Top-Sportarten
Alle Sportarten
Alle anzeigen

Sylvia Schenk kritisiert FC Bayern vor Reise nach Doha: "Erschreckende Verharmlosung der Probleme"

VonSID

Update 07/01/2016 um 10:25 GMT+1 Uhr

Die Anti-Korruptions-Expertin Sylvia Schenk hat den FC Bayern München für seinen Umgang mit dem Trainingslager in Doha/Katar scharf kritisiert. Die Frankfurter Rechtsanwältin warf dem Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge in einer Kolumne bei "Focus online" unter anderem eine "erschreckende Verharmlosung der Probleme" vor Ort vor.

Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge

Fotocredit: AFP

Schenk bezieht sich auf ein Zitat von Rummenigge aus einem Interview mit "Sport Bild" Mitte Dezember. "Wir wissen, dass wir in ein Land fahren, in denen die Menschen teilweise eine andere Kultur als in Deutschland pflegen. Aber ein Trainingslager ist keine politische Äußerung", hatte der Münchner Vorstandschef dort unter anderem gesagt.
Kultur sei das eine, schrieb Schenk, an der Achtung der Menschenrechte und der Arbeitsrechte hapere es in Katar nach wie vor. Sie warf Rummenigge vor, "eben doch eine eminent politische Aussage" zu senden, und ergänzte: "Wer wie der FC Bayern (bzw. die gesamte Bundesliga) für sich eine wichtige gesellschaftliche Rolle in Anspruch nimmt, trägt auch gesellschaftliche Verantwortung – und die hört nicht an Landesgrenzen auf."
Auch Sozialdemokratische Politiker des Europaparlaments hatten schon kurz nach der Bekanntgabe des Trainingslagers Kritik an der Entscheidung geübt. In Katar gebe es "seit Jahren grobe Verletzungen der Menschenrechte", kritisierte Norbert Neuser, Koordinator des Ausschusses für Entwicklung. Die Spanierin Elena Valenciano, Vorsitzende des Komitees für Menschenrechte, prangerte an: Die Bestrafungen in Katar etwa für Blasphemie, Alkoholkonsum oder Homosexualität "sind inhuman".

Lahm - der "Außenminister" der Bayern

Philipp Lahm gilt als Diplomat und steht daher im Ruf, eine Art Außenminister des FC Bayern zu sein. Es war deshalb keine Überraschung, dass der Mannschaftskapitän am Mittwoch kurz vor dem Abflug die heikle Aufgabe übernahm, die Reise der Münchner nach Doha/Katar nach der Kritik Schenks zu rechtfertigen. "Die Mannschaft und alle im Verein beschäftigen sich mit dem Thema, was in Katar los ist", behauptete er. Und nein, die Mannschaft werde "nicht die Augen zumachen". Was immer das heißen mag.
picture

Sylvia Schenk kritisierte Rummenigge und den FC Bayern

Fotocredit: SID

Lahm behauptete am Mittwoch, "dass der Verein immer sehr offen mit bestimmten Themen umgeht, auch mit politischen Themen, und so ist es in der Thematik auch." Zudem warf er die Frage auf: "Was ist besser? Geht man wirklich offen mit dem Thema um oder sagt man, man bleibt einfach zu Hause. Oder fährt man hin und spricht darüber? Wir werden das Beste daraus machen."

Letztjährige Reise wurde zum PR-Desaster

Zum sechsten Mal nacheinander bereitet sich der FC Bayern jetzt in der weitläufigen Aspire Academy vor, "wir haben", sagte Klubchef Karl-Heinz Rummenigge, dort "gute Erfahrungen" gemacht. Die Reise im vergangenen Jahr allerdings geriet zum PR-Desaster, weil die Münchner auf dem Rückweg noch ein Spiel in Saudi-Arabien absolvierten. Just zu einem Zeitpunkt, als dort ein bekannter Blogger ausgepeitscht werden sollte. Es hagelte Kritik, von allen Seiten.
Rummenigge räumte später ein, Fehler begangen zu haben, der FC Bayern, sagte er, hätte deutlicher ansprechen sollen, dass er "jede Bestrafung" verurteile, "die nicht im Einklang mit den Menschenrechten steht". Nur wenige Wochen nach der Reise nach Katar und Saudi-Arabien schuf er zudem die Abteilung Public Affairs: Ein ehemaliger Journalist der "Süddeutschen Zeitung" soll den Vorstand und seinen Vorsitzenden nun unter anderem dann unterstützen, wenn es um gesellschaftliche Themen geht.
Und Katar bleibt ein Thema. Unter anderem bei den Anhängern. Der Club Nr. 12, eine Dachorganisation aktiver Fans des FC Bayern, teilte auf Anfrage mit: "Wir betrachten die Reise nach Katar aufgrund der dortigen Menschenrechtsverletzungen sehr kritisch." Und nein, ergänzte der Sprecher, es habe nicht, wie behauptet, ein Gespräch mit dem Klub-Vorstand über das Thema gegeben. In Foren und sozialen Netzwerken kritisieren Fans, dass der FC Bayern nicht verantwortungsbewusst handele.
Mehr als 3 Mio. Sportfans nutzen bereits die App
Bleiben Sie auf dem Laufenden mit den aktuellsten News und Live-Ergebnissen
Download
Diesen Artikel teilen
Werbung
Werbung