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Gareth Bale beendet seine Karriere: Wie ein Musterschüler bei Real Madrid zum Klassenclown wurde

Dennis Melzer

Update 10/01/2023 um 14:10 GMT+1 Uhr

Real Madrid machte Gareth Bale 2013 zum damals teuersten Fußballer der Geschichte. Nach seinem Wechsel in die spanische Hauptstadt feierte der Waliser zahlreiche Titel, 2016 führte er sein geliebtes Heimatland sensationell ins EM-Halbfinale. Kurz darauf folgte der Absturz. Am Montag zog Bale einen Schlussstrich. Über einen Musterschüler, der plötzlich den Klassenclown gab.

5 Champions-League-Siege in 57 Spielen: Bales Karriere in Zahlen

Kollektive Ekstase in Weiß auf grünem Grund – zumindest fast. An einem schienen Jubel, Trubel und Heiterkeit abzuperlen. Während seine Kollegen von Real Madrid Ende Mai vergangenen Jahres den Champions-League-Titel ausgelassen feierten, verlor sich Gareth Bale in Apathie. Teilnahmslos schritt er über den Rasen, der Blick gleichermaßen starr wie leer.
Dabei hatte er nur wenige Augenblicke zuvor zum fünften Mal in seiner Karriere den begehrten Henkelpott gewonnen. Ein Kunststück, das neben ihm in der Geschichte der Königsklasse lediglich zehn weiteren Spielern gelang. Dass Bale im Konfettiregen dennoch einigermaßen deplatziert, wie ein Fremdkörper wirkte, war begründet. Er hatte schließlich nichts zum Triumph beigetragen, in jener Champions-League-Saison war er kumuliert auf lediglich sieben Einsatzminuten gekommen.
Das war mal anders, einst war Bale keine Randfigur – er war mitten im Geschehen, ein Unterschiedsspieler, der Held. 2018 beispielsweise, als er im Champions-League-Finale gegen den FC Liverpool eingewechselt wurde und seine Mannschaft binnen 20 Minuten mit einem Doppelpack im Alleingang zum Sieg schoss (3:1, d. Red.).
Oder 2014, als er in der Verlängerung des Endspiels gegen Atlético Madrid den wichtigen Treffer zum zwischenzeitlichen 2:1 beisteuerte (Endstand 4:1 n.V., d. Red.). Der Startschuss für eine ruhmreiche Zeit, die später noch drei spanische Meisterschaften, vier Klub-WM-Siege, drei UEFA-Supercups und einen Copa-del-Rey-Pokal mit Real in die Vita des Offensivmannes schreiben sollte.

Bale beendet Karriere mit 33 Jahren

Am Montag gab Bale im Alter von 33 Jahren sein sofortiges Karriereende bekannt. Eine Karriere, die verheißungsvoll in England begonnen und neben den späteren Erfolgen eben auch ihre Schattenseiten hatte.
Bale wurde beim FC Southampton ausgebildet, Tottenham Hotspur schliff den Rohdiamanten, 2013 überwies Real die damalige Rekordsumme von 100 Millionen Euro auf das Konto des Londoner Klubs. Während viele Spieler den immensen Betrag als Bürde verstanden hätten, spielte der pfeilschnelle, technisch versierte Flügelspieler einfach munter drauflos.
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Gareth Bale wurde 2014 zum ersten Mal Champions-League-Sieger

Fotocredit: Getty Images

In 44 Pflichtspielen erzielte Bale in seiner ersten Saison 22 Tore, 19 weitere Treffer bereitete er vor. Bessere Zahlen lieferte er seither zwar nie wieder, Bale blieb allerdings Leistungsträger, bildete gemeinsam mit Cristiano Ronaldo und Karim Benzema bei den Galacticos eines der gefürchtetsten Trios Eurpopas.
Bei der Europameisterschaft 2016 zeichnete Bale für den größten Erfolg der walisischen Nationalmannschaft mitverantwortlich, als er die Drachen mit drei Turniertoren bis ins Halbfinale führte. Nach der EM wurde es allerdings immer ruhiger um den Ausnahmekönner, ein schleichender Prozess des Niedergangs begann.

"Wales, Golf, Madrid - in dieser Reihenfolge"

Bale wurde regelmäßig von Verletzungen zurückgeworfen, seine vormals konstante Formkurve setzte zum Sinkflug an, die Spielzeit beim spanischen Rekordmeister nahm ab – und Bales Albereien zu. Nach der Qualifikation für die EM 2020 mit seinem Heimatland machte der Angreifer recht unverhohlen deutlich, wie es um seine Prioritäten bestellt war. Gemeinsam mit seinen Teamkollegen hielt er eine Flagge hoch, auf der die Worte "Wales, Golf, Madrid – in that order" ("Wales, Golf, Madrid – in dieser Reihenfolge", d. Red.) zu lesen waren.
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Gareth Bale und Wales feierten nach der Qualifikation für die Europameisterschaft mit der Nationalflagge: Wales. Golf. Madrid.

Fotocredit: Getty Images

Eine klare Provokation in Richtung seines Arbeitgebers, die sich auf die Worte des ehemalige Real-Stürmers Pedrag Mijatovic bezog. Der Serbe hatte kurz zuvor gesagt: "Das erste, an das er denkt, ist Wales. Dann Golf und danach erst Real Madrid." Bale erklärte seinerzeit: "Bei der Nationalmannschaft kann ich meine Sprache sprechen und fühle mich deutlich wohler."
Der erste deutliche Riss im Tischtuch. Bale reizte seinen damaligen Trainer Zinedine Zidane und die Vereinsführung in der Folge immer weiter. Im Dezember 2019 vertrieb er sich die Zeit auf der Bank während eines Ligaspiels mit der Bottle-Flip-Challenge, beim Pokal-Aus im Februar 2020 gegen Real Sociedad verließ er das Stadion noch vor Abpfiff.

Bale provoziert mit albernen Aktionen

Einige Monate später, zu Beginn der Corona-Pandemie und den daraus resultierenden Geisterspielen, zog sich Bale auf der Tribüne eine Atemschutzmaske über die Augen und stellte sich schlafend, in der darauffolgenden Partie blödelte er abermals auf den Rängen herum und funktionierte eine Rolle Verbandstape in ein Fernglas um. Der ehemalige Musterschüler war endgültig zum Klassenclown verkommen, das Verhältnis zwischen ihm und Real vergifteter denn je.
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Gareth Bale von Real Madrid albert auf der Ersatzbank herum

Fotocredit: Getty Images

Im September besagten Jahre erfolgte eine Trennung auf Zeit. Bale wechselte leihweise für eine Saison zu seinem Ex-Klub Tottenham. Bei den Lillywhites blühte er noch einmal auf, wettbewerbsübergreifend standen nach 34 Spielen 16 Tore zu Buche. Zu einer festen Verpflichtung kam es aber nicht, Bale wollte zurück nach Madrid.
"Ich denke, der Hauptgrund, warum ich dieses Jahr zu den Spurs gekommen bin, ist um Fußball zu spielen", sagte er. Ich fühle mich frisch und bereit, mein Plan ist, dass ich wieder zurückgehe. Soweit habe ich mir das überlegt." Allzu lange hielt die körperliche Frische jedoch nicht an. Zwischen September 2021 und Februar 2022 wurde Bale erst von einer Knie- und später von einer Wadenverletzung außer Gefecht gesetzt, außerdem fing er sich Corona ein und klagte über Rückenprobleme.
Seine letzte Real-Saison war ernüchternd. Vor dem eingangs skizzierten Champions-League-Finale, dessen erfolgreichen Abschluss Bale gleichgültig zur Kenntnis nahm, war er fünfmal in der Liga und – wie bereits erwähnt – zweimal (insgesamt sieben Minuten) in der Königsklasse zum Einsatz gekommen.

Eine letzte große Meisterschaft

Eine Heldengeschichte hielt das Fußballer-Leben für ihn aber doch noch bereit. Bale, der im Sommer vergangenen Jahres zum Los Angeles FC gewechselt war, markierte im Finale der Major League Soccer in der achten Minute der Nachspielzeit den Ausgleich für die Kalifornier (3:3), die später das Elfmeterschießen für sich entschieden und somit erstmals in ihrer jungen Geschichte US-amerikanischer Meister wurden.
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Verrückter MLS-Cup-Sieg: Bierdusche für Bale

Nun ist seine aktive Laufbahn, die bisweilen skurrile Züge angenommen hatte, vorüber. "Ich bin unglaublich glücklich, dass ich meinen Traum verwirklichen konnte, den Sport zu spielen, den ich liebe. Er hat mir wahrlich einige der besten Momente meines Lebens berschert", schrieb er auf Twitter.
Seinen Post bebilderte er freilich mit einem Bild, das ihn im Trikot der walisischen Nationalmannschaft zeigt. Er blieb sich also bis zum Ende treu. Wales, Golf, Madrid – in dieser Reihenfolge.
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