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FC Bayern München nach der Entzauberung in Manchester: Ist der Kader des Rekordmeisters zu limitiert?

Tobias Laure

Update 12/04/2023 um 19:00 GMT+2 Uhr

Der FC Bayern wurde von Manchester City in einer Art und Weise demontiert, wie es die Münchner knapp neun Jahre lang nicht erlebt haben - zumindest im Hinblick auf das Resultat. Das 0:3 legt den Verdacht nahe, dass der hochgelobte und auf den ersten Blick exquisit besetzte Kader doch nicht so erlesen ist, wie man an der Säbener Straße glaubt. Die Anzeichen dafür werden Woche für Woche deutlicher.

Halbfinale trotz Debakel gegen City? So reagiert Tuchel

Der Kreis schließt sich kurioserweise mit Pep Guardiola.
Der City-Coach brachte die Bayern an den Rand der höchsten Champions-League-Niederlage. Ein Tor nur hat gefehlt, dann hätte Guardiola jenen Negativrekord eingestellt, den er einst selbst zu verantworten hatte. Am 28. April 2014 kassierte er als Trainer der Münchner eine 0:4-Pleite bei Real Madrid.
Damals wie heute ein sportliches Fiasko für den deutschen Rekordmeister. Wenn man das Ergebnis "isoliert" betrachte, dann "scheint es unmöglich", das Halbfinale noch zu erreichen, räumte Thomas Tuchel ein.
Der neue Mann an der Seitenlinie der Bayern legte aber wert auf das Wörtchen "scheint" - und tatsächlich wäre es eine Bankrotterklärung, bereits vor dem Rückspiel (19.4. ab 21:00 Uhr im Ticker) die weiße Fahne zu hissen.

Bayern wie einst Liverpool? Eher nicht ...

Jürgen Klopp drehte mit Liverpool in der Saison 2018/2019 ein 0:3 gegen den FC Barcelona und sorgte mit seiner Mannschaft durch ein 4:0 im Rückspiel für das Wunder von Anfield.
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Goretzka bringt's auf den Punkt: "Miserable Ausgangsposition"

Nur: Ist den Bayern ein solcher Coup bei aktuellem Kader und derzeitiger Form zuzutrauen? Man muss wenig Widerspruch fürchten, wenn man die Frage mit einem klaren Nein beantwortet.
Folgt man Tuchels Analyse, der seine Auswahl beim 0:3 im Etihad Stadium dermaßen stark erlebte, dass er sich spontan "schockverliebte" in seine Kicker, werden die Probleme umso auffälliger. Wenn der FCB trotz guter Vorstellung so kläglich eingeht, kann der Kader höchsten europäischen Ansprüchen nicht genügen.

Großbaustelle im Angriff - Bayern fehlt der Neuner

Das fängt schon auf der Position an, die im Fußball mehr als alle anderen im Fokus steht: der des Mittelstürmers. Die Rolle ist bei Bayern an den 34-jährigen Eric Maxim Choupo-Moting vergeben. Kein Wunderstürmer, aber einer, der liefert, wie es so schön heißt im Fußball-Sprech. Und sonst? Ist da der junge Mathys Tel. Gute Ansätze, aber mit 17 Jahren noch lange nicht bereit für höchste Weihen.
Tuchel musste sich in Manchester aber gar nicht erst Gedanken machen um die beiden zentralen Angreifer, denn Choupo-Moting fiel mit Knieproblemen aus, Tel erholt sich von einem Muskelfaserriss. Beide mussten die Partie von zuhause verfolgen.
Also war wieder Stürmer-Roulette angesagt. Der formschwache Serge Gnabry, der hadernde Sadio Mané, der Wühler Thomas Müller, die Flügelmänner Leroy Sané und Kingsley Coman.
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Pokal-Aus und Pleite gegen City: Kimmich analysiert Bayern-Lage

Wohlklingende Namen allesamt, aber halt kein gelernter Mittelstürmer, kein Brecher für die Neun. Der stand auf der anderen Seite, hieß Erling Braut Haaland - und steuerte einen wunderbaren Assist und ein Tor zum City-Sieg bei.

