Linus Straßer im Exklusiv-Interview: "Der Erfolg macht es nicht einfacher" - das Slalom-Ass vor der Ski-WM
VonJan Zesewitz
Update 29/01/2025 um 12:27 GMT+1 Uhr
Linus Straßer ist der beste deutsche Slalomfahrer. In der aktuellen Saison wartet der 32-Jährige noch auf seine erste Podiumsplatzierung. Der nächste Weltcup ist ein gutes Pflaster für Straßer: In Schladming auf der Planai konnte er schon zweimal gewinnen. Im Exklusiv-Interview mit der Eurosport-Expertin Viktoria Rebensburg spricht er über die Saison, den Nachtslalom und die anstehende WM.
Straßer exklusiv vor Schladming: "Kulisse ist einzigartig"
Quelle: Eurosport
In der vergangenen Saison jubelte Straßer auf der Planai. Er verteidigte beim Night Race in Schladming seine Führung aus dem ersten Lauf und gewann vor Timon Haugan und Clement Noel. Es war sein zweiter Weltcup-Sieg im Slalom in Serie: auch in Kitzbühel war er wenige Tage zuvor erfolgreich.
In diesem Winter konnte der 32-Jährige seine Erfolge aus dem Vorjahr noch nicht bestätigen. Im Interview mit Eurosport-Expertin Viktoria Rebensburg spricht er offen über die Schwierigkeiten der Saison: "Die Saison hat gezeigt, dass es der Erfolg nicht einfacher macht."
Zuletzt zeigte die Formkurve von Deutschlands bestem Slalomfahrer wieder nach oben. In Kitzbühel verpasste er als Fünfter das Podium nur knapp, nach einer komplizierten ersten Saisonhälfte ist Straßer nun wieder in Schlagdistanz mit den Besten in dieser Disziplin.
Ein gutes Zeichen für die WM in Saalbach? Eine Medaille ist das große Ziel, die "Vision", wie er selbst sagt. Sein wichtigstes Ziel in Saalbach: "gut Skifahren". Straßer spricht auch über die Entwicklung im Slalom und was er aus dieser für ihn "schleppenden" Saison mitnehmen konnte.
Eurosport: Wie würdest Du Deine Saison bis hierhin bewerten?
Linus Straßer: Es ging etwas schleppend los – in Levi war es noch sehr gut, aber dann hatte ich eine schwierige Zeit. Da haben mehrere Faktoren zusammengespielt. Das Wichtigste für mich war, dass ich wieder den richtigen Weg gefunden habe. Das ist für mich die Quintessenz des Leistungssports: Sich aus diesen Tiefs wieder herauszuarbeiten. Von diesen Dingen zehrt man am Ende am meisten.
Was hast Du speziell aus dieser Saison bisher lernen können?
Straßer: Die Saison hat mir ganz deutlich gezeigt, dass es der Erfolg nicht einfacher macht. Man denkt, es wird leichter, wenn man zum Beispiel in Kitzbühel gewonnen hat, aber das Gegenteil ist der Fall. Die Perspektiven, den eigenen Kopf und die Erwartungen an sich selbst und von außerhalb – damit umzugehen, fällt einem selbst mit 32 Jahren und viel Erfahrung und Erfolgen nicht leicht. Da kann man immer wieder neu dazulernen, das ist natürlich auch etwas sehr Schönes.
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Schweinsteiger und Müller applaudieren: Straßer in Lauerstellung
Quelle: Eurosport
Was macht die Disziplin Slalom so speziell in Sachen Selbstvertrauen, Überzeugung und Einstellung?
Straßer: Der situative Stress ist im Vergleich zu den anderen Disziplinen größer. Ich durfte das ja schon einmal vergleichen, als ich mich auf Kombinationsrennen vorbereitet habe und in Are auch mitgefahren bin. Diesen Stress gibt es in den anderen Disziplinen so nicht. Slalom ist dynamisch und spannend, aber für den Athleten manchmal auch nervenaufreibend.
Wie nimmst Du die Entwicklung im Slalom in den vergangenen Jahren wahr? Es können so viele Fahrer um den Sieg fahren.
