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Deutschland nach Final-Niederlage gegen England - Keine Zeit für Frust: Warum dem DFB-Team eine rosige Zukunft winkt

Dennis Melzer

Update 01/08/2022 um 14:36 GMT+2 Uhr

Die Enttäuschung im DFB-Lager war nach der 1:2-Finalniederlage gegen England groß. Eine Aneinanderreihung unglücklicher Umstände wie der Ausfall von Top-Torjägerin Alexandra Popp oder ein verwehrter Handelfmeter sorgten für Unmut. Doch bei allem verständlichen Frust – viel Zeit für Katerstimmung bleibt nicht. 2023 steht mit der WM das nächste große Turnier an. Warum die Zukunft rosig ist.

Voss-Tecklenburg zwischen Stolz und Hadern

Die Sekunden rannen dahin, bauten sich zu Minuten auf. Minuten, in denen die bittere Erkenntnis reifte, dass diese Niederlage nicht mehr abzuwenden sein würde. Eine gefühlte Ewigkeit spielte sich das Geschehen ausschließlich auf der linken Abwehrseite der deutschen Nationalmannschaft ab, Einwurf folgte auf Einwurf, Foul auf Foul.
Englands Fußballerinnen spielten die gesamte Klaviatur des Zeitspiels, harrten an der Eckfahne aus, wandelten selbst den leichtesten Körperkontakt clever in Freistöße um. Als Schiedsrichterin Kateryna Monzul die Partie schließlich für beendet erklärte, brachen in Wembley alle Dämme.
Die Lionesses hatten etwas geschafft, was ihren männlichen Kollegen seit nun mehr 56 Jahren verwehrt geblieben war: Einen Titel bei einem großen Turnier zu erringen. Der zweite prestigeträchtige Triumph einer englischen Fußballmannschaft. Wieder in Wembley. Wieder gegen Deutschland – so wie bei der Weltmeisterschaft 1966.
Während die Gastgeberinnen freudetaumelnd zu "Sweet Caroline" und "Just can't get Enough" tanzten, waren bei den Deutschen Tränen und versteinerte Mienen auszumachen. Pure Enttäuschung, der Pokal so nah und doch so fern. Silber statt Gold.

WM steht schon vor der Tür

Als Lena Oberdorf aufgerufen wurde, um sich die Trophäe der besten Nachwuchsspielerin des Turniers abzuholen, rang sie sich gegenüber Prinz William und UEFA-Chef Aleksander Ceferin mit wässrigen Augen ein Anstandslächeln ab.
Nachvollziehbarer Frust, der sicherlich noch ein wenig anhalten dürfte. Doch allzu viel Zeit für Missmut bleibt nicht: Schon im kommenden Jahr steht in Australien und Neuseeland mit der WM das nächste Turnier und somit die nächste Chance für diese Mannschaft an, erstmals seit 2016 (Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro) wieder einen großen Titel einzufahren.
Das Team, dem im Vorfeld nicht unbedingt die besten Chancen aufs Finale eingeräumt wurden, hat auf der Insel nachhaltig bewiesen, warum mit ihm zu rechnen ist. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg ist es gelungen, eine imposante Mixtur aus erfahrenen und jungen Spielerinnen zusammenzustellen.

Popp und Co. führen Deutschland an

Kapitänin und Superstar Alexandra Popp, die aufgrund muskulärer Probleme ausgerechnet im Endspiel passen musste, wird im kommenden Jahr 32 Jahre alt. Die WM könnte die letzte Möglichkeit für die Unvollendete sein, ihrer hochdekorierten Karriere im Dress der Nationalmannschaft die Krone aufzusetzen. Auch Ersatz-Spielführerin Svenja Huth und Dzsenifer Maroszán, die wegen eines Kreuzbandrisses veu der EM gefehlt hatte werden – Stand jetzt - in Australien und Neuseeland zu den Erfahrendsten im Kader zählen.
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Huth enttäuscht: "Haben uns leider nicht belohnt"

Drei Arrivierte, die ein qualitativ hochwertiges Team gemeinsam mit dem überragenden Abwehr-Duo Kathrin Hendrich und Marina Hegering anführen werden. Final-Torschützin Lina Magull vom FC Bayern (27) und Lyon-Star Sara Däbritz (27), die beiden Mittelfeldstrateginnen, sind im besten Fußballerinnenalter, zudem könnte mit Melanie Leupolz (27, verpasste die EM wegen Schwangerschaft) vom FC Chelsea eine etablierte Säule bei der WM wieder mit von der Partie sein.

Vielversprechende DFB-Talente

Doch nicht nur die kurz- und mitelfristige Zukunft ist gesichert, in den vergangenen Jahren wurde die Nachwuchsarbeit im deutschen Fußball noch einmal deutlich intensiviert. Das Resultat: Talentierte Spielerinnen, die schon in jungen Jahren ihre Fähigkeiten unter Beweis gestellt haben – nicht zuletzt in England.
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Lena Oberdorf

Fotocredit: Getty Images

Allen voran Abräumerin Oberdorf, die in puncto Laufleistung und Zweikampfführung für Furore sorgt. Die gebürtige Gevelsbergerin, die wie viele ihrer DFB-Kolleginnen beim VfL Wolfsburg unter Vertrag steht, spielte mit 20 Jahren eine herausragende EM, auch Klara Bühl, ebenfalls 21 Jahre alt, machte in den vergangenen Wochen auf sich aufmerksam. Ihr großes Pech: Ein positiver Coronatest setzte sie sowohl fürs Halbfinale als auch fürs Endspiel außer Gefecht.
Die Breite im Kader ließ es zu, dass der Ausfall der Bayern-Spielerin kompensiert wurde. Die pfeilschnelle Jule Brand (19) ersetzte Bühl auf Linksaußen adäquat, zudem verdienten sich Nicole Anyomi (22, Eintracht Frankfurt) und Sydney Lohmann (22, FC Bayern) und Sophia Kleinherne (22, Eintracht Frankfurt, ein Tor) erste Sporen bei einem großen Turnier.

Frust weicht Zuversicht

Mit Blick auf die Zukunft dürfte die Enttäuschung also schon bald Platz machen für Zuversicht. Stunden nach der Niederlage, als Mannschaft, Trainerteam und Funktionäre auf dem großen Bankett zusammenkamen, waren die Tränen getrocknet, es wurde Aufbruchstimmung verbreitet.
"Die einfachen Momente sind die, in denen du Erfolg hast, wenn dir alle auf die Schulter klopfen", sagte Voss-Tecklenburg auf ihrer Rede. "Die schwierigen Momente sind die, in denen man mit Enttäuschungen umgehen muss. Wir haben uns heute vorgenommen, mit dieser Enttäuschung, egal, ob gerecht oder ungerecht, zu wachsen."
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Voss-Tecklenburgs flammender Appell

Sie schloss mit einem flammenden Appell: "Ich wünsche Euch, dass man Euch auch in der Zukunft sieht, dass Ihr sichtbar bleibt. Wir haben unseren Teil sportlich und menschlich beigetragen. Wenn ich mir eines nach dieser beschissenen Niederlage wünschen darf, dann wünsche ich mir, dass wir das Herz in die Hand nehmen. DFB, Medien, Gesellschaft, Politik, Vereinsvertreter, nehmt Euer Herz in die Hand und geht mit dem Frauenfußball nach vorne. Und dann werden wir zur Weltmeisterschaft fahren und versuchen, um den Titel zu spielen."
Dem ist nichts hinzuzufügen. Möge Voss-Tecklenburg erhört werden.
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