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FC bayern München - Uli Hoeneß spricht Thomas Tuchel die Talenteförderung ab: Meilenweit an der Realität vorbei

Thomas Gaber

Update 29/04/2024 um 10:51 GMT+2 Uhr

Nach dem harten Vorwurf von Uli Hoeneß, er zeige nicht die nötige Bereitschaft, junge Talente zu entwickeln und wolle stattdessen viel Geld für Neuzugänge ausgeben, fühlte sich Thomas Tuchel in seiner Trainerehre verletzt. Der Coach des FC Bayern verwies umgehend auf 15 Jahre erfolgreiche Arbeit bei der Nachwuchsförderung. Steckt in der Kritik des Bayern-Patrons ein Fünkchen Wahrheit?

Tuchel zu Hoeneß-Kritik: "Gibt keinen schlechteren Zeitpunkt ..."

"Ich mache Thomas Tuchel keinen Vorwurf, er war häufiger bei mir zum Abendessen am Tegernsee, ich verstehe mich sehr gut mit ihm. Aber er hat eine andere Einstellung. Er meint nicht, dass er einen Davies, Pavlovic oder Musiala verbessern kann. Wenn es nicht klappt, sollte man einen anderen kaufen. Ich meine, man sollte hart an ihnen arbeiten und ihnen Selbstvertrauen geben.“
Rumms! Mit seinem verbalen Rundumschlag hat Uli Hoeneß ein kleines Erdbeben beim FC Bayern ausgelöst. Der Ehrenpräsident bekam mächtig Gegenwind von allen Seiten, während Tuchel und Sportvorstand Max Eberl bemüht waren, den Fokus auf das Halbfinale der Champions League gegen Real Madrid (Di., 21:00 Uhr im Liveticker) zu richten.
Bevor er 2009 beim FSV Mainz 05 seine erste Station als Trainer einer Profimannschaft antrat, war Tuchel als Nachwuchskoordinator des FC Augsburg tätig und führte später die Mainzer U19 2008 zur Vizemeisterschaft in der A-Junioren-Bundesliga.
Tuchel verfügt folglich über reichlich Erfahrung, mit jungen Spielern zusammenzuarbeiten. Macht ihn das gleich zu einem Talentförderer oder hat Hoeneß da einen wunden Punkt getroffen? Ein Blick auf Tuchels Wirken - von Mainz bis Bayern.

FSV Mainz 05 (2009 - 2014)

In den sozialen Medien ging ein Video aus dem Jahr 2012 viral, dass Tuchel im Training in Mainz zeigt. In dem 28-Sekunden-Clip nimmt er Stürmer Shawn Parker, damals 19 Jahre alt, auseinander.
"Shawn, nach welchen Ideen spielst du Fußball? Du kommst ins Training und machst nur, was du willst. Es ist kein einziger Ball dabei für unser Spiel. Es ist nur dein eigenes Spiel. Hier noch ein Trick da noch ein Trick und da noch eine Idee - und keine einzige klappt davon. Mir steht's hier oben, ehrlich", schimpfte Tuchel.
In den ersten zwölf Saisonspielen war Sturmtalent Parker komplett außen vor, brachte es dann aber auf immerhin drei Tore und drei Assists in 16 Partien. Sein Weg führte ihn über Mainz, Augsburg und Nürnberg zu Greuther Fürth, wo er 2020 seine Karriere beendete.
Im Fall Shawn Parker hat Tuchel vergeblich auf den Durchbruch gewartet. Bei einer ganzen Reihe anderer Talente war er erfolgreicher. Unter Tuchel mischten die Bruchweg-Boys Lewis Holtby, Adam Szalai und Andre Schürrle die Bundesliga auf. Weitere Debütanten waren Torhüter Loris Karius, Julian Baumgartlinger, Niko Bungert und Jan Kirchhoff.
Schürrle spielte später für Leverkusen und Dortmund und bereitete im WM-Finale 2014 den Siegtreffer von Mario Götze vor. Kirchhoff durfte sogar das Trikot des FC Bayern tragen.
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Bruchweg Boys: Andre Schürrle (M.) und Lewis Holtby

Fotocredit: Getty Images

Borussia Dortmund (2015 - 2017)

