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Sebastian Vettel hat für 2021 keine Chance mehr auf ein F1-Cockpit

Peer Kuni

Update 16/07/2020 um 14:07 GMT+2 Uhr

Sebastian Vettel wird aller Voraussicht nach kein Formel-1-Cockpit für die kommende Saison erhalten. Nach seinem Ferrari-Aus gingen nacheinander die Türen bei Mercedes, Red Bull und McLaren zu. Auch Renault hat dem Heppenheimer eine Absage erteilt und stattdessen Fernando Alonso aus dem Ruhestand geholt. Für Vierfachweltmeister Vettel ist 2021 in der Motorsport-Königsklasse schlicht kein Platz.

Fernando Alonso (rechts) schnappte Sebastian Vettel wohl das letzte F1-Cockpit für 2021 weg

Fotocredit: Getty Images

397 Punkte.
2013 dominierte Sebastian Vettel die Formel 1 nach Belieben. Der damalige Red-Bull-Pilot gewann satte 13 von 19 Grands Prix, fuhr fünf weitere Male unter die Top vier und schnappte sich mit dem Rekordvorsprung von 155 Punkten zum vierten Mal in Folge den WM-Titel. Sein größter Rivale in jenem Jahr, der abgeschlagen auf Platz zwei landete: Fernando Alonso.
Eben jener Alonso schnappt dem Heppenheimer 2021 das wohl letzte interessante Cockpit der Formel 1 weg. Nach seinem bereits verkündeten Aus bei Ferrari nach der laufenden Saison scheinen nun endgültig alle Türen für Vettel in der Formel 1 zugegangen sein. Zumindest für das kommende Jahr.
Doch wie konnte es soweit kommen, dass kein einziges Team den einstigen Dominator mehr haben will?

Vettels Leistungen bei Ferrari nehmen ab

In seinen ersten beiden Saisons mit der Scuderia (2015-2016) waren die Italiener der Konkurrenz von Mercedes deutlich unterlegen. Vettel hatte zwar zu jeder Zeit seinen damaligen Teamkollegen Kimi Räikkönen fest im Griff, doch konnte er nicht aufgrund des überlegenen Silberpfeils in das Titelrennen eingreifen.
2017 war Ferrari auf einem Niveau mit Mercedes. Vettel lieferte sich lange ein enges Duell mit Lewis Hamilton, schwächelte aber in der Schlussphase der Saison. Unter anderem verursachte er von der Pole Position aus einen Startunfall mit Räikkönen und Max Verstappen (Red Bull). Hamilton sicherte sich die WM-Krone.
Im Folgejahr führte Vettel die WM-Wertung zur Mitte der Saison an. Ausgerechnet beim Heimrennen in Hockenheim kam dann die Wende. Vettel flog auf nasser Strecke in Führung liegend von der Piste und schied aus. Erneut war der Nutznießer Hamilton, der dem Deutschen dann auch in der zweiten Saisonhälfte den Rang ablief.
Vettel machte einfach zu viele einfache Fehler - Fehler, die für einen Vierfachweltmeister unüblich sind. 2019 war Vettel dann nicht nur weit weg von Mercedes, sondern stand auch im Schatten seines neuen Teamkollegen Charles Leclerc. Der junge Monegasse sammelte mehr Punkte (264 zu 240), gewann mehr Rennen (2 zu 1) und war hatte auch im Qualifying-Duell die Nase vorn (12 zu 9).
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Hockenheim 2018: Einer der bittersten Momente in Sebastian Vettels Karriere. Der Ferrari-Pilot hat soeben seinen Boliden beim Heimrennen in Hockenheim in der Sachs-Kurve in die Bande gesetzt. Aus der Traum vom Heimsieg

