreiem Schießen sensationell zu Einzel-Gold - ihre erste internationale Medaille bei den Seniorinnen. Wenig später legte sie als Schlussläuferin der deutschen Frauen-Staffel ihr zweites Gold direkt nach.
Die Belohnung? Am Montag nominierte der Deutsche Skiverband (DSV) die Rosenheimerin für die Weltmeisterschaften in Lenzerheide (vom 12. bis 23. Februar live bei Eurosport und discovery+). Weil die ursprünglich eingeplante Vanessa Voigt krankheitsbedingt absagen musste, ging das fünfte deutsche WM-Ticket an die frischgekürte Doppel-Europameisterin.
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Johanna Puff holte EM-Gold.

Fotocredit: Imago

Rösch: Puff "für Insider schon ein Begriff"

Mit ihren Gala-Vorstellungen in Martell überzeugte Puff das Trainerteam - und sorgte bei den deutschen Biathlon-Fans für nicht erwarteten Jubel. Ihre EM-Goldmedaillen im Einzel und mit der Staffel seien "schon eine Überraschung" gewesen, sagte Eurosport-Experte Michael Rösch im exklusiven Interview: "Das war so nicht zu erwarten."
Gemeinsam mit Sigi Heinrich hatte der 41-Jährige die Rennen kommentiert. Als dann Puff loslegte, habe er gedacht: "Hä, was ist denn hier los?" Ähnlich erging es sicherlich den meisten Zuschauenden.
"Johanna ist für die Insider schon ein Begriff", erklärte Rösch nun und fügte lachend hinzu: "Spätestens seit letztem Jahr, da war sie mehr oder weniger als Maskottchen bei der WM dabei in Nove Mesto."
Bei den Weltmeisterschaften in Tschechien hatte es Puff bereits als Ersatzläuferin in den DSV-Kader geschafft. Eingesetzt wurde sie dort nicht - das aber könnte sich jetzt ändern. Denn nach Lenzerheide reist Puff, seit 2024 fertig ausgebildete Bundespolizistin, sehr selbstbewusst an.
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Goldener Moment: Puff bringt Staffelsieg bei EM ins Ziel

Quelle: Eurosport

Stark am Schießstand - ausbaufähig in der Loipe

Was aber macht Puff aktuell so stark? Bei der EM in Martell war es ihre brutale Präzision. "Johanna hat es übelst nervenstark am Schießstand rübergebracht", lobte Rösch die Biathletin.
Bei 60 Schüssen während der Wettkämpfe hatte sich Puff nur drei Nachlader geleistet. Und zwar unter einer "Drucksituation, wo du weißt: 'Okay, ich muss hier treffen, weil ich läuferisch keine Chance mehr habe.' Da muss man die Schießleistung würdigen, das hat sie sehr gut gemacht."
Ihrer hohen Treffsicherheit stand in Martell jedoch umgekehrt eine ausbaufähige Laufleistung gegenüber. Dort sei Puff im Vergleich zu den Besten "schon ein Stück hinterher" gewesen, so Rösch - was die Frage aufwirft: Ist die Deutsche eine starke Schützin, die in der Loipe schwächelt?
Diese Interpretation möchte Rösch nicht teilen. "Das mit der Loipe muss man ein bisschen differenziert sehen aufgrund der Vorbereitung", betonte der Staffel-Olympiasieger von 2006.
Im November hatte sich Puff bei der internen Qualifikation für den Weltcup-Auftakt im finnischen Kontiolahti durchgesetzt. Dort erkrankte die DSV-Athletin, anschließend bestritt sie im Dezember keine weiteren Rennen. "Viele Sachen sind ein bisschen unglücklich gelaufen bis zur EM. Von daher muss man die Laufleistung wirklich ein bisschen relativieren", sagte Rösch.
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Johanna Puff ist eine starke Schützin.

Fotocredit: Getty Images

Tannheimer, Grotian, Strelow - was Puff unterscheidet

Mit Blick auf Puffs Performance in der Loipe ist für den Ex-Biathleten aber klar: In ein- und dieselbe Kategorie wie Julia Tannheimer (19) und Selina Grotian (20) würde er die 22-Jährige nicht stecken. Tannheimer und Grotian seien "vom läuferischen Vermögen noch einmal ein Ticken besser".
Rösch vergleicht Puff vielmehr mit dem Potenzial einer Julia Kink (21) - und lässt auf Eurosport-Nachfrage "schon einen Quervergleich" zu Justus Strelow (28) zu.
"Justus ist nochmal ein Ticken krasser im Schießen. Er muss sich jetzt damit messen lassen, dass er letztes Jahr der beste Schütze der Welt war. Nicht nur prozentual, sondern auch in der Geschwindigkeit ist Justus wirklich 'outstanding'. Das ist schon eine krasse Hausnummer", so Rösch.
Allerdings müsse der in der Loipe oft schwächelnde Strelow "mit extrem viel Aufwand" versuchen, jedes Jahr "peu à peu im Laufen besser zu werden". Dies sieht Rösch bei Puff anders.
Die Biathletin sei "mit 22 noch am Anfang ihrer Karriere. Da ist auf alle Fälle läuferisch noch Potenzial", vermutet der Experte: "Johanna ist im Gesamtpaket echt gut, aber noch sehr jung, und kann noch ein, zwei Schippen draufpacken."
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Das entscheidende Schießen: Puff sichert DSV-Staffel das EM-Gold

Quelle: Eurosport

Nächstes Puff-Kapitel in Lenzerheide?

Bleibt die Frage, was für Puff nach der EM-Überraschung in Lenzerheide möglich ist. WM-Shootingstar? Oder hinter Tannheim, Grotian, Franziska Preuß und Sophia Schneider wieder nur ein "Zaungast"?
Grundsätzlich, so Rösch, hänge das von der DSV-Einsatzkonzeption ab: "Die WM ist lang, es sind sehr viele Rennen. Ist Johanna tatsächlich nur eine Ersatzfrau, also 'nur' in Anführungszeichen? Oder kriegt sie irgendwo einen Einsatz, vielleicht sogar in der Single-Mixed-Staffel oder im Einzellauf?"
Er selbst würde die Erwartungshaltung an Puff "erstmal tief ansiedeln". Wenn ihre Trefferquote wie bei der EM sei, aber die Laufleistung ebenfalls, "brauchen wir jetzt nicht spekulieren, dass sie da eine Medaille holt", schätzt Rösch ein: "Da brauchen wir jetzt nicht irgendwie die Sterne vom Himmel holen. Da muss man realistisch sein."
Am Ende sei es für den Youngster wichtig, Erfahrungen bei einem Einsatz zu sammeln - "der Rest kommt dann von selbst".
Wie Martell könnte auch Lenzerheide für Puff dabei ein gutes Omen sein. Denn hier gewann sie im Jahr 2020 bei der Junioren-WM die Bronzemedaille mit der Staffel. Hier debütierte sie 2023 im Weltcup. Und hier könnte sie nun das nächste Kapitel ihrer vielversprechenden Karriere schreiben.
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Biathlon-EM in Martell, Medaillen für Puff und Fichtner

Quelle: Eurosport


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