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Nationalmannschaft: Plötzliches Happy End für Jogi Löw?

Patrick Strasser

Update 15/11/2020 um 19:24 GMT+1 Uhr

Nach dem 3:1-Erfolg gegen die Ukraine in der Nations League in Leipzig kann auf die deutsche Nationalmannschaft und Joachim Löw ein spätes Happy End warten. Das DFB-Team blickt nicht nur aufgrund der Coronapandemie auf ein schwieriges Jahr zurück. Die Begeisterung für die Mannschaft hat nachgelassen, was man auch beim DFB spürt. Das Spiel gegen Spanien könnte eine Wende bringen.

Joachim Löw und Timo Werner

Fotocredit: Imago

Sergio Ramos, der Kapitän der Spanier, der fast so viele Tattoos wie Länderspiele hat, beschert der deutschen Nationalmannschaft eine riesige Chance. Weil Ramos seine nicht nutzte, zwei Mal. In der Partie seiner Spanier in der Schweiz verschoss der exzentrische Abwehrchef gleich zwei Elfmeter. Gladbachs Yann Sommer konnte beide Ramos-Schüsse vom Punkt parieren, es blieb somit in Basel beim 1:1.
Da die DFB-Auswahl im Parallelspiel die Ukraine durch den Doppelpack von Timo Werner und den Treffer von Leroy Sané mit 3:1 bezwingen konnte, bietet sich plötzlich eine vor Wochen noch ungeahnte, ja unvorstellbare Gelegenheit: Den Sieg in Gruppe vier der Liga A zu erringen und die Chance, neben einer Prise Selbstvertrauen mit Blick auf die EM 2021, sogar noch nach dem Nations-League-Titel zu greifen.
Wann auch immer diese Endrunde in Zeiten von Corona ausgespielt wird. Geplant ist sie im Herbst 2021. Aber Pokal ist Pokal, oder?
Okay, etwas dick ausgetragen. Dieser erst zum zweiten Mal ausgetragene und bei vielen Fans höchst umstrittene Wettbewerb hat keine Tradition, kaum Glamour und letztlich keine allzu große sportliche Relevanz. Und dennoch bietet die Nations League eine Gelegenheit zur Wiedergutmachung sowie zur Befreiung. Zwar konnte man in Leipzig erst den zweiten Erfolg im insgesamt neunten Nations-League-Spiel feiern, aber eben auch den zweiten im fünften Spiel dieser zweiten Turnier-Auflage.
Was bisher geschah: Ein 1:1 zum Auftakt gegen Spanien im September – mit viel Pech, da der Ausgleich für die Iberer in der sechsten und letzten Minute der Nachspielzeit fiel. Es folgten zwei Remis gegen die Schweiz (1:1/3:3) und zwei Erfolge gegen die Ukraine (auswärts 2:1 und nun das 3:1). Somit reist man, vor zwei Jahren sportlich als Gruppenletzter eigentlich aus der Liga A abgestiegen, plötzlich als Spitzenreiter zum Gruppenfinale nach Spanien. Dabei reicht am Dienstag in Sevilla ein Remis.

Neuer erwartet "ein Spiel auf Augenhöhe"

"Unser Anspruch ist es natürlich, nach Spanien zu fahren und zu sagen: Wir wollen das Spiel gewinnen und nicht irgendwas verteidigen", sagte Löw und erklärte: "Meine Maxime ist, wenn ich mich auf ein Spiel vorbereite, so ins Spiel zu gehen, dass man auch eine Chance auf den Sieg hat. Mal gucken, ob uns das gegen Spanien gelingt."
Es werde "ein Spiel auf Augenhöhe", bemerkte Kapitän Manuel Neuer, der mit seinem 95. DFB-Einsatz den bisherigen Rekord-Nationaltorhüter Sepp Maier einholte. Neuer weiter: "Wir wollen am Dienstag gewinnen, nicht auf Remis spielen und ein Ergebnis verwalten."
Serge Gnabry befand: "Es schaut sehr gut für uns aus. Eine bessere Ausgangslage hätten wir uns nach den zwei Unentschieden am Anfang nicht erträumen können. Jetzt haben wir den Vorteil. Wir müssen mit breiter Brust ins Spiel gegen Spanien gehen und wollen die Tabellenführung verteidigen."

