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Holger Badstuber, Joshua Kimmich, Jonathan Tah & Robert Huth: Reif für die EM?

Florian Bogner

Publiziert 08/02/2016 um 11:15 GMT+1 Uhr

Holger Badstuber, Joshua Kimmich, Jonathan Tah und Robert Huth machten am Wochenende mit starken Leistungen auf sich aufmerksam. Badstuber ist plötzlich Abwehrboss beim FC Bayern München, Kimmich glänzt in jeder Rolle. Tah verpasst bei Bayer Leverkusen keine Minute und Robert Huth ist mit Leicester City auf dem Weg zum Titel. Eurosport.de erklärt, wer nun für die EM zum Thema wird - und wer nicht.

Die Innenverteidiger Jonathan Tah, Holger Badstuber, Robert Huth und Joshua Kimmich im EM-Check von Eurosport

Fotocredit: Eurosport

Joachim Löw hatte zumindest seinen zweiten Mann geschickt. Thomas Schneider, Co-Trainer der deutschen Nationalmannschaft, schaute sich am Samstagabend das Spitzenspiel zwischen Bayer Leverkusen und dem FC Bayern München an - ein 0:0 der besseren Sorte.
Das Objekt der Beobachtung: Jonathan Tah, 19, Innenverteidiger bei Bayer Leverkusen. Und Schneider sah ein gutes Spiel des U21-Nationalspielers: Tah gewann über 70 Prozent seiner Zweikämpfe und ließ mit seinem sogar noch ein wenig auffälligeren Nebenmann Ömer Toprak den Münchner Top-Torjäger Robert Lewandowski nicht zur Entfaltung kommen.
Doch nicht nur Tah war für den DFB-Späher ein Blick wert: Auf der Gegenseite überzeugten mit Holger Badstuber und Joshua Kimmich zwei weitere Spieler, die im Blickfeld der Nationalmannschaft stehen. Und dann gibt's da auch noch Robert Huth, der am Wochenende mit einem grandiosen Spiel inklusive Doppelpack bei Manchester City auf sich aufmerksam machte.
Eurosport.de erklärt, wer von den vier Defensivspezialisten auf den EM-Zug aufspringen könnte - und wer eher weniger Chancen hat.

Holger Badstuber

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Holger Badstuber

Fotocredit: SID

Vor wenigen Wochen schien die EM noch sehr weit weg für Badstuber: Bei Bayern waren Jérôme Boateng und Javi Martínez als 1a-Innenverteidiger gesetzt und der 26-Jährige musste schauen, wie er überhaupt in einen Spielrhythmus kommt.
Jetzt ist Badstuber auf einmal der Abwehrchef und hat mit der Bayern-Abwehr zuletzt zweimal zu Null gespielt. "Jeder Einsatz, jedes Spiel tut mir gut. Das spüre ich", sagte er nach dem 0:0 von Leverkusen. "Dass wir gegen Kießling und Chicharito, ein gutes Sturmduo, die Null hinten gehalten haben, war sehr wichtig."
Pep Guardiola schwärmt ohnehin von dem pass- und zweikampfstarken Badstuber:
Ich habe Holger lange Zeit vermisst. Er hat ein großes Herz und ist ein Top-Top-Spieler.
In der Liga gewinnt der WM-Teilnehmer von 2010 rund zwei Drittel seiner Zweikämpfe und bringt 89 Prozent seiner Pässe zum Mitspieler - Top-Werte. Doch Badstuber hat zwischen Dezember 2012 und Dezember 2015 aufgrund vieler tragischer Verletzungen nur 19 Spiele machen können - und seit über drei Jahren keine englische Woche mehr voll durchgezogen.
Will sagen: Erst wenn Badstuber diese Wettkampfhärte zeigt und bestätigt, ist er auch für die EM ein Thema - und ein relevanter Herausforderer für Mats Hummels an der Seite des im Sommer hoffentlich wieder genesenen Boateng.
Badstuber spürt zumindest, dass es gehen könnte:
Ich erhole mich gut, fühle mich immer besser und kann meine individuelle Arbeit weiter fortführen. Das tut mir gut – auch der hohe Rhythmus der englischen Wochen, die nun kommen.

Jonathan Tah

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Jonathan Tah (Bayer Leverkusen)

