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Jamal Musiala überzeugt bei Bayern: Flicks next Shootingstar

Florian Bogner

Update 30/10/2020 um 08:10 GMT+1 Uhr

Jamal Musiala gehört beim FC Bayern München mit 17 Jahren schon zum Profi-Kader von Trainer Hans-Dieter Flick und machte bereits mit zwei Saisontoren auf sich aufmerksam. Erst seit 2019 in München, bewies der Offensivspieler vor allem eins: Anpassungsfähigkeit. Reife und Arbeitseinstellung versetzen ehemalige wie aktuelle Weggefährten ins Staunen. Und Musialas Tempo lässt nicht nach.

Jamal Musiala (r.) spielt seit 2019 für den FC Bayern München

Fotocredit: Getty Images

Hans-Dieter Flick ist normalerweise keiner, der gerne einzelne Spieler über den grünen Klee lobt, meist eher das Team herausstellt als den Einzelnen.
Spricht Flick über Jamal Musiala, merkt man jedoch schnell, wie viel der Trainer des FC Bayern München von seinem 17 Jahre alten Talent hält.
"Ich bin ja keiner, der einen Spieler zu sehr lobt", setzte Flick neulich vor einem Bundesliga-Spiel an, um natürlich gleich darauf selbiges zu tun. Bei Musiala sehe schließlich "jeder, dass er am Ball enorme Qualität hat, dass er ein Eins-gegen-Eins sehr gut lösen kann, dass er sehr frech und sehr selbstbewusst agiert."
Nicht von ungefähr hat Flick den Teenager diese Saison deshalb auch in jedem Bundesliga-Spiel eingesetzt, auch im DFL-Supercup gegen Borussia Dortmund als Joker gebracht und ihn im DFB-Pokal 90 Minuten durchspielen lassen.
"Er ist mit am weitesten von unseren Nachwuchsspielern", sagte der Bayern-Coach über Musiala und konkretisierte: "Er ist technisch sehr gut und entwickelt Dynamik, wenn er im Ballbesitz ist."

Jamal Musiala beweist Anpassungsfähigkeit

Wenn man so will, ist Musiala derzeit wohl Flicks spannendstes Projekt. Für den Bayern-Campus ist er das Vorzeigeobjekt, Indiz, dass sie gut scouten im Nachwuchsbereich und (endlich) den nötigen Unterbau für ein Weltklasseteam bereitstellen können.
"Dass Musiala der jüngste Bundesliga-Torschütze der Geschichte des FC Bayern ist, macht uns alle stolz", sagt Jochen Sauer, Chef der Akademie: "Wir wissen aber auch, dass seine Entwicklung noch lange nicht am Ende ist."
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Jamal Musiala ist Bayern Münchens jüngster Torschütze

Fotocredit: SID

So sieht es auch Flick. Mit der Unterstützung der Topspieler im Kader könne Musiala bei Bayern den nächsten Schritt machen. "Wir werden ihm helfen, sein Potenzial auszuschöpfen", verspricht der 55-Jährige.
Beim FC Bayern hat Musiala in nur einem Jahr vor allem eins bewiesen: Anpassungsfähigkeit. Egal, unter welchem Trainer und in welchem Team er trainierte, alle überzeugte er.

Musiala: Von Fulda nach London

Um zu verstehen, was den Youngster ausmacht, muss man sich seine Biografie vor Augen führen.
2003 in Stuttgart geboren, verbringt der Sohn einer deutschen Mutter und eines nigerianischen Vaters seine ersten sieben Lebensjahre in Fulda, wo er auch beim TSV Lehnerz mit dem Fußball beginnt.
Ein Auslandssemester seiner Mutter an der University of Southampton (Studienfach: Soziologie) bringt Musiala 2010 nach England, wo er sofort in der U8 des FC Southampton aufgenommen wird. Als sich die Familie 2011 dazu entschließt, den Lebensmittelpunkt endgültig nach England zu verlegen, schnappt der FC Chelsea zu.
"Er stach heraus mit seinen Fähigkeiten", erinnert sich Chelsea-Scout Graham Castle im Gespräch mit der "BBC": "Sein Dribbling war außergewöhnlich gut, der Ball klebte ihm förmlich am Fuß."
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Jamal Musiala im Trikot des FC Chelsea (r.)

Fotocredit: Getty Images

"Danke, Sir"

Neben der Ausbildung bei Chelsea geht Musiala von 2013 bis 2016 auch für seine Schulmannschaft der Privatschule Whitgift im südlichen Londoner Vorort Croydon auf Torejagd.
"Als er ankam war er ein kleiner, schmächtiger Junge und strahlte nicht viel Selbstvertrauen aus. Aber sobald er auf den Platz ging, war er ein Anderer", erzählt Andrew Martin, Leiter der Fußballabteilung der Privatschule, der "Deutschen Welle".
Martin weiß, wovon er spricht – in Whitgift drückten auch schon Callum Hudson-Odoi, Victor Moses und Bertrand Traore die Schulbank. Keine schlechte Ausbildung, wie Martin findet. Über die Jahre habe sich Musiala "zu jemandem entwickelt, der selbstbewusst und entschlossen, aber niemals arrogant oder unhöflich ist".
Beispiel gefällig? Nach Musialas erstem Bundesliga-Tor habe Martin ihm neulich Glückwünsche geschrieben. Die Antwort kam prompt: "Danke, Sir." Was Martin verblüfft hat. "Auch wenn er für Bayern München spielt, nennt er mich immer noch Sir", sagt er: "Das sagt Ihnen einfach alles, was Sie über den Jungen wissen müssen. Er ist so höflich, so respektvoll."

Überraschende Rückkehr nach Deutschland

Und war oft seiner Zeit voraus. Für seine Schule erzielt er laut Martin gleich mehrfach über 50 Saisontore. Mit 15 geht er bereits für Chelseas U18 auf Torejagd.
Brian Mustill, seinem früheren Coach bei Chelsea, begeistert vor allem Musialas Leidenschaft. "Wenn er den Ball verlor, hat er alles gegeben, um in wiederzukriegen", schildert der Nachwuchstrainer der "BBC":
"Ich erinnere mich an ein Spiel bei den Spurs auswärts, er hat an dem Tag sechs oder sieben Tore geschossen. Aber er ist auch jedem Ball hinterhergerannt, den er verloren hatte, manchmal über das ganze Feld. Dann ist er losgezogen, und hat wieder alle ausgespielt."
Talente, die nicht verborgen bleiben. 2019 reißen sich mehrere europäische Klubs um ihn. Musiala liegen Angebote aus Spanien vor, er entscheidet sich jedoch dafür, nach Deutschland zurückzukehren und einen Drei-Jahres-Vertrag bei Bayern zu unterschrieben.
"Für seine Familie war es eine Überraschung, dass Jamal nach Deutschland zurückkehren wollte, doch sie ging mit ihm", sagt Martin der "DW". Überraschend auch deshalb, weil sich Musiala da nach nur zwei Einsätzen für die deutsche U16-Nationalmannschaft schon für die englische Auswahl entschieden hat. Auf Vereinsebene sieht das jedoch anders aus.
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Jamal Musiala jubelt nach seinem Treffer gegen Schalke 04 für den FC Bayern München

Fotocredit: Getty Images

Jüngster Bayern-Spieler der Bundesliga-Geschichte

Bei Bayern machte er in der Saison 2019/20 dann gleich drei Schritte nach vorne: Zunächst für die U17 vorgesehen, wird Musiala nach sechs Toren in zwölf B-Jugend-Bundesligaspielen in der Winterpause zur U19 hochgezogen.
Als deren Saison wegen der Coronapandemie kurz darauf vorzeitig abgebrochen wird, rückt Musiala in die U23 auf, wo er Anfang Juni in seinem dritten Drittliga-Kurzeinsatz bereits einen Doppelpack gegen Zwickau schnürt.
Nur elf Tage später setzt Flick ihn in der Bundesliga gegen den SC Freiburg ein, was ihn mit 17 Jahren und 115 Tagen zum jüngsten Bayern-Profi, der jemals in der höchsten deutschen Spielklasse auflief, macht.
Auch wenn er in der Endphase der Champions League nicht zum Einsatz kommt: Zeit zum Reflektieren bleibt kaum. Musiala gehört jetzt fest zum Profi-Kader der Bayern. Weil seit Frühjahr in fast allen Wettbewerben fünf Wechsel erlaubt sind, eröffnen sich Perspektiven.

Musiala muss körperlich zulegen

So lässt auch 2020/21 das Tempo, in dem Musiala Meilensteine nimmt, offenbar nicht nach. Beim 8:0 gegen Schalke zum Saisonauftakt wird er mit 17 Jahren, sechs Monaten und 23 Tagen auch zum jüngsten Pflichtspiel-Torschützen der Vereinsgeschichte. "Jamal hat mit diesem Tor gezeigt, was für ein erstaunliches Talent er ist", schwärmt Flick.
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Jamal Musiala (Mitte) trifft im Bundesligaspiel gegen den FC Schalke 04 für den FC Bayern München

Fotocredit: Getty Images

Gegen Frankfurt (5:0) gelingt Musiala bereits sein zweiter Bundesliga-Treffer. Flick halte es zwar nicht für ausgeschlossen, dass er den Youngster in der laufenden Saison auch mal zur U23 schickt, aktuell sehe er ihn aber "eher bei uns", im Profi-Kader.
Wobei Musiala, das stellt Flick auch klar, noch "einen weiten Weg" vor sich habe. "Er ist ein junger Spieler und muss noch den einen oder anderen Schritt machen, um Dinge so umzusetzen, wie es die Profis machen", sagt der Bayern Trainer.
Vor allem in Sachen körperliche Stabilität müsse der 1,81 Meter große und 65 Kilo schwere Musiala "noch zulegen". Für diese Erkenntnis reicht allein der optische Vergleich mit seinem Schulkollegen Hudson-Odoi, den die Bayern auch gerne hätten.
Ansonsten gelte: demütig bleiben, zugucken, aufsaugen. Flick: "Er muss da weitermachen, es ist ein lebenslanges Lernen." Dann ist auch das nächste Lob des Trainers, der eigentlich nicht so gerne lobt, nicht weit.
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