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FC Bayern München trennt sich am Saisonende von Trainer Thomas Tuchel: Zum x-ten Mal verzockt

Thomas Gaber

Update 22/02/2024 um 07:44 GMT+1 Uhr

Die zum Saisonende vollzogene Trennung von Trainer Thomas Tuchel reiht sich ein in eine lange Liste an Fehlentwicklungen beim FC Bayern seit der Amtszeit von Starcoach Pep Guardiola. In siebeneinhalb Jahren verschliss der Verein fünf Trainer und stürzte sich mitunter kopfüber ins Chaos. Mit dem Tuchel-Aus soll eine sportliche Neuausrichtung einhergehen. Die ist auch bitter nötig.

FC Bayern trennt sich von Trainer Tuchel: Aus zum Saisonende

Nun also doch. Der FC Bayern München trennt sich von Thomas Tuchel. Eine Entscheidung, die vielleicht smarter aussieht, weil sie nicht sofort vollzogen wird. Am Status einer De-facto-Trainerentlassung ändert aber auch die zeitliche Verzögerung am Saisonende nichts.
Am 18. Mai, dem letzten Bundesligaspieltag der Saison 2023/24, endet Tuchels Zeit in München. Es sei denn, er schafft den Einzug ins Champions-League-Finale am 1. Juni in Istanbul, doch daran glauben angesichts des Ist-Zustands der Mannschaft nicht mal die kühnsten Optimisten.
Das Tuchel-Aus, beschlossen nach nicht einmal elf Monaten im Amt, reiht sich ein in eine lange Liste an Fehlentwicklungen und Irrtümern in der Entscheidungsfindung beim FC Bayern seit dem Ende des kurzen Pep-Guardiola-Zeitalters in München im Jahr 2016.
In den letzten siebeneinhalb Jahren sind vier Trainer in München gescheitert: Carlo Ancelotti, Niko Kovac, Julian Nagelsmann und Thomas Tuchel. Paradoxerweise haben alle die Meisterschaft geholt, Kovac 2018 sogar das Double. Retrospektiv bleiben aber überwiegend sportlicher Misserfolg und verhängnisvolle Randgeschichten hängen.

Kovacs Müller-Demontage und Nagelsmann verhängnisvoller Skiurlaub

Ancelotti ließ die Bayernspieler in den Augen der Klubbosse an einer deutlich zu langen Leine. Dessen Fitnesstrainer Giovanni Mauri wurde vom damaligen Sportdirektor Hasan Salihamidzic zusammengestaucht, weil er angeblich in der Kabine rauchte.
Kovac ließ sich zu einer blasphemischen Bemerkung hinreißen, als er die Bedeutung von Ur-Bayer und Fan-Liebling Thomas Müller ins Lächerliche zog. O-Ton Kovac: "Wenn Not am Mann ist, wird Thomas schon seine Minuten bekommen."
Nagelsmann stolperte im März 2023 über seinen Ski-Kurzurlaub nach einer 1:2-Niederlage in Leverkusen. Bei ihrer Begründung und der Erklärung der zeitlichen Abfolge der Entlassung redete sich das damalige Führungsduo aus Oliver Kahn und Salihamidzic um Kopf und Kragen.
Zwei Monate später traf es die beiden selbst - quasi zeitgleich mit dem Meistertreffer von Jamal Musiala in Köln und gefolgt von einer öffentlich ausgetragenen Schlammschlacht zwischen Kahn und Klub-Präsident Herbert Hainer.
Nicht mal Erfolgscoach Hansi Flick, der dem Verein in den Jahren 2020 und 2021 das historische Sextuple bescherte, ging im Guten. Nach einer monatelangen persönlichen Fehde mit Flick hatte Salihamidzic den Trainer in die Hände des DFB getrieben.

Sogar Tuchel-Freund Hoeneß grätscht dazwischen

Und was bleibt von der "Ära" Thomas Tuchel? Regelmäßige unerklärliche Leistungseinbrüche der Mannschaft, unerfüllte Transferwünsche (Holding Six, Rechtsverteidiger) über mehrere Wechselperioden hinweg, garniert mit gegensätzlichen Ansichten von Trainer und Klubführung über die Transferpolitik.
Zudem eine schleichende Demontage von Führungsspielern wie Müller, Joshua Kimmich oder Matthijs de Ligt, unnötige verbale Scharmützel mit TV-Experten (Tuchel vs. Hamann) und schlussendlich Tuchels Verstrickung in Aussagen über "Murphy's Law" und "Exprected Goals".
Ach ja, zwischendurch schoss auch noch Bayern-Patron Uli Hoeneß, ein erklärter Tuchel-Fan, in einem "RTL"-Interview öffentlich quer, als er die unterschiedliche Auffassung über die Kaderzusammenzustellung als "gefundenes Fressen für die Medien" und die Äußerungen der Beteiligten, "inklusive des Trainers" als "unklug" bezeichnete, weil "ich nicht mein eigenes Team schlecht aussehen lasse, indem ich sage, wir sind zu dünn besetzt".
Elf Monate nach dem Rauswurf von Nagelsmann mit Kahn und Salihamidzic an der Macht steht der FC Bayern mit Tuchel, Vorstandschef Jan-Christian Dreesen, Hainer und Sportdirektor Christoph Freund keinen Deut besser da.
Tuchel hat das Haltbarkeitsdatum seines Vorgängers noch einmal um ein paar Monate unterschritten. Der zeitliche Aufschub seiner Entlassung ist wohl auch dem Mangel an kurzfristigen Alternativen geschuldet.

Sportliche Neuausrichtung: Eberl kommt Schlüsselrolle zu

In der Presseerklärung zum Tuchel-Aus wird Dreesen mit dem Satz zitiert: "Unser Ziel ist es, mit der Saison 2024/25 eine sportliche Neuausrichtung mit einem neuen Trainer vorzunehmen." Neue Trainer sind in den letzten acht Jahren viele gekommen. Diesmal gibt es jedoch einen entscheidenden Unterschied: Der Verein plant den sportlichen Restart.
Was das im Detail (z. B. Kaderumbruch) bedeutet, wird sich in den nächsten Wochen und Monaten erst noch zeigen. Dem neuen Sportvorstand Max Eberl, der seinen Dienst am 1. März antreten wird, kommt dabei eine Schlüsselrolle zu.
Der FC Bayern zieht aus den zahlreichen Fehltritten in den vergangenen acht Jahren jedenfalls die richtigen Schlüsse. Ein "Weiter so" bringt nichts und der erneute Trainerwechsel kann nur ein Teil der Lösung sein.
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Fans reagieren auf Tuchel-Aus: "Wechseln Trainer wie Unterhosen"

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