Gomez lobt "Killer" Haaland

Der klassische Mittelstürmer mag nicht der letzte Schrei moderner Fußball-Systeme sein, das Beispiel Manchester aber zeigt, dass er auch in einer ballbesitzorientierten und spielstarken Mannschaft wie Manchester unverzichtbar ist. Guardiola habe mit Haaland "vorne einen Killer, der auch noch wunderbare Flanken schlägt", lobte der ehemalige Nationalspieler Mario Gomez bei "Sky".
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Erling Haaland feiert das 3:0 gegen den FC Bayern München

Fotocredit: Getty Images

Ein Vollstrecker dieser Gewichtsklasse fehlt den Bayern eindeutig. Das zeigte sich auch in den beiden Partien gegen den SC Freiburg. Sowohl bei der 1:2-Niederlage im Pokal als auch beim 1:0-Erfolg in der Liga tat sich der FCB extrem schwer, vorne die nötige Wucht zu entwickeln. Das war gegen City nicht anders, wenngleich der emsige Sané Manchesters überragenden Schlussmann Ederson mehrfach prüfte.
Tuchel hat, Viertelfinal-Demütigung hin oder her, natürlich einen großartigen Kader. Spieler wie Jamal Musiala oder die defensiven Mittelfeldstars Joshua Kimmich und Leon Goretzka sind weltklasse. Aber es ist eine Binsenweisheit, dass die Luft sehr dünn wird in der Crunchtime der Königsklasse. Nuancen entscheiden.

Bayerns junge Abwehr: Klasse mit Manko

Eine solche Feinheit wirkte sich gegen City drastisch aus. Mit Matthis de Ligt (23 Jahre) und Dayot Upamecano (24) bot Bayern eine Innenverteidigung auf, der es bei aller Klasse ein wenig an Erfahrung fehlt. "Wir haben eine sehr junge Innenverteidigung", gab Tuchel zu. Gerade Upamecano, dem ein fürchterlicher Schnitzer vor dem 0:2 unterlief, werde "daraus lernen".
Sowohl de Ligt als auch der Franzose gehörten zuletzt zu den besten Bayern-Akteuren. Citys Dreierkette um Nathan Aké (28), Rúben Dias (25) und Manuel Akanji (27) bringt allerdings schon qua Alter ein wenig mehr Erfahrung mit, dazu arbeitete der zumindest theoretisch weiter nach vorne gezogene Verteidiger John Stones (28) super nach hinten mit.
Die Fehlerquote der Manchester-Abwehr bewegte sich im Unterschied zu jener der Bayern nahe Null. Ein erheblicher Faktor, weshalb Tuchel im viertem Spiel als Bayern-Trainer die zweite Niederlage hinnehmen musste.

Hat Bayern einen Topkader? Ja, aber ...

An Yann Sommer, dem mitunter seine für Torwart-Verhältnisse geringe Körpergröße von 1,83 m zum Vorwurf gemacht wird, lag es indes nicht, dass nach den Münchnern nach dem DFB-Pokal auch in der Champions League die Felle davonschwimmen zu drohen. Es ist eine müßige Debatte, ob es dem verletzten Manuel Neuer mit seinen 1,93 m gelungen wäre, Rodris Schuss beim 1:0 doch noch aus dem Winkel zu kratzen.
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Traumtor gegen Bayern! Rodri über seinen ersten CL-Treffer

Die Kritik an und das Gejammer um den Bayern-Kader findet auf sehr hohem Niveau statt, es sind kleine Stellschrauben, an den der Klub drehen muss.
Es ist nicht vermessen, wenn der Vorstandsvorsitzende Oliver Kahn von "einem der besten Kader in Europa" spricht. Mit der Einschränkung, dass dieses "einer der Besten" bedeutet, dass die Trauben im Viertelfinale der Königsklasse aller Voraussicht nach etwas zu hoch hängen.
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