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Greuther Fürth – FC Bayern – Drei Dinge, die auffielen: Robert Lewandowski glänzt als Fußballromantiker

Dennis Melzer

Update 25/09/2021 um 09:13 GMT+2 Uhr

Der FC Bayern pflügt weiter eiskalt durch die Bundesliga. Trotz langer Unterzahl ließen sich die Münchner vom mutig aufspielenden Aufsteiger Greuther Fürth nicht aus der Ruhe bringen und siegten verdient 3:1. Nagelsmanns Systemumstellung zahlte sich aus, Lewandowski zeigte ungewollt seine fußballromantische Seite und das Kleeblatt lieferte eine ansehnliche Harakiri-Vorstellung ab.

Robert Lewandowski (r.) mit Trainer Julian Nagelsmann

Fotocredit: Getty Images

Der FC Bayern München fuhr knapp eine Woche nach dem 7:0-Kantersieg gegen den maßlos überforderten Aufsteiger VfL Bochum den nächsten Sieg ein. Bei der SpVgg Greuther Fürth reichte der Mannschaft von Trainer Julian Nagelsmann, die wegen einer Roten Karte gegen Benjamin Pavard nahezu die gesamte zweite Hälfte in Unterzahl bestreiten musste, eine weniger spektakuläre Darbietung - am Ende hieß es 3:1 aus Sicht des deutschen Rekordmeisters.
Thomas Müller zog mit seinem Treffer zum zwischenzeitlichen 1:0 in der ewigen FCB-Torjägerliste mit nun 218 Pflichtspieltoren an Karl-Heinz Rummenigge vorbei, während Robert Lewandowski einen weiteren herausragenden Gerd-Müller-Rekord verpasste.
Nagelsmanns taktische Umstellung griff indes sofort, obwohl der Außenseiter vom Ronhof einen durchaus gepflegten Ball spielte und sich keineswegs vor dem Dauerdominator aus der bayrischen Landeshauptstadt versteckte.
Das große Problem bei all dem Mut: Fürth vernachlässigte die Defensive und rannte gleich mehrfach ins Verderben.
Drei Dinge, die zwischen Greuther Fürth und dem FC Bayern auffielen.

Nagelsmanns Systemumstellung trägt Früchte

Kingsley Coman ist nach seiner Herz-OP zwar wieder ins leichte Training eingestiegen, für die Reise ins Frankenland kam der Franzose aber freilich noch nicht infrage, Serge Gnabry und Jamal Musiala mussten unter der Woche eine Zwangspause einlegen und waren nicht für die Startelf vorgesehen.
Einzig Leroy Sané, der sich zuletzt in guter Form präsentiert hatte, stand somit als "echter" Außenbahnspieler zur Verfügung. Nagelsmann machte aus der Personalnot eine Tugend und stellte sein System in Gänze um.
Mit Niklas Süle, Dayot Upamecano und Lucas Hernández bildeten drei nominelle Innenverteidiger eine Dreierkette, Pavard und Alphonso Davies rückten nach vorne, gaben die hochstehenden Außenverteidiger neben dem Sechser-Tandem Joshua Kimmich und Leon Goretzka, Sané und Thomas Müller deckten die offensiven Halbpositionen hinter Lewandowski ab.
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Greuther Fürth - FC Bayern München

Fotocredit: Getty Images

Nagelsmanns Schachzug ging weitestegehend auf, der 34-Jährige gilt als Freund der Dreierkette und hochpressenden Flügeln, bereits zu Leipziger Zeiten setzte er gerne auf ebenjene Philosophie. Klar, Fürth war – bei allem Respekt für den Auftritt – nicht der große Gradmesser, womöglich aber genau der richtige Kontrahent, um einen Testlauf für die Zukunft zu wagen.
Das Abwehr-Trio wirkte weitestgehend gefestigt, Upamecano verbuchte die meisten Balleroberungen (12), die meisten klärenden Aktionen gingen auf Hernández‘ Konto (3), Süle fing die meisten gegnerischen Pässe ab (4). Alle drei kamen auf eine Zweikampfquote jenseits der 60 Prozent. Im Mittelfeld war wegen der hohen Spielerdichte ein Münchner Übergewicht auszumachen, wobei den Gästen zugute kam, dass die Fürther um eine Partizipation am Spiel bemüht waren und ihrerseits recht offensiv auftraten.
Durch die Kombination aus eigener Aufstellung und Fürther Ausrichtung ergaben sich für die Nagelsmann-Elf ausreichend Räume, um gefährlich zu werden. Allerdings: Müller bemängelte im Anschluss bei "DAZN", dass besagter Platz nicht vollumfänglich genutzt wurde. "Wenn ich ganz ehrlich bin, haben wir aus den Räumen im ersten Durchgang zu wenig gemacht. Das ist dann ärgerlich", erklärte der deutsche Nationalspieler und ergänzte: "Wir kommen oft in die Zwischenräume, sind aber dann oft zu schlampig und kommen nicht gut rein. Wenn der Gegner uns die Räume anbietet, müssen wir sie nutzen."
Ein kleiner Kritikpunkt, der die Tatsache, dass Nagelsmanns Umstellung Früchte trug, jedoch nur bedingt schmälerte.

