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Giro d'Italia - Drei Dinge, die auf der 13. Etappe auffielen: Frust statt Freudentaumel bei Thibaut Pinot

Andreas Schulz

Update 12/06/2023 um 15:38 GMT+2 Uhr

Nur 75 Kilometer war die Giro-Bergetappe in der Schweiz lang - mit entsprechend Vollgas ging es dann auf der verkürzten Strecke zur Ankunft in Crans Montana zur Sache. Doch was zu einer Triumphfahrt zum Abschluss der Karriere von Thibaut Pinot hätte werden sollen, endete in völligem Frust. Der Franzose musste am Freitag einen neuen Tiefschlag auf seiner Abschiedstournee einstecken.

Highlights: Dauerregen und Kursänderung halten Rubio nicht auf

Mit reichlich Verspätung startete die 13. Etappe, erst kurz nach 15:00 Uhr machte sich das Peloton auf den Weg. Doch als Ersatz für das lange Warten wurde den Fans dann eine Highspeed-Fahrt durch die Schweizer Bergwelt geboten.
Der erstmals in einem Rennen erklommene Croix de Coeur oberhalb von Verbier entpuppte sich als echte Prüfung, nur mit vollem Einsatz konnten sich die Ausreißer lösen, während dahinter die Gruppe der Favoriten schnell massiv ausdünnte. Der Schlussanstieg erwies sich dann als nicht schwer genug für entscheidende Attacken, erst auf dem letzten Kilometer rissen dort im Sprint nochmals Lücken.
Der Schlagabtausch um den Etappensieg war aber großes Radsport-Kino für die Fans, während über das Chaos rund um die Verkürzung noch zu sprechen sein wird.
Drei Dinge, die auffielen.

1.) Pinot mit Frust statt Freudentaumel

Das Motto trug Thibaut Pinot schon bei seinem ersten Tour-Etappensieg 2012 auf dem rechten Bizeps: "Solo la vittoria è bella" - nur der Sieg ist schön, ließ er sich einst als Tattoo stechen. Jenen ersten Erfolg bei einer großen Landesrundfahrt feierte der Franzose seinerzeit in der Schweiz, da hätte sich heute ein schöner Kreis geschlossen.
Schier mit der Brechstange wollte der 32-Jährige den Triumph in Crans Montana erzwingen. Sekundiert von Teamkollege Bruno Amirail sorgte er dafür, dass sich die Ausreißer am schweren Croix de Coeur von den Favoriten absetzen konnten und sie im Tal der Rhône ausreichend auf Distanz hielten, immer wieder attackierte er im Schlussanstieg. Doch am Ende konnte Pinot sich nicht belohnen - zuviel hatte er investiert, zu sehr rieb er sich im Zweikampf mit Jefferson Alexander Cepeda auf. "Ich hätte mich entleibt, nur damit er nicht gewinnt", wütete Pinot.
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Jefferson Cepeda und Thibaut Pinot

Fotocredit: Getty Images

Das Duell mit dem Ecuadorianer führte letztlich nur dazu, dass Einer Rubio der clevere Nutznießer und jubelnde Tagessieger war. Pinot stand in Crans Montana zwar auch auf dem Podium, geehrt für die Rückkehr ins Bergtrikot. Doch seine Miene sprach Bände - das war nur ein Trostpreis, ebenso wie der Aufstieg in die Top Ten der Gesamtwertung.
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Showdown in Crans Montana: Rubio weist Pinot in die Schranken

"Es ist eine riesige Enttäuschung", räumte er ohne Umschweife am Eurosport-Mikrofon ein, "ich wollte die Etappe, der Rest war mir egal". Für den Kletterer reiht sich der Tiefschlag in die schwarze Serie ein, die ihn in seiner Abschiedssaison begleitet und die zu den Rückschlägen seiner Karriere passt. Für Pinot war es bereits zum vierten Mal der zweite Platz, den er 2023 verkraften muss - zuletzt ebenfalls in der Schweiz bei der extrem schweren Bergankunft der Tour de Romandie in Thyon, davor bei seinen französischen Heimrennen in Doubs und Jura. Der erlösende Sieg will nicht gelingen, trotz starker Form.
Vier Chancen bleiben Pinot noch in diesem Giro. Solo la vittoria è bella.