Als Tuchel in Dortmund anfing, wurde erstmal im großen Stil ausgemistet. Ciro Immobile, Kevin Kampl, Jonas Hofmann verließen den Verein, der BVB erwirtschaftete einen Transferüberschuss von 22,5 Millionen Euro.
Neben Gonzalo Castro wurde für 2,5 Mio. Euro ein vielversprechendes Talent von 1860 München verpflichtet: Julian Weigl. Der damals 19-Jährige schlug voll ein und war auf der Sechserposition des BVB als Taktgeber im Spielaufbau gesetzt. Tuchel war ein großer Förderer von Weigl, trieb ihn zu Topleistungen an und machte ihn zum Nationalspieler.
Bei Christian Pulisic, den Tuchel 2015 aus der U19 des BVB zu den Profis holte, hatte er ebenfalls ein goldenes Händchen. Dem FC Chelsea war der US-Amerikaner 2019 64 Mio. Euro Ablöse wert.
Im Sommer 2016 kam mit Ousmane Dembélé das zum damaligen Zeitpunkt größte Versprechen des europäischen Fußballs nach Dortmund - für 35 Mio. Euro. Tuchel stellte den 18-Jährigen gleich im ersten Spiel in die Startelf. Dembélé hatte in 49 Partien 31 Torbeteiligungen. Diese Quote erreichte der Franzose bei keinem anderen Trainer.
Der BVB machte mit Dembélé ein riesen Geschäft. Der FC Barcelona bezahlte im Sommer 2017 135 Mio. Euro. Weniger Erfolg hatte Tuchel bei Emre Mor, Alexander Isak und Mikel Merino.
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Party in Dortmund: Thomas Tuchel (li.) und Ousmané Dembelé

Fotocredit: Getty Images

Paris Saint-Germain (2018 - Dez. 2020)

Tuchels Ankunft wurde überlagert von der von Kylian Mbappé. 180 Mio. Euro ließ sich PSG den frisch gebackenen Weltmeister kosten. Zudem füllten sechs Spieler von PSG B den Kader der ersten Mannschaft auf.
Dazu gehörte mit Moussa Diaby einer, der in seiner ersten Saison gleich 34 Pflichtspiele absolvierte. Auch Christopher Nkunku schaffte unter den Tuchel den Durchbruch und wechselte wie Diaby (zu Leverkusen) ein Jahr später in die Bundesliga zu RB Leipzig.
2022/23 wurde Nkunku Torschützenkönig und zum besten Spieler der Saison gewählt, bevor er für 60 Millionen Euro Ablöse zum FC Chelsea ging. Mit Tanguay Nianzou (später FC Bayern) warf Tuchel außerdem einen 17-jährigen Innenverteidiger ins Profiteam.

FC Chelsea (Jan. 2021 - Sept. 2022)

Tuchel kam 2021 mitten in der Saison für den glücklosen Frank Lampard und hatte infolgedessen wenig Zeit, sich um den Nachwuchs zu kümmern.
Mit Malang Sarr und Trevoh Chalobah holte er aber immerhin zwei Spieler zu den Profis, die auch immer wieder zum Einsatz kamen. Sarr spielte Mal 20 unter Tuchel, Chalobah 30 Mal. Beide verloren nach der Entlassung von Tuchel im September 2022 etwas den Anschluss, inzwischen ist Chalobah unter Mauricio Pochettino wieder in der ersten Elf zu finden.
Mit Mason Mount stand ein Spieler aus der Chelsea-Akademie in der Startelf des siegreichen Champions-League-Finals 2021 gegen Manchester City (21).

FC Bayern München (seit März 2023)

Hoeneß nannte in seiner Kritik konkret drei Namen: Alphonso Davies, Jamal Musiala und Aleksandar Pavlovic. Bei Davies mag er Recht haben, doch der Kanadier ist in seiner Entwicklung schon 2021 stehen geblieben. Der Vertragspoker (Bayern oder Real Madrid) war sicherlich nicht förderlich für Davies' dürftige Darbietungen in dieser Saison.
Pavlovic gehört seit Oktober 2023 zum festen Bestandteil des Bayern-Kaders und hatte zwischendurch sogar einen Stammplatz inne. Der 19-Jährige steht mittlerweile bei 18 Pflichtspieleinsätzen und wurde von Bundestrainer Julian Nagelsmann schon in die deutsche Nationalmannschaft eingeladen.
Frans Krätzig und Lovro Zvonarek debütierten ebenfalls unter Tuchel bei den Profis.
"Meilenweit an der Realität" vorbei seien die Worte von Uli Hoeneß gewesen, hatte Tuchel bei "Sky" gesagt. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Tuchel hat in Dortmund, Paris, London und München teure Stars bekommen (Dembélé, Mbappé, Romelu Lukaku, Harry Kane). Doch keiner dieser Transfers wurde getätigt, weil Tuchel sich der Talenteförderung verweigerte.
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