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Paul Hunter | Dreifacher Masters-Champion und Snooker-Legende

Rolf Kalb

Update 14/04/2020 um 18:14 GMT+2 Uhr

Die Karriere von Paul Hunter war ja leider nur sehr kurz. Sie anhand der nackten Ergebnisse nachzuvollziehen, ginge daher ziemlich schnell. Aber das würde dieser charismatischen Persönlichkeit nicht gerecht werden. Noch heute, weit mehr als 13 Jahre nach seinem frühen Krebs-Tod, vermisst ihn jeder. Selbst die, die damals noch keine Snooker-Fans waren, kennen ihn.

Snooker-Legende Paul Hunter

Fotocredit: Getty Images

Profi wurde Paul Hunter im Jahr 1995 mit nur 16 Jahren. Schon im nächsten Frühjahr erreichte er mit gut 17 Jahren das Halbfinale bei den Welsh Open; damit avancierte er zum jüngsten Spieler, der jemals die Runde der letzten vier bei einem Ranglisten-Turnier erreicht hatte. Auf dem Weg in diese Vorschlussrunde hatte er übrigens auch den später siebenfachen Weltmeister Stephen Hendry geschlagen.
Überhaupt blieben die Welsh Open sein Turnier. Dort holte er 1998 seinen ersten Ranglisten-Titel. 2002 gewann er dort erneut. Seinen dritten und letzten Ranglisten-Titel holte er dann 2002 bei den British Open. Bezeichnend für ihn war aber, dass sein größter Sieg eigentlich eine Niederlage war: 2004 verlor er nämlich das Finale der Players Championship in Glasgow mit 7:9 gegen Jimmy White. Aber niemand schien sich mehr mit Jimmy über diesen unerwarteten Sieg zu freuen als der unterlegene Finalist. Mir sind die Bilder unvergessen, als sich Jimmy, Jimmys Vater und Paul lachend und weinend zu dritt in den Armen lagen.
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Beste Freunde: Paul Hunter (links) und Matthew Stevens bei der WM 2004

Fotocredit: Imago

Hunter mit drei Erfolgen beim Masters

Seine drei Masters-Titel machten Paul Hunter aber erst so richtig populär. Alle drei gewann er erst im Decider und nach einem aufsehenerregenden Comeback. 2001 holte er diesen Titel zum ersten Mal durch ein 10:9 über Fergal O’Brien. Nach der ersten Session lag Hunter noch mit 2:6 hinten, spielte am Abend dann aber vier Centuries in sechs Frames. In der Pressekonferenz meinte er dann schelmisch, er habe zwischen den Sessions zu "Plan B" gegriffen. Plan B war, dass er und seine spätere Frau Lindsey das gemacht haben, was zwei frisch Verliebte eben gerne machen, wenn sie auf einem Hotelzimmer mit einem bequemen Bett Zeit totschlagen müssen. Zu seiner Ehrenrettung sei gesagt, dass er zuvor mit Lindsey und deren Eltern besprochen hatte, das erzählen zu dürfen.
2002 verteidigte er den Masters-Titel. Im Finale hatte er gegen Mark Williams zwar die ersten fünf Frames verloren, gewann aber trotzdem wieder mit 10:9. 2004 folgte dann sein dritter Masterstitel. Nach 1:6 und 2:7 schlug er Ronnie O’Sullivan. Erneut stand es am Ende 10:9. Erneut war Hunter der Sieger. 2016 wurde die Masters-Trophäe ihm zu Ehren in Paul Hunter