Straßer: Die Entwicklung ist sehr krass, keine Frage. Das nimmt man auch als aktiver Athlet wahr. Bestes Beispiel ist Alex Vinatzer. Jeder weiß, wie gut er Slalom fahren kann, aber in dieser Saison konnte er das noch nicht zeigen, dann trifft er in Kitzbühel auf einmal zwei Läufe und wird Zweiter. Das ist schön für die Spannung, aber für den Athleten kann es hart sein. In Wengen habe ich zwei solide Läufe gezeigt und werde am Ende 13. mit fünf Zehntel Rückstand aufs Podest. In Kitzbühel wurde ich Fünfter mit einer Zehntelsekunde Rückstand aufs Podium. Das heißt, dass man sich nie in seiner Komfortzone bewegen kann, die Taktik ist natürlich wichtig, aber im Grunde muss man beide Läufe voll fahren.
Magst Du Rennen mit Flutlicht? Als nächstes steht das Night Race in Schladming (17:45 Uhr live auf Eurosport und discovery+) auf dem Programm.
Straßer: Ich mag die Nachtrennen. Ich habe zwar ein Problem mit frühem Aufstehen, aber ich mag es auch, wenn es am Vormittag ein wenig ruhiger ist und man gemütlich frühstücken kann. Die Kulisse und die Atmosphäre, die bei so einem Rennen entsteht, ist natürlich einzigartig. Ich plädiere auch dafür, dass das im Weltcup mehr und mehr kommt.
Die Entwicklung ist sehr krass, keine Frage. Das nimmt man auch als aktiver Athlet wahr. Das ist schön für die Spannung, aber für den Athleten kann es hart sein. In Kitzbühel wurde ich Fünfter mit einer Zehntelsekunde Rückstand aufs Podium. Das heißt, dass man sich nie in seiner Komfortzone bewegen kann, die Taktik ist natürlich wichtig, aber im Grunde muss man beide Läufe voll fahren.
Wie verändert sich Dein Tagesablauf im Unterschied zu den "normalen" Rennen?
Straßer: Ich versuche mich schon an den Tagen vor dem Rennen anzupassen. Ich bleibe länger wach, um abends fitter zu sein. Ansonsten ändert sich nicht so viel. Der Vorteil in Schladming ist auch, dass das Flutlicht so einzigartig gut ist, somit kann man auch von den Sichtverhältnissen her profitieren. Dazu kommt, wie das Rennen aufgezogen wird, die Stimmung und das Stadion, das ist für uns Athleten schon richtig gut.
In Schladming hast Du mit zwei Siegen schon höchste Höhen erlebt - aber auch das genaue Gegenteil. Mit welchen Emotionen bist Du nach Schladming gereist?
Straßer: Schladming liegt mir von der Hangcharakteristik her eigentlich gar nicht so sehr. Die ersten sechs Schwünge am Start sind mit die schwierigsten überhaupt. Es ist nicht übermäßig steil, aber das Gefälle ist so, dass man schon voll fahren muss. Dazu hängen die Schwünge und die Ski und das Material schieben einen direkt richtig an. Das Steilstück ist extrem steil und unten läuft es so halb aus – es ist kein einfacher Hang zum Schnellfahren. Als Athlet muss man mit voller Überzeugung in das Rennen gehen.
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"Bravo Linus": Straßer rast zum Sieg in Schladming
Quelle: Eurosport
Nach Schladming ist vor der WM in Saalbach: Wie wirst Du die Zeit bis dorthin verbringen?
Straßer: Nach Schladming werde ich es ein paar Tage ruhiger angehen lassen. Am Sonntag geht es nach Hinterreith, weil dann am Dienstag direkt das Team-Event startet. Dort werden wir uns die meiste Zeit vorbereiten. Dann folgt die Team-Kombination, dann habe ich ein paar Tage Zeit, weil der Herren-Slalom wie immer den Abschluss der WM bildet. Die Wege sind zum Glück relativ kurz, daher werde ich die Timings recht spontan mit meinem Team absprechen.
Wie ist Deine generelle Einstellung vor der WM? Was hältst du von dem Ausrichtungsort, was sind Deine Ziele?
Straßer: Ich hoffe, dass es eine große WM wird. Es ist immer entscheidend, dass auch vor Ort eine gute Stimmung aufkommt und dafür ist Österreich als Heimatland des Skisports einfach bekannt, sie werden das in Perfektion aufziehen.
Bei meinen Zielen braucht man nicht viel drum herumreden: Das Ziel für jeden in den Top 30 wird eine Medaille sein. Am Ende können das nur drei erreichen. Das Ziel, die Vision, ist eine Medaille, aber ich habe ein Ziel, welches ich selbst beeinflussen kann: gut Skifahren.
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Highlights: Noel rollt das Feld von hinten auf - Haugan patzt
Quelle: Eurosport
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