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FC Bayern München stellt seine Abwehr neu auf: Mit Kim und Guerreiro eine moderne Form des Catenaccio

Thomas Gaber

Update 07/07/2023 um 13:22 GMT+2 Uhr

Lucas Hernández weg, João Cancelo weg, Danny Blind weg, Benjamin Pavard wahrscheinlich weg. Im Gegenzug ist Raphaël Guerreiro schon da und Min-Jae Kim in Kürze. Zur Saison 2023/24 baut der FC Bayern München seine Abwehr um - aber nicht nur personell. Die Bayernbosse sehen Handlungsbedarf in der Defensive, der beim Blick auf die Zahlen der letzen drei Jahre auch dringend erforderlich ist.

Die Bayern-Verteidiger Josip Stanisic, Matthijs de Ligt und Dayot Upamecano

Fotocredit: Imago

Die Ankunft von Min-Jae Kim verzögert sich. Dabei ging der FC Bayern einen ungewöhnlichen Weg, um den 50-Millionen-Euro-Einkauf von der SSC Neapel so schnell wie möglich nach München zu holen.
Weil Kim in seinem Heimatland den Pflichtwehrdienst beim Militär ableisten muss, reisten die Ärzte des FC Bayern extra nach Südkorea, um den Medizincheck beim 26-Jährigen durchzuführen. Nach "Bild"-Informationen kam es zu zeitlichen Problemen bei der Abwicklung, laut Transferexperte Fabrizio Romano ist die Untersuchung aber mittlerweile erfolgt.
Am 13. Juli bittet Trainer Thomas Tuchel seine Spieler zu den obligatorischen Leistungstests, bevor es zwei Tage später ins Kurz-Trainingslager an den Tegernsee südlich von München geht. Tuchel rechnet bis dahin fest mit Kims Anwesenheit.
Der in Bayern-Kreisen kritisch beäugte Abgang von Lucas Hernández machte die Verpflichtung eines neuen Innenverteidigers notwendig. Im "Ausschuss Sport" der Münchner fiel die Wahl schnell auf Kim, der mit Napoli im Frühjahr die erste italienische Meisterschaft seit 1990 holte.

Noch keine Angebote für wechselwilligen Benjamin Pavard

Ein Spieler geht, ein Ersatz kommt. Doch mit dieser einfachen Rechnung ist es in diesem Transfersommer nicht getan beim FC Bayern. Min-Jae Kim ist das wichtigste Puzzleteil einer kleinen Revolution in der Abwehr des deutschen Rekordmeisters.
Neben Hernández haben auch die Leihspieler João Cancelo und Danny Blind den Verein nach einem halben Jahr wieder verlassen, zudem pocht Benjamin Pavard auf einen Wechsel. Die Bayern wären bei einem entsprechenden Angebot verhandlungsbereit, bislang gibt es jedoch keine konkreten Anfragen für den 27-Jährigen. Bouna Sarr darf ebenfalls gehen, die Interessenten stehen aber auch hier nicht gerade Schlange.
Neben Kim kommt mit Raphaël Guerreiro ein vielseitig einsetzbarer Spieler, der beim BVB aber überwiegend auf der Linksverteidigerposition eingesetzt wurde und den Dortmunds Trainer Edin Terzic aufgrund seiner technischen Qualitäten, seiner Spielintelligenz und seines Offensivdrangs sehr geschätzt hat.

