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FC Bayern München: Die neuen Machtverhätnisse nach dem Abschied von Uli Hoeneß

Tom Müller

Publiziert 18/11/2019 um 17:13 GMT+1 Uhr

Mit dem Abschied von Uli Hoeneß als Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender endete beim FC Bayern München am vergangenen Freitag eine Ära. Der 67-Jährige wird zwar weiter Einfluss nehmen, die Machtverhältnisse an der Säbener Straße werden jedoch neu verteilt. Im Mittelpunkt wird nun der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge stehen. Doch drei Hoeneß-Vertraute sind bereits positioniert.

Herbert Hainer, Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge

Fotocredit: Getty Images

"Es war eine wunderschöne Zeit. Ich sage ihnen: Das war's, ich habe fertig."
Um 20:15 Uhr sagte Uli Hoeneß am vergangenen Freitagabend die Worte, auf die sich der FC Bayern zwar schon seit Monaten vorbereitet hat, die aber selbst mit ein paar Tagen Abstand immer noch unwirklich klingen.
Nach 49 Jahren bei seinem "Baby", als Spieler, als Manager und Präsident, in denen er den Verein an der Isar prägte wie kein Zweiter, endet die Ära Hoeneß.
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Letzte Worte als Präsident: Hoeneß wird gefeiert

Der Bayern-Macher wird weiter Einfluss auf den Klub nehmen, soviel ist sicher. Er behält seinen Sitz im Aufsichtsrat, ist zum Ehrenpräsident ernannt worden und hat seine Vertrauten geschickt für die Zukunft in Stellung gebracht.
Aber er wird eben nicht mehr in erster Reihe stehen, was zwangsläufig das Machtgefüge an der Säbener Straße verschiebt.
Kurzfristig - und langfristig.

Rummenigge: Mächtiger als je zuvor

"Mein Freund, ich wünsche dir alles, was du dir selber wünschst. Wir sind immer deine Familie. Mia san Uli", schloss Karl-Heinz Rummenigge am Freitag seine Rede. Tatsächlich dürfte er den Hoeneß-Abschied jedoch eher mit einem lachenden statt mit einem weinenden Augen betrachten. Die Agenda "Mia san Kalle" steht an.
Zwar läuft der Vertrag des 64-Jährigen Ende 2021 aus, auch Rummenigge wird sich zurückziehen. Doch bis dahin dürfte sein Einfluss und seine Macht beim deutschen Rekordmeister größer sein, als jemals zuvor.
Die Rummenigge-Fraktion, die bereits von 2013 bis 2016 in Hoeneß' Abwesenheit die Geschicke in München leitete, dürfte dem Patriarchen nicht hinterhertrauern, der sich in seiner Zeit als Präsident gerne ins operative Geschäft einmischte.
Seit Hoeneß' Rückkehr führten die beiden Alphatiere einen Machtkampf, waren sich laut Medienberichten immer wieder uneinig. Vor allem bei Trainerfragen. Aufsichtsratsmitglied Edmund Stoiber sprach von "Zwistigkeiten".
Ob das Verhältnis der beiden den Verein in den letzten Jahren immer voranbrachte, sei dahingestellt. Doch ohne den Gegenpol im Nachbarbüro wird es sich für den Vorstandsvorsitzenden leichter regieren lassen, soviel ist sicher.
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"War mir eine Ehre": Rummenigge verabschiedet Hoeneß mit emotionaler Rede

Die sportlichen Entscheidungen werden bei Rummenigge zusammenlaufen. Darunter fällt auch die Wahl des neuen Trainers. Bis Weihnachten wird es Flick machen, "und möglicherweise auch darüber hinaus", wie Rummenigge am Freitag verkündete.
Was im Winter bzw. im kommenden Sommer passiert, wird er gemeinsam mit Sportdirektor Hasan Salihamidzic entscheiden. Das letzte Wort dürfte sich der Bayern-Boss aber diesmal nicht nehmen lassen.