Fotocredit: Getty Images

Vettel-Rückkehr zu Red Bull ausgeschlossen

Nach so einem starken Debütjahr ist Leclerc in Maranello in der Zukunft noch viel zuzutrauen. Vettel, der mit Leclerc in Brasilien kollidierte und dabei erneut keine glückliche Figur abgab, musste weichen. Ferrari, das den Vertrag mit dem Monegassen bis 2024 verlängerte, setzt auf Leclerc. Für Vettel ist schlichtweg kein Platz mehr.
Das gilt für den Deutschen auch bei seinem ehemaligen Arbeitgeber. "Red Bull hat ein Siegerauto, also wäre das natürlich interessant", brachte sich Vettel am Rande des GP der Steiermark (12.7., ab 15:10 Uhr im Eurosport Liveticker) zwar in Stellung, doch die Red-Bull-Verantwortlichen Christian Horner und Helmut Marko wiegelten deutlich ab.
"Ein definitives Nein", meinte Teamchef Horner bei "Sky Sports News" auf die Frage zu einer möglichen Rückkehr des Deutschen und fügte an: "Ich denke, Sebastian weiß das." Neben dem unantastbaren Max Verstappen wäre sowieso nur das zweite Cockpit in Frage gekommen. Dieses hat derzeit Alexander Albon inne.
Da die Mehrheit der Red Bull GmbH allerdings einer thailändischen Familie gehört, dürfte diese darauf bestehen, dass der Thailänder Albon auch 2021 im Auto sitzt. Nicht zuletzt, da er im Vergleich zu Vorgänger Pierre Gasly näher an Verstappen dran ist. Zudem ist Albon deutlich günstiger als Vettel, der nach Hamilton (40 Millionen Euro) das zweithöchste Gehalt in der F1 mit gut 30 Millionen bezieht.
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Sebastian Vettel (rechts) im Gespräch mit den Red-Bull-Verantwortlichen Christian Horner (mitte) und Helmut Marko

Fotocredit: Imago

Mercedes setzt weiter auf bewährtes Duo

Und bei Mercedes? Da weckten Aussagen von Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff Hoffnungen auf ein Duo Vettel/Hamilton. "Kein gutes Team wird es einfach ignorieren, wenn ein viermaliger Weltmeister plötzlich auf dem Transfermarkt auftaucht", sagte Wolff der "FAZ". Zumal Valtteri Bottas noch keinen Vertrag für 2021 besitzt.
Doch Daimler-Vorstand Ola Källenius sprach bei "Sky" ein Machtwort: "Wir bleiben bei unseren zwei Jungs", sagte der Schwede. Und auch Wolff revidierte seine Aussagen später: "Ich gehe davon aus, dass wir mit Lewis und Valtteri weitermachen. Wir sind sehr glücklich mit unseren Fahrern."
Auch Racing Point, das mit Mercedes-Motoren antritt und 2021 unter dem Namen Aston Martin in der F1 angreifen will, schloss eine Vettel-Verpflichtung kategorisch aus. "Wir fühlen uns geehrt, wenn wir in den Medien mit einem viermaligen Weltmeister in Verbindung gebracht werden. Aber wir sind zufrieden mit unseren Fahrern, die beide gültige Verträge haben", erklärte Teamchef Otmar Szafnauer auf einer Pressekonferenz beim GP der Steiermark.
Zumal Sergio Pérez noch einen Kontrakt bis 2023 besitzt und Lance Stroll durch seinen Vater einen Platz im Team sicher hat. Milliardär Lawrence Stroll ist Teilhaber von Racing Point und fördert die Karriere seines Sohnes.
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Auch wenn die Verträge noch nicht offiziell unterzeichnet sind. An dieser Konstellation wird sich auch 2021 nichts ändern: Valtteri Bottas (vorne) und Lewis Hamilton (hinten) bleiben die Mercedes-Piloten in der Formel 1