Robert Lewandowski tritt als Fußballromantiker in Erscheinung

Vor der Begegnung mit Fürth drohte die nächste Bestmarke der Bayern-Ikone, die Mitte August im Alter von 75 Jahren verstorben war, zu fallen. 15 Liga-Spiele in Folge hatte Lewandowski bis dato mindestens einen Treffer beigesteuert, Müllers Serie hielt einst 16 Spiele lang. Dass Lewy beim Underdog auch diesen Rekord einstellen würde, schien unter Berücksichtigung seiner beeindruckenden Form lediglich Formsache zu sein.
Doch Lewandowski, der traditionell nach dem Größtmöglichen strebt, zeigte sich diesmal von seiner fußballromantischen Seite und ließ dem Jahrhunderstürmer seinen Eintrag im Geschichtsbuch der deutschen Beletage – wenn auch unbeabsichtigt und zähneknirschend.
Locker habe der Pole seine verpasste Bestleistung nämlich nicht weggesteckt, wie sein Coach im Nachgang auf der Pressekonferenz verriet. "Er ist sehr gierig, er möchte mehr Bälle. Heute hatte er nicht so viele Aktionen."
Nicht viele, aber genügend Aktionen: Nur Zentimeter trennten den 33-Jährigen vom neuerlichen Rekord: In der ersten Halbzeit scheiterte Lewandowski am Querbalken, beim 3:0 war nicht er, sondern Fürths Sebastian Griesbeck derjenige, der die Kugel mit der Fußspitze im Kleeblatt-Kasten unterbrachte.

Fürth spielt erfrischenden Fußball – mit Hang zum Harakiri

Normalerweise sehen sich die Bayern gegen nominell deutlich schwächere Teams mit einem betonanrührenden Kollektiv konfrontiert, das es zu knacken gilt. Normalerweise finden die Bayern die nötigen Mittel, um dies zu bewerkstelligen. Das sieht dann nicht immer zwangsweise schön aus, ist aber erfolgreich.
Fürth dachte allerdings gar nicht daran, den Betonmischer anzuschmeißen, stattdessen kickten die Jungs von Trainer Stefan Leitl munter mit und versuchten, den überlegegen Gegner mit hohem Anlaufen aus der Fassung zu bringen. Ein ums andere Mal ging die Taktik auf, Manuel Neuer drosch beispielsweise einen Rückpass unter tosendem Applaus in die Karpaten, auch Upamecano ließ sich mitunter zu einem Fehlpass im Aufbau hinreißen.
Zudem wusste Fürth auch bei eigenem Ballbesitz bisweilen zu gefallen, zog gepflegte Passstafetten auf. "Ich möchte meiner Mannschaft ein großes Kompliment machen. Wir haben im Vorfeld besprochen, dass wir unangenehm und aktiv sein wollen. Das ist uns gelungen", sagte Leitl nach der Partie berechtigterweise.
Allerdings war aufseiten des Underdogs auch eine gewisse Blauäugigkeit nicht von der Hand zu weisen. Beim 0:1 ließ sich das Konstrukt viel zu leicht überspielen, in der Defensive geriet Fürth nicht selten in Unterzahl. So durften sich die Münchner in der Entstehung des 2:0 in aller Seelenruhe die Kugel am Kleeblatt-Strafraum zuschieben, ehe Kimmich maßgenau vollendete.
"Wenn sie so auftreten wie heute, werden sie noch einige Punkte holen", prophezeite Nagelsmann mit Blick auf die Fürther Chancen auf den Klassenerhalt. Das mag stimmen, allerdings muss dafür zwingend eine bessere Balance zwischen Abwehr und Angriff geschaffen werden. So attraktiv und erfrischend die Spielweise für den neutralen Zuschauer sein mag, einen gewissen Hang zum Harakiri muss man Leitl und seiner Truppe ebenfalls attestieren. Auf Dauer wird das im Oberhaus nicht gutgehen.
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