Salihamidzic steigt auf - muss sich aber noch beweisen

Dennoch wird Salihamidzic zukünftig in derartigen Angelegenheiten ein gewichtiges Wort mitsprechen. Als eine seiner letzten Amtshandlungen setzte Hoeneß die Beförderung des Bosniers vom Sportdirektor zum Sportvorstand durch. Ab dem 01. Juli 2020 bekommt Brazzo damit auf dem Papier dieselbe Funktion und Machtfülle, die von 2012 bis 2016 Matthias Sammer inne hatte.
Salihamidzic wird sich weiter um die Scouting-Abteilung und den Nachswuchscampus kümmern, soll jedoch auch strategisch mehr eingebunden werden. Trotz seines zwiegespaltenen Standings bei den Bayern-Fans traut ihm Hoeneß die Verantwortung zu. Auch Rummenigge ließ Brazzo wissen, dass er seine Arbeit schätzt:
Er ist ein Mensch, mit Visionen für den Kader, für die Entwicklung der Spieler und der Mannschaft. Er gibt jeden Tag hundert Prozent für den FC Bayern.
Den Vorschuss hat der 42-Jährige. Jetzt muss er beweisen, dass er auch Transfers der Größenordnung Leroy Sané oder Kai Havertz handlen kann.

Hainer: Bodenständiger Lenker im Hintergrund

Auch der neue Präsident und Aufsichtsratsvorsitzende Herbert Hainer ist ein Hoeneß-Vertrauter. Die beiden Metzgersöhne verbindet eine enge Freundschaft.
Aus den sportlichen Entscheidungen rund um Trainersuche und Kaderplanung will sich der Ex-Adidas-Chef allerdings raushalten, das stellte er am Freitag klar. Im Vorstand gäbe es genug Fußballkompetenz. Da dürfte er sich mit Rummenigge also nicht in die Quere kommen.
Hainer wolle den FCB so führen, "wie ich die letzten 15 Jahre Adidas geführt habe". Heißt im Umkehrschluss: Erfolgreich, international, aber gleichzeitig bodenständig.
Der Börsenwert des Sportartikelherstellers wurde unter seiner Leitung verfünffacht, der Umsatz mehr als verdoppelt. Sein Netzwerk und seine Kontakte sollten auch Rummenigge als Markenführer zugute kommen. Allerdings wird Hainer wohl eher im Hintergrund die Fäden ziehen. "Abteilung Attacke" ist nicht sein Ding.
Dass und inwieweit Hoeneß über Hainer Einfluss auf das Tagesgeschäft nehmen wird, ist reine Spekulation. Im Abschiedsinterview mit dem Vereinsmagazin "51" verwies Hoeneß derartige Mutmaßungen auf jeden Fall ins Reich der Fabeln:
Das behaupten nur Menschen, die hinter jedem Busch einen Feind sehen. So ticke ich nicht.

Kahn: Prinzregent im Wartestand

Dass Oliver Kahn das zukünftige Gesicht des FC Bayern sein soll, daran besteht intern kein Zweifel. Im Januar 2020 wird er in den Vorstand berufen, 2022 soll er Rummenigge als Vorsitzenden ablösen. Bei den Fans hat der "Titan" ein außerordentliches Standing, er soll in Zukunft die Philosophien von Hoeneß und Rummenigge einen und den Verein in eine glorreiche Zukunft führen.
Beide schätze ihn. "Oliver wird uns bereichern. Wir werden gut zusammenarbeiten und ich freue mich darauf", erklärte Rummenigge, der Kahn in den kommenden beiden Jahren anlernen und an die Hand nehmen soll. Der Ex-Profi hat zwar Management-Erfahrung und sich als TV-Experte etabliert, aber dass er einen Fußballverein der Größenordnung FC Bayern führen kann, muss Kahn erst noch beweisen.
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Hoeneß kitzelt Kahn mit witzigem Spruch

Wenn es nach Hoeneß geht, soll Kahn auch direkt mitbestimmen, wer langfristig Trainer an der Säbener Straße wird. Mit seiner Einschätzung zum Thema hielt der ehemalige Weltklassekeeper nicht hinter dem Berg:
Es muss darum gehen, auch einen Trainer zu bekommen, der eine Ära möglicherweise wieder prägen kann, und das ist etwas, was man jetzt nicht aus der Hüfte schießen kann.
Rummenigge und Salihamidzic werden Kahn mit Sicherheit zu Rate ziehen. Welche Rolle genau der 50-Jährige in der Übergangszeit im neuen Machtgefüge der Münchener einnehmen wird und welchen Einfluss er vor seiner "Krönung" 2022 nehmen kann, ist allerdings schwer einzuschätzen.
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