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Mandy Islacker vom 1. FC Köln im Exklusiv-Interview: "Es spielen nur noch große Namen ganz oben mit"

Andreas Morbach

Update 08/03/2022 um 11:47 GMT+1 Uhr

Mandy Islacker hat in ihrer Karriere alles erreicht: Olympiasiegerin, zweifache Bundesliga-Torschützenkönigin, Matchwinnerin im Champions-League-Finale. 2020 wechselte die Angreiferin vom FC Bayern München zum 1. FC Köln. Im exklusiven Interview mit Eurosport spricht die 33-Jährige über ihre familiären Fußballvorbilder, die Entwicklung in der Frauen-Bundesliga sowie ihre eigene sportliche Zukunft.

Mandy Islacker

Fotocredit: Imago

2016 in Rio de Janeiro wurde Mandy Islacker mit der deutschen Frauen-Nationalmannschaft Olympiasiegerin. Ein Jahr zuvor gewann sie mit dem 1. FFC Frankfurt die Champions League, 2016 und 2017 krönte sich die Angreiferin zur Torschützenkönigin der Frauen-Bundesliga.
2020 wechselte Islacker dann vom FC Bayern München zum 1. FC Köln. In der laufenden Saison erzielte sie in elf Ligaspielen fünf Treffer und steht mit dem Effzeh im gesicherten Mittelfeld.
Im exklusiven Interview mit Eurosport sprach die Stürmerin über ihren familiären Hintergrund, die Entwicklung der Frauen-Bundesliga und den Unterschied zwischen Männer- und Frauenfußball.
Das Interview führte Andreas Morbach
Frau Islacker, Ihr Großvater Franz wurde in den 1950er-Jahren mit Rot-Weiss Essen deutscher Meister und Pokalsieger, auch Ihr Vater Frank war ein erfolgreicher Fußballer. Wie stark haben die beiden Ihren Weg zur eigenen Karriere geprägt?
Mandy Islacker: Lustigerweise waren wir alle drei Stürmer. Meinen Opa habe ich leider nicht mehr kennengelernt. Ich kenne ihn nur aus Erzählungen und von einem megaalten Schwarz-Weiß-Video, mit einem Zusammenschnitt von seinen drei Toren im Endspiel um die Deutsche Meisterschaft [am 26. Juni 1955, 4:3 für Essen gegen Kaiserslautern, d. Red.]. Meinen Vater habe ich auch nicht mehr spielen sehen: Er hatte nach drei Bundesligaspielen für den VfL Bochum einen Kreuzbandriss und musste seine Karriere deshalb sehr früh beenden.
Erst wollte mein Vater gar nicht, dass ich Fußball spiele. Er dachte immer: Ach, wenn die einmal hinfällt, hat sie keine Lust mehr auf Fußball. Das hat sich dann ja nicht bestätigt. Und seitdem hat er mich immer voll unterstützt.
Inzwischen sind Sie Teil einer Entwicklung, in der sich immer mehr etablierte Fußballklubs aus dem Männerbereich auch bei den Frauen engagieren. Wie haben Sie diesen Trend in Ihren Jahren in Duisburg, Essen, München, Frankfurt und jetzt in Köln erlebt?
Islacker: Ich finde es schön, dass immer mehr Vereine mit einem starken Männer-Team nachziehen und die Frauen unterstützen. Das ist eine erfreuliche Entwicklung. In Klubs, in denen es auch eine Männer-Mannschaft gibt, wird es durch die Frauen noch einmal sehr familiär – und die Frauen profitieren von den bereits vorhandenen Strukturen. Die Bundesliga und die deutsche Frauen-Nationalmannschaft waren in der Vergangenheit sehr erfolgreich. Und ich hoffe, dass wir das zukünftig weiter steigern können.
Trafen die Strukturunterschiede auch auf den 1. FFC Frankfurt zu? Für diesen Verein, der lange Zeit als das Nonplusultra im nationalen Frauenfußball galt und sich im Juli 2020 Eintracht Frankfurt anschloss, haben sie von 2014 bis 2017 gespielt.
Islacker: Klar, Frankfurt war damals extrem erfolgreich. Ich denke aber, dass es für Vereine, bei denen es kein Männer-Team gibt, schon schwer ist, das finanziell zu stemmen, um vergleichbare Bedingungen wie in einem Männerverein bieten zu können. In Frankfurt haben wir auch zwei Mal am Tag trainiert. Aber insgesamt sind die Voraussetzungen bei Männervereinen doch in der Regel noch mal ein Stück besser.
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Islacker: "BVB und Schalke würden der Frauen-Bundesliga gut tun"