Fotocredit: Getty Images

McLaren bevorzugt Ricciardo statt Vettel

Bei McLaren ging die Türe sogar noch schneller zu. Nach dem Abgang von Carlos Sainz, der als Vettel-Nachfolger 2021 zu Ferrari geht, holte der Traditionsrennstall Daniel Ricciardo von Renault als Ersatz. Der siebenfache Grand-Prix-Sieger Ricciardo hatte Vettel 2014 bei Red Bull in die Schranken gewiesen und gilt als äußerst schneller Fahrer.
Vettel, der auch immer wieder mit McLaren in Verbindung gebracht wurde, stand in Woking allerdings nie zur Debatte. Dies machte Teamchef Andreas Seidl bei "Sky Sport News HD" klar: "Das Thema Sebastian hat sich für uns nie gestellt. Es sind nie Verhandlungen geführt worden." Das zweite Cockpit hat zudem Youngster Lando Norris inne, auf den McLaren große Stücke setzt.
Vettel selbst machte, angesprochen auf seine Zukunft, in Spielberg klar: "Ich will in der Formel 1 weiterhin etwas erreichen, nicht bloß teilnehmen oder ein bisschen Geld abgreifen. Ich habe noch etwas zu beweisen, vor allem mir selbst." Damit schloss er einen Wechsel zu einem Hinterbänkler-Team wie AlphaTauri, Alfa Romeo, Haas oder Williams aus.
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Sebastian Vettel im McLaren? Laut McLaren-Teamchef Andreas Seidl war das beim Traditionsrennstall nie ernsthaft ein Thema

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Renault bestätigt Gespräche mit Vettel - und holt Alonso

Blieb Renault. Sowohl Vettel als auch Teamchef Cyril Abiteroul bestätigten Gespräche, doch die Franzosen gaben am Mittwoch bekannt, dass Rückkehrer Fernando Alonso das freie Cockpit durch den Ricciardo-Abgang erhalten wird. Der Spanier soll für zwei Jahre unterschrieben haben.
"Renault ist meine Familie, meine schönste Erinnerung in der Formel 1. Aber jetzt schaue ich nach vorne. Der Rennstall kann und will zurück aufs Podium, das Gleiche will ich", sagte der 38-Jährige bei Bekanntgabe seiner Rückkehr.
Alonso bringt die Erfahrung von 313 Grands Prix mit, bei denen er 32 Siege einfuhr. Zwischen 2003 und 2006 sowie 2008 und 2009 stand der Asturier bei den Franzosen unter Vertrag – und fuhr 2005 und 2006 seine und Renaults einzigen beiden WM-Titel ein. Alonso ist bei Renault eine Legende – die Spanier und die Franzosen, das ist wie eine Liebesgeschichte.
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Sebastian Vettel und Fernando Alonso gemeinsam bei einer Formel-1-Fahrer-Pressekonferenz. Ob es das in Zukunft nochmal geben wird?

Fotocredit: Getty Images

Alonso beweist auch im fortgeschrittenen Alter noch seine Klasse

Dass der 38-Jährige, der 2015 von Vettel bei Ferrari verdrängt wurde, jetzt ausgerechnet dem Deutschen die letzte Option für 2021 wegnimmt, ist nur auf den ersten Blick verwunderlich. Denn Alonso ist aufgrund seiner Erfolge nicht nur bei Renault heilig, er gilt auch als einer der besten Fahrer aller Zeiten. Selbst Hamilton und Rekordweltmeister Michael Schumacher fürchteten den Spanier.
"Wenn sie mit seiner Leistungs- und Siegeskultur in Berührung kommen, kann das für das Team nur ein Vorteil sein", schwärmte Abiteroul. Mit Blick auf sein fortgeschrittenes Sportler-Alter, machte Alonso zudem klar: "In der Formel 1 zählen nur schnelle Zeiten, nicht das Alter."
Der Zweifachchampion, der nach dann zweijähriger Pause in die F1 zurückkehrt, hat unter anderem bei IndyCar-Rennen und Auftritten in der Langstrecken-WM sein immer noch vorhandenes Können unter Beweis gestellt. Bei der Rallye Dakar 2020 im Januar überzeugte der Asturier bei seinem Debüt als starker 13.
Und da Alonsos zukünftiger Teamkollege Esteban Ocon noch einen Vertrag für zwei Jahre besitzt, schaut Vettel 2021 in die Röhre. Der Deutsche könnte, ähnlich wie Alonso, eine Pause einlegen und 2022 seine Optionen erneut abwägen. Denn bis dahin hat der ehemalige Dominator keinen Platz mehr in der Formel 1.
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Alonso über sein Comeback: "Stoppuhr entscheidet, nicht Alter"

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