Gegentorflut in der Bundesliga seit 2020

Über viele Jahre bildete ein französischer Block die Abwehr des FC Bayern. Ob der Trainer Niko Kovac, Hansi Flick, Julian Nagelsmann oder Thomas Tuchel hieß - Hernández, Pavard und Dayot Upamecano gehörten - ihre körperliche Fitness vorausgesetzt - überwiegend zum Stammpersonal.
Doch ein Blick in die Statistik verrät, dass sich die Defensive des FC Bayern in den letzten drei Jahren deutlich verschlechtert hat. Zwischen 2011 und 2020 kassierten die Münchner in der Bundesliga nie mehr als 32 Gegentore, im Schnitt 22,5. Zwischen 2020 und 2023 waren es durchschnittlich fast 40 Gegentreffer.
Den Abwehrspielern die Schuld für die Gegentorflut in die Schuhe zu schieben, greift zu kurz. Defensivarbeit beginnt vorne, für Stabilität sind die defensiven Mittelfeldspieler mitverantwortlich. Doch die Anzahl der individuellen Fehler unter den reinen Abwehrspielern hat sich ebenfalls fast verdoppelt.
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Bayerns Franzosen-Duo auf dem Sprung: Benjamin Pavard und Lucas Hernandez

Fotocredit: Getty Images

Nächster Verteidiger-Import aus der Serie A

Der FC Bayern hat inzwischen Gefallen gefunden an Verteidigern aus Italien. Mit Matthijs de Ligt, der von Juventus Turin kam, machte man in der vergangenen Saison gute Erfahrungen. Die Rettungstat des Niederländers auf der Linie im Champions-League-Achtelfinale gegen PSG gehört in jeden Jahresrückblick.
Mit Kim verstärkt der nächste Serie-A-Import die Abwehr. Es darf also ein bisschen mehr Catenaccio sein beim FC Bayern, aber in einer modernen Form. Kim bringt eine Fähigkeit mit, die zuletzt schmerzlich vermisst wurde. Er kann das Spiel aus der letzten Linie heraus gestalten und so zu einem geordneten Aufbau beitragen.
Kim spielte laut "kicker" von allen Akteuren der Top-5-Ligen die meisten Vorwärtspässe (1057). "Er ist im Moment der beste Innenverteidiger der Welt. Er macht pro Spiel mindestens 20 unglaubliche Dinge. Wenn er mit dem Ball am Fuß losläuft, ist er innerhalb von fünf Sekunden im gegnerischen Strafraum. Er ist unglaublich, immer aggressiv", adelte Neapels Trainer Luciano Spalletti den Südkoreaner.
Da Tuchel die Viererkette bevorzugt - seit seinem Amtsantritt bei Bayern ließ er nur beim 1:3 in Mainz mit einer Dreierkette verteidigen - duellieren sich Kim, de Ligt und Upamecano und die beiden Plätze in der Abwehrzentrale.

Raphaël Guerreiro macht Alphonso Davies Dampf

Doch nicht nur dort tut sich was. Mit Guerreiro bekommt Alphonso Davies harte Konkurrenz auf links. Der Kanadier ist in seiner Entwicklung etwas stehen geblieben und hatte in den letzten zwei Jahren vermehrt mit Verletzungen zu kämpfen.
Guerreiro kommt aus Dortmund mit der Empfehlung von sechs Toren und 14 Torvorlagen in 36 Pflichtspielen und ist wie Kim ein Gestalter. "Ich habe sehr gerne den Ball am Fuß. Es geht darum, das Spiel zu dominieren. Deshalb bin ich zu Bayern gekommen", sagte der Portugiese.
Auf rechts spricht im Falle von Pavards Abgang viel für Noussair Mazraoui. Der Marokkaner fiel nach einer starken WM wegen einer Herzmuskelentzündung zwei Monate aus, spielte sich aber im Saisonendspurt auf der Rechtsverteidigerposition fest. Josip Stanisic zeigte vor allem gegen PSG und Kylian Mbappé seine Qualitäten, kam jedoch nicht über sporadische Einsätze hinaus. Die Bayern erwarten vom 23-Jährigen (endlich) den entscheidenden Schritt in seiner Entwicklung.
Mit verändertem Personal und einer neuen Ausrichtung mit viel fußballerischer Qualität versucht der FC Bayern, wieder mehr defensive Stabilität zurückzugewinnen.
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