Als Frankfurt 2015 letztmals die Champions League gewann, schossen Sie im Finale gegen Paris Saint-Germain das entscheidende Tor. Der langjährige FFC-Manager Siegfried Dietrich orakelte, so einen Erfolg werde ein reiner Frauenfußballklub nie wieder erreichen. Hatten Sie damals auch das Gefühl, einen sporthistorischen Abend zu erleben?
Islacker: Es ist immer etwas Schönes, ein Champions-League-Finale zu gewinnen, egal mit welcher Mannschaft. Aber klar: Frankfurt als reiner Frauenfußballklub mit diesem Titel – das war schon was. Auch wenn ich mir darüber, ehrlich gesagt, damals noch keine Gedanken gemacht habe. Aber mittlerweile hat sich die Vermutung von Siegfried Dietrich ja irgendwo bestätigt. Es spielen nur noch große Namen ganz oben mit, auch bei den Frauen.
Zwei große Namen im nationalen Männerfußball, Schalke 04 und Borussia Dortmund, haben mit ihren Frauen-Teams 2020 beziehungsweise 2021 in der Kreisliga B angefangen. Wie gefällt Ihnen diese Variante?
Islacker: Ich finde es gut, dass die beiden Klubs das machen und überhaupt erst mal eine Frauen-Mannschaft auf die Beine stellen. Gerade in der Lage von Schalke, für die das momentan als Zweitligist ja nicht so einfach ist.
Der BVB erklärte gemäß seinem Selbstverständnis, die Frauen sollten nach zehn Jahren möglichst den Aufstieg in die Bundesliga geschafft haben.
Islacker: (lacht) Das wäre natürlich schön. Das wird sich in den nächsten Jahren herauskristallisieren. Aber ich glaube schon, dass Dortmund irgendwann in die oberen Ligen aufsteigen wird. Sowohl der BVB als auch Schalke haben einen großen Namen – und beide Vereine würden der Frauen-Bundesliga irgendwann guttun.

Islacker: "Hier entsteht etwas"

Wie kommt es eigentlich, dass so viele Spielerinnen vom aktuellen Bundesliga-Spitzenreiter Bayern München zum 1. FC Köln wechseln oder dorthin entliehen werden? Spielen Sie dabei etwa eine tragende Rolle?
Islacker: (lacht laut) Da waren eher andere ausschlaggebend. Klar, mit Kristin Demann, die im Winter zu uns kam, hatte ich Kontakt. Natürlich haben wir uns ausgetauscht. Aber ich glaube, dass sie nach Köln gekommen ist, ist nicht mein Verdienst. Sondern das Verdienst vom 1. FC Köln. Weil die Spielerinnen sehen, dass hier etwas entsteht.
Im Dezember haben Sie Ihren Vertrag beim FC bis 2023 verlängert. Sie sind dann knapp 35. Haben Sie für die Zeit nach Ihrer Karriere das Ziel, einen ähnlichen Weg wie Siegfried Dietrich einzuschlagen?
Islacker: Ich arbeite nebenbei gerade schon bei einem Rechtsanwalt. Dort gefällt es mir sehr gut, aber ich würde nach meiner aktiven Zeit schon gerne im Fußball bleiben. Irgendwas im Büro, vielleicht sogar als Teammanagerin arbeiten. Das wäre ein Bereich, der mir Spaß machen würde.
Sind Sie, als immerhin zweimalige Torschützenkönigin der Bundesliga und mit der Erfahrung von 25 Länderspielen ausgestattet, denn so ehrgeizig, um zu sagen: Da muss es dann aber mindestens die zweite Liga sein?
Islacker: Ach ja, natürlich wäre das schön, wenn es bei einem tollen Verein in einer ambitionierten Liga klappen würde. Aber in diesem Bereich ist es schwer, überhaupt etwas zu bekommen. Denn die Topvereine sind da immer gut besetzt.
In den USA hat Megan Rapinoe im Fußball gerade das "Equal Pay", die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern, erreicht. Halten Sie das in Deutschland auch irgendwann für möglich?
Islacker: Ich finde, man kann Männer- und Frauenfußball nicht eins zu eins vergleichen. Im Männerbereich gibt es ganz andere Einschaltquoten, ein ganz anderes Niveau bei den Sponsoren. Natürlich wäre es schön, wenn alle in Deutschland in allen Vereinen gute Bedingungen hätten. Damit wäre ich schon zufrieden: Wenn ich aktuell von meinem Verdienst leben und vielleicht ein bisschen was zur Seite legen kann.
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