2.) Gee trumpft beim Giro auf: Kanadas neuer Hoffnungsträger

Who? Der Name Derek Gee sagte bis zum Start dieses Giro nur absoluten Insidern etwas - das hat der Kanadier innerhalb der vergangenen sieben Tage gründlich geändert. Zum dritten Mal kämpfte er sich jetzt unter die Top 5 einer Etappe, immer mit vollem Einsatz, nie als Abstauber. Zwei zweiten Plätzen folgte nun Rang vier in Crans Montana, eine herausragende Bilanz für den 25-Jährigen aus Ottawa bei seiner ersten Grand Tour überhaupt.
Seine Konstanz und Angriffslust hat ihn auf Platz drei der Punktewertung, Rang fünf in Kletterklassement und Ausreißertabelle sowie Position acht im Ranking der Zwischensprints gebracht: Wenn Gee in der zweiten Giro-Hälfte so weitermacht, gibt es im Ziel in Rom einen ordentlichen Zahltag an Prämien.
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Derek Gee beim Giro d'Italia

Fotocredit: Getty Images

Wie gut Gee wirklich ist, wohin seine Entwicklung noch führt, finden er und sein Team Israel Premier-Tech auch gerade erst heraus. Der historische erste Giro-Etappensieg eines Kanadiers überhaupt könnte durchaus ihm gelingen. Denn auch wenn Ryder Hesjedal die Rundfahrt 2012 gewann: Einen Tageserfolg gab es für ihn nie.
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Gee trumpft beim Giro auf: Kanadas neuer Hoffnungsträger

3.) Wetter-Wirbel: "Die Fahrer wollten etwas anderes"

Die extremen Wetterverhältnisse sorgten bei diesem Giro schon für viele Debatten, bei dieser Etappe gab es nun erstmals echte Konsequenzen. Doch die Verkürzung der 13. Etappe sorgte für neue Aufregung - denn das Ziel der Fahrer war eigentlich ein anderes gewesen, wie der Sprecher der Profi-Vereinigung CPA im erklärte.
"Was die Fahrer wollten, war die Streichung der Abfahrt vom Croix de Coeur, das war der gefährlichste Teil dieser Etappe", so Adam Hansen, "aber da haben wir nicht das erreicht, was wir wollten". Die Veranstalter hätten den Gegenvorschlag der Verkürzung vorgelegt und dieser sei letztlich von den Profis akzeptiert worden, berichtete der Australier aus den zahllosen Gesprächen und Austauschen mit seinen Ex-Kollegen und den Organisatoren der RCS.
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Voigt zur verkürzten 13. Giro-Etappe: "Es wird der Horror"

"Sie haben uns eine Option angeboten, eine einzige, über die wir dann in unserer Telegram-Gruppe abgestimmt haben", berichtete Hansen, "sie gaben uns nur zehn Minuten Zeit und daraufhin entschieden die Fahrer, dass dies besser als nichts sei". Das Feld sei aber an sich durchaus zu einer längeren Etappe bereit gewesen.
Ein chaotischer Ablauf und ein Ergebnis, das dem Willen des Pelotons letztlich gar nicht entsprach - dieser Freitag hat mehr als deutlich gezeigt, dass Abstimmungsprozesse und Entscheidungsfindung in diesen zentralen Punkten, die Gesundheit und Sicherheit der Fahrer betreffen, dringend optimiert werden müssen.
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Wetter-Wahnsinn: Die 5 wildesten Rennszenen aus Tour, Giro & Co

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