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BVB: Hat Borussia Dortmund ein Mentalitäsproblem?

Tom Müller

Update 12/09/2019 um 10:24 GMT+2 Uhr

Borussia Dortmund hat bei Union Berlin erneut bei einem vermeintlich schwächeren Gegner Punkte liegen gelassen. Ein bedenkliches Muster, das der BVB bereits in der vergangenen Saison erkennen ließ und das sich rein sportlich nur schwer erklären lässt. Eine Aussage von Julian Brandt lässt tief blicken. Hat die Mannschaft von Lucien Favre ein Mentalitätsproblem?

Julian Brandt von Borussia Dortmund

Fotocredit: Getty Images

Während die Spieler und die Fans von Union Berlin noch den historischen Coup gegen Vizemeister Borussia Dortmund ausgelassen feierten, stand BVB-Nezugang Julian Brandt bereits im Interview bei "Sky" Rede und Antwort. Der 23-Jährige suchte nach Antworten für den blutleeren Auftritt der Schwarz-Gelben, der letztlich in einer 1:3-Niederlage in der Alten Försterei endete.
"Man hat gemerkt, dass die Berliner heute einen größeren Willen hatten", analysierte Brandt trocken. Vielleicht etwas unbedacht, aber grundehrlich. Als wäre das etwas, das dem Vizemeister, der im Sommer knapp 130 Millionen Euro in Neuzugänge investiert hat, schonmal passieren dürfe.
Dass er damit beiläufig einer Debatte neues Futter geliefert hat, die besonders nach dem Neun-Punkte-Einbruch und der verpassten Meisterschaft in der vorangegangenen Saison immer wieder in den Medien thematisiert wurde, war dem Nationalspieler in diesem Moment sicherlich nicht bewusst.
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Julian Brandt nach der BVB-Pleite im Sky-Interview

Fotocredit: Eurosport

Der BVB und die Mentalitätsdebatte

Dennoch muss die Frage gestellt werden: Hat die mit Stars gespickte Truppe von Lucien Favre ein Mentalitätsproblem?
Überraschend häufig ließ der BVB 2018/19 Punkte gegen spielerisch schwächere Gegner liegen. In Hannover (0:0), in Düsseldorf (1:2), in Nürnberg (0:0) in Augsburg (1:2). Ein Muster, das sich zu Beginn der neuen Saison zu wiederholen scheint.
In Köln konnten die Dortmunder trotz zweifelhafter Leistung den 0:1-Rückstand zur Pause noch drehen. In Berlin bekam man für die indiskutable Leistung die verdiente Quittung. Der BVB tut sich unheimlich schwer damit, die letzten Prozentpunkte herauszukitzeln, wenn es gegen die kampfstarken "Kleinen" geht. Es fehlt an Entschlossenheit, sowohl in der Verteidigung als auch im Angriff beim Kreieren von Torchancen. Hochmut?

Stichwort Meisterschaft: Dortmund macht sich selbst ein Fass auf

"Grundsätzlich müssen wir uns komplett hinterfragen, eine andere Einstellung, eine andere Mentalität und einen anderen Willen an den Tag legen", schimpfte ein erzürnter Marco Reus nach der Partie. Hätte er die Worte von Brandt in diesem Moment mitbekommen, er hätte ihm wohl spätestens im Kabinengang den Kopf gewaschen.
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Marco Reus ärgert sich über Mentalität seiner Mannschaft

Fotocredit: Eurosport

Diese Aufgabe übernahm dann Michael Zorc in abgewandelter Form zwei Tage später im "kicker":
Wenn unsere Spieler feststellen, dass die anderen den Sieg mehr wollten, dann ist das äußerst bedenklich.
Die Verantwortlichen müssen sich also die Frage stellen, woran die Leistungsschwankungen, die wie in Berlin immer wieder wichtige Punkte kosten, festzumachen sind.
Immerhin waren sie es, die den BVB vor der Saison (durchaus berechtigt) zum Meisterschaftsanwärter ausriefen und damit den medialen Druck noch weiter erhöht haben.

BVB: Favre ist Teil des Problems

Woran liegt es also? An der Qualität der Einzelspieler nicht, daran dürfte es keinen Zweifel geben. Zu beeindruckend zerpflücken Reus, Jadon Sancho, Paco Alcácer und nun auch die Neuzugänge Brandt und Thorgan Hazard die Gegner, wenn die Offensiv-Maschine ins Laufen kommt. Wenn.
"Wir glauben manchmal, dass wir mit der Qualität, die wir haben, unsere Spiele locker gewinnen. Wir müssen aufhören, daran zu glauben", analysierte Reus und dürfte damit seinem Coach aus der Seele gesprochen haben, der selbst kein Fan des Lautsprechens ist - und damit Teil des Problems.
Denn während Union-Coach Urs Fischer sein Team in der Trinkpause der zweiten Hälfte noch einmal lautstark motivierte, brütete Favre weiter in sich hinein.
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Ernste Mimik bei BVB-Trainer Lucien Favre am Spielrand

Fotocredit: Eurosport

Länderspielpause als Vorteil?

Die Aufarbeitung kommt später ("Es ist viel zu tun“). Das kennen wir vom detailversessenen Schweizer. Während des Spiels den Spielern einen mentalen Push zu geben, um womöglich den Punktverlust noch zu verhindern, dagegen eher nicht.
Allerdings bleibt Favre diesmal auch zu besagter Aufarbeitung wenig Zeit. Ein Gros seines Teams verweilte bzw. verweilt noch bis Mitte der Woche bei ihren Nationalteams. Vor dem schweren Spiel gegen Leverkusen bleiben also nur zwei bis drei Einheiten mit der gesamten Mannschaft, um sich optimal vorzubereiten.
Vielleicht ist das aber auch gar nicht schlecht. Immerhin helfen Länderspielpausen bekanntlich, um Negativ-Erlebnisse besser aus den Köpfen zu streichen und frische Impulse aufzunehmen. Einstellung und Kopfsache sind schließlich nur bedingt trainierbar.
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