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Dante Bonfim Costa Santos hält bei OGC Nizza die Zeit an: Mit 40 Jahren Kapitän in Europas bester Abwehr

Tobias Laure

Update 28/10/2023 um 12:17 GMT+2 Uhr

Vor zehn Jahren holte Dante Bonfim Costa Santos mit dem FC Bayern das Triple aus Champions League, Liga und Pokal. Er war Teil des legendären Teams um Schweinsteiger, Ribéry, Robben und Kapitän Lahm. Das Quartett ist etwa im selben Alter wie Dante, aber längst im Ruhestand. Der Brasilianer aber spielt noch - mit 40 Jahren, auf höchstem Niveau, als Kapitän! Es ist eine fast unglaubliche Geschichte.

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Es ist erst ein paar Tage her, da wirbelte Dante mit seinem Handy filmend durch die Büroräume des OGC Nizza. Es gab wieder mal etwas zu feiern an der Côte d'Azur, wie so oft in den vergangenen Wochen.
In diesem Fall war es der 40. Geburtstag von Dante, dem Kapitän, dem Dauerbrenner. Die Angestellten des Klubs trugen Dante-Perücken, die Teamkollegen applaudierten, während das Geburtstagskind die Kerzen auf einer riesigen Torte ausblies.
"Manchmal braucht es keine großen Dinge, nur kleine Gesten wie diese. Das bedeutet mir so viel, das werde ich nie vergessen", freute sich der Brasilianer.
Selbst die kühnsten Optimisten in Nizza können im Sommer 2016 nicht ernsthaft damit gerechnet haben, dass der Neuzugang vom VfL Wolfsburg, der zuvor bei Bayern und Gladbach gespielt hatte, sieben Jahre später die Mannschaft mit 40 immer noch anführt. Doch genau so ist es.
Dante, der älter als sein Trainer (Francesco Farioli, 34) und sein Sportdirektor (Florent Ghisolfi, 38) ist, macht Woche für Woche mit seinen Abwehrkollegen die Schotten in der Innenverteidigung dicht - und zwar besser als jeder andere Verein in Europas Topligen.

Dante und Nizza packen die dicken Brocken

In sieben der ersten zehn Ligue-1-Partien spielte Nizza zu null, insgesamt kassierte das Team nur vier Gegentore und ist als einzige Mannschaft in der französischen Meisterschaft noch ungeschlagen.
Bemerkenswert: Gegen die dicksten Brocken der Liga hat OGC bereits gespielt und sie alle in die Knie gezwungen. 3:2 bei Paris Saint-Germain, 1:0 bei der AS Monaco, 1:0 zuhause gegen Olympique Marseille. Es ist 453 Minuten her, dass Schlussmann Marcin Bulka letztmals den Ball aus dem eigenen Netz fischen musste.
Auch am Freitagabend erwies sich Nizzas Abwehrbollwerk beim 1:0-Auswärtssieg in Clermont-Ferrand für den Gegner als unüberwindbar.
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Dante stand in allen Saisonspielen 90 Minuten auf dem Platz. Es scheint so, als ob die Uhr für den Mann aus der brasilianischen Küstenstadt Salvador langsamer tickt als für den Rest der Fußballwelt.
Die französische Sportzeitung "L'Équipe" ging dem Phänomen jüngst auf den Grund und erfuhr Erstaunliches von Dante. "Als ich klein war, zwang mich meine Mutter, wegen der Schule früh schlafen zu gehen - und sie machte mir ein bisschen Angst, indem sie mir sagte, dass ich Albträume bekomme, wenn ich zu spät ins Bett gehe", erzählte der Abwehrspieler.

Dante: "Die PlayStation rühre ich nicht einmal an"

Auch als Jugendlicher sei er schon "zwischen 21:00 und 21:30 Uhr ins Bett" gegangen. Über die Jahre habe sich diese Angewohnheit ausgezahlt. "Was den Schlaf angeht, gibt es keine Verhandlungen. Ich erlaube mir 23:00 oder 23:30 Uhr nur, um die großen Champions-League-Spiele zu sehen. Ich schaue keine Filme, Serien. Ich verschwende meine Zeit nicht dafür. Die PlayStation rühre ich nicht einmal an", betonte Dante.
"Ich weiß, wie wichtig der Schlaf ist. In meiner Karriere habe ich immer ein bisschen Alkohol getrunken, mit einem akzeptablen Pegel, aber der Schlaf hat alles ausgeglichen." Dazu habe er fortlaufend an seiner Ernährung gefeilt und daran, in welchem Rhythmus sein Körper welche Mahlzeiten benötige.
Dante ist im wahrsten Sinne des Wortes ein ausgeschlafener Profi, der seine Schwächen mit Erfahrung mehr als wettmacht. "Er war nie der Schnellste und das Alter ist nicht gerade hilfreich, aber Dante ist so clever in seinem Positionsspiel, dass man das im Grunde nicht sieht", sagt Fußball-Experte Vincent Bregevin von Eurosport in Frankreich.

Kollege Todibo staunt: "Dante sieht so alt aus wie ich"

Dante bilde "ein hervorragendes Duo in der Innenverteidigung mit Jean-Clair Todibo. Beide ergänzen sich und sind zusammen mit Torhüter Marcin Bulka der Hauptgrund dafür, dass Nizza die beste Defensive der europäischen Top-5-Ligen hat." Dante sei ohne Zweifel "einer der besten Innenverteidiger in der französischen Liga und ist wie die berühmte Flasche Wein, die mit der Zeit immer besser wird."
Todibo, 17 Jahre jünger und Dantes Partner in der Innenverteidigung, kann nur noch staunen. "Er ist 40 Jahre alt, ein Leistungsträger - und er sieht so alt aus wie ich. Ich habe großen Respekt vor Dante, das haben wir alle." So ist es fast logisch, dass der Papa der Kompanie auch die Kapitänsbinde trägt. Dante habe eine "sehr positive Einstellung, wirkt immer ruhig und schafft Gelassenheit um sich herum", hat Experte Bregevin beobachtet. Der Routinier verfüge über die "Fähigkeit, die richtigen Worte zu finden".

Gravierende Probleme bei OGC Nizza

Eine Eigenschaft, die gefragt ist in Nizza. Denn: Bei allem Erfolg gibt es eine ganze Reihe an Problemen im Verein und in der Mannschaft. Dantes Kollege Youcef Atal, ein Rechtsverteidiger, etwa sorgte jüngst für Entsetzen, in dem er den Post eines muslimischen Predigers teilte, der im Zuge des Nahost-Konflikts zu einem "schwarzen Tag für die Juden" aufrief. OGC suspendierte den 27-Jährigen daraufhin, der Ligaverband (LFP) belegte Atal mit einer Sperre von sieben Spielen.
Todibo kam zwar um eine Sperre herum, sorgte aber ebenfalls für Schlagzeilen im Hinblick auf den Israel-Gaza-Krieg. Vor dem EM-Qualifikationsspiel der Franzosen in Amsterdam gegen die Niederlande filmte eine TV-Kamera, wie der Nationalspieler während der Schweigeminute für die Opfer des Hamas-Terrors und des in Frankreich getöteten Lehrers lachte. Der Grund dafür ist zwar nicht bekannt, Todibo aber entschuldigte sich später für den Vorfall.
Ende September wiederum hatte der defensive OGC-Mittelfeldspieler Alexis Beka Beka für Bestürzung gesorgt. Der 22-Jährige hegte offenbar Selbstmord-Gedanken und war nach Angaben mehrere Medien bereits auf einer Autobahnbrücke, um möglicherweise zu springen. Rettungskräfte brachten den jungen Fußball-Profi schließlich in Sicherheit. "Wir stehen hinter ihm", teilte Vereinspräsident Jean-Pierre Rivère mit.
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Nach Selbstmorddrohung: Nizza-Coach fordert Unterstützung

Aus wirtschaftlicher Sicht kommen derweil gute Nachrichten. Das Unternehmen Ineos Holdings, Besitzer des OGC, will trotz des anvisierten Einstiegs bei Manchester United die finanziellen Aufwendungen in Nizza im geplanten Maße weiterführen. Und die sind nicht gering, so gab der Verein in den vergangenen beiden Spielzeiten mehr als 120 Millionen Euro auf dem Transfermarkt aus.

"Wenn Dante spricht, höre ich zu, passe auf"

Dante wiederum kam vor sieben Jahren für fast schon bescheidene 2,5 Millionen Euro zu den Aiglons, den Adlern. Für viele in der Mannschaft ist er Ansprechpartner für alle möglichen Themen, die den Klub bewegen. "Wenn er spricht, höre ich zu, passe auf", so Todibo. "Dante ist ein Buch für sich, er ist so erfahren."
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OGC Nizza: Dante mit den Teamkollegen Thuram und Todibo (v.l.n.r.)

Fotocredit: Imago

Kein Wunder also, dass Trainer Farioli in der Innenverteidigung auf das Duo Dante/Todibo setzt. "Nizza ist unglaublich effizient in der Verteidigung und das ist eine Qualität, die man normalerweise bei den Topteams findet", lobt Fußball-Experte Bregevin.
Dank des 1:0-Erfolgs am Freitagabend in Clermont-Ferrand grüßen die Südfranzosen vorrübergehend von der Tabellenspitze. Ihre vielleicht einzige echte Schwäche konnten sie dabei allerdings erneut nicht wirklich abstellen. "Im Angriff ist noch Luft nach oben, denn sie haben bisher nur elf Tore erzielt", mahnt Bregevin. Das ist dann ausnahmsweise mal ein Thema, auf das der großartige Dante eher wenig Einfluss hat ...
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