Fotocredit: Imago

Dass Schneider in der BayArena war, kümmerte ihn nicht. "Ich habe niemanden gesehen", sagte der 19-Jährige nach dem Spiel herrlich ehrlich: "Ich habe ich voll auf mein Spiel fokussiert." Das tut er seit Saisonbeginn mit beachtlicher Konstanz; von Bayers 31 Pflichtspielen hat der U21-Nationalspieler tatsächlich keine einzige Minute verpasst.
In der Liga gewinnt er mittlerweile 60 Prozent seiner Zweikämpfe, in der Luft sogar 70 Prozent. "Ich denke, ich habe mich sehr gut weiterentwickelt. Ich habe sehr viel gelernt, konnte viel mitnehmen vom Trainer und der Mannschaft", sagte er vergangene Woche zur "Sport Bild". Und auf die EM angesprochen:
Ich lasse mich davon nicht beeindrucken oder beeinflussen. Ich versuche, weiter Gas zu geben, mein Spiel durchzuziehen und gucke dann, was kommt.
Bei Leverkusens Trainer Roger Schmidt ist er neben Toprak gesetzt, kein Vorbeikommen für die Konkurrenz. Schmidt:
Wir wussten, dass es ein Riesentalent ist. Aber dass er in der Lage ist, so schnell auf diesem Niveau zu spielen, das war nicht klar. Dass er das im Drei-Tages-Rhythmus schafft, ist außergewöhnlich.
Und zum Thema Nationalmannschaft sagt Bayer-Sportdirektor Rudi Völler: "Jonathan ist ja schon eine feste Größe in der U21 bei Horst Hrubesch. Manchmal geht es dann schnell. Aber früher oder später wird er Nationalspieler werden. Die Qualität dazu hat er auf jeden Fall."
Spielt Tah weiter auf diesem Niveau und setzt in Europa League und Bundesliga-Topspielen weiter Duftmarken, kommt er für Löw als ernsthafte Alternative zu Benedikt Höwedes, Antonio Rüdiger oder Skhodran Mustafi infrage. Ansonsten bliebe Tah immerhin noch Olympia in Rio mit Horst Hrubeschs aufgebesserter U23.

Joshua Kimmich

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Joshua Kimmich

Fotocredit: Imago

Wie Tah spielte Kimmich vergangene Saison noch in der zweiten Liga, wie Tah hat er sich aber erstaunlich schnell ans höhere Niveau angepasst. Dosierte Pep Guardiola Kimmichs Einsätze in der Hinrunde noch sorgfältig, schmiss er den 20-Jährigen nun in den letzten zwei Spielen in die Bayern-Innenverteidigung - was der U21-Nationalspieler, wie eigentlich alles bisher, erstaunlich gut löste.
"Kimmich hat überragend als Innenverteidiger gespielt. Chicharito und Kießling hatten beide keine Torchance. Ein großes, großes Kompliment von mir!", lobte Guardiola. Etwas weniger euphorisch, aber nicht minder anerkennend meinte Badstuber: "Joshua macht seine Sache ordentlich."
Dabei ist Kimmich eigentlich ein zentraler Mittelfeldspieler und kam vor dieser Saison noch nie in der Innenverteidigung zum Einsatz. Bei Guardiola durfte Kimmich allerdings schon auf sieben (!) verschiedenen Positionen spielen - und machte seine Sache überall gut. Nach Leverkusen sagte Kimmich brav:
Ich fühle mich wohl, wenn ich auf dem Platz stehen und spielen darf - egal, wo.
Kimmichs Problem: Sobald Martínez oder Boateng wieder fit sind, muss er zurück ins zweite Glied. So wertvoll seine Polyvalenz für Löw sein könnte - eine Olympia-Teilnahme ist aktuell die deutlich wahrscheinlichere Variante.

Robert Huth

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Robert Huth

Fotocredit: SID

"Robert Huth war alles, was die Verteidiger von Manchester City nicht waren - mutig, stark und voller Begierde", schrieb "The Times" über Huths unfassbares Spiel am Samstag. Da hatte der 31 Jahre alte Innenverteidiger Leicester City am einen Ende mit zwei Toren beglückt und am anderen Ende die City-Offensive um Sergio Agüero cool an sich abprallen lassen.
"Einen Gigant vorne und hinten", schrieb der "Guardian" passend. Und ist ein jede Woche spielender Innenverteidiger des Tabellenführers der Premier League, der mutmaßlich besten Liga der Welt, nicht zwangsläufig auch einer für die deutsche Nationalmannschaft?
Die Antwort lautet: eher nicht. Denn Leicester Spielstil ist ganz anders als der von Joachim Löw präferierte; Huths Qualitäten passen zu den "Foxes", aber nicht wirklich zum DFB-Team.
Warum? Bei Leicester ragt der gebürtige Berliner vor allem durch seine Körperlichkeit im Zweikampf, seine Fähigkeit zu Blocken und sein offensives Kopfballspiel heraus. Seine Devise: "Mir ist scheißegal, wie wir spielen, Hauptsache das Ergebnis stimmt", sagte er neulich zu "11 Freunde." Dass sein Team, das auf Konter steht, recht tief verteidigt, kommt dem eher langsamen Huth dabei sehr entgegen.
In der Nationalmannschaft müsste Huth aber rund zehn Meter höher stehen und mehr antizipieren, dazu ist bei Löw vor allem ein starkes Passspiel im Aufbau gefragt - keine besondere Stärke von Huth. Ex-DFB-Trainer Berti Vogts sagte treffend zum "RND":
Jogi Löw setzt auf einen anderen Typ in der Innenverteidigung.
Heißt: Selbst wenn Leicester sensationell englischer Meister wird, dürfte die Europameisterschaft in Frankreich sehr wahrscheinlich ohne Huth stattfinden.
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Leicester-Coach Ranieri: "Eine verrückte Liga"

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