Zittern vor dem Anpfiff

Dabei hatte die Austragung der Partie gegen die Ukraine bis zum Nachmittag auf der Kippe gestanden, weil am Freitag nach der Einreise vier ukrainische Spieler und ein Betreuer positiv auf Corona getestet worden waren und isoliert werden mussten. Erst eine neuerliche Testreihung der übrigen Mannschaft brachte Gewissheit, weil weitere positive Ergebnisse ausblieben. Es wurde gespielt – the show must go on.
Ein negativer Höhepunkt in einem Jahr, indem die kontroverse Debatte geführt wurde, wie - und sogar – ob diese Länderspiele mit dem künstlich geschaffenen Wettbewerb Nations League überflüssig seien. Noch dazu verfestigte sich der Trend, dass die Fans im Land des Weltmeisters von 2014 der Nationenvergleiche außerhalb der Turniere zunehmend überdrüssig sind.
Zu Beginn dieser Länderspielwoche hatte DFB-Direktor Oliver Bierhoff einen emotionalen, mehr als zehnminütigen Monolog gehalten, um dem Trend der schlechten Stimmung rund um die Nationalelf entgegenzuwirken. Dieser entstand unter dem Eindruck sinkender TV-Quoten und schwindender Ticket-Verkäufe bei Heimspielen (schon vor der Corona-Krise).
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"Wir als Nationalmannschaft sind aktuell gerade nicht Deutschlands liebstes Kind, wir sind nicht das Lagerfeuer der Nation", sagte Bierhoff. Er spüre, "wie eine dunkle Wolke über der Mannschaft" schwebe, doch das Team "kämpft, arbeitet". Und gewinnt. "In unserer aktuellen Situation helfen nur Siege, von daher war es ein gelungener Abend", brachte es Leon Goretzka auf den Punkt.
In Teilen war das Spiel sogar ziemlich ansehnlich. Siehe etwa die beiden Torvorbereitungen von Goretzka, der erst seinen Bayern-Kollegen Sané und dann Werner punktgenau in Szene setzte. "Wir hatten gute, dynamische Aktionen nach vorne, haben die Tore gut herausgespielt", freute sich Löw, "insgesamt haben wir gegen eine gute ukrainische Mannschaft gewonnen, von daher können wir zufrieden sein."
Und das ohne Toni Kroos (Gelbsperre) sowie Joshua Kimmich (verletzt), zwei Schlüsselspieler im Mittelfeld. Spanien-Legionär Kroos wird in Spanien wieder in der Startelf stehen – ein weiterer Trumpf. "Wir fahren nun natürlich mit dem Ziel Gruppensieg nach Spanien", versicherte auch Bierhoff und verwies auf einen Fakt: "Außerdem wollen wir dieses Jahr auch ungeschlagen beenden."

Seit 12 Partien ohne Niederlage

Überhaupt ist die DFB-Auswahl seit 12 Partien ungeschlagen. Liest sich doch gar nicht so übel. Mit einem positiven Erlebnis in Andalusien könnte die DFB-Elf am Ende des kurzen Länderspieljahres, in dem alle Spiele im Frühjahr sowie die EM wegen der Corona-Pandemie ausfielen, Schwung holen für die bereits im März beginnende WM-Qualifikation und die EM im Sommer.
Zugleich könnte man die dunkle Wolke wegpusten und für einen Stimmungsumschwung bei den Fans sorgen. Dann würde wieder Euphorie entstehen vor den Gruppenspielen gegen Frankreich, Portugal und Ungarn. Eine Nation säße fast geschlossen vor den Bildschirmen. Oder hat der DFB mitsamt seinen internen Querelen in der Spitze zu viel Kredit gespielt?
Fest steht: Dem zuletzt aufgrund seines sturen Festhalten an der Ausmusterung von Thomas Müller und Mats Hummels stark kritisierten Löw könnte doch noch ein unverhofftes Happy End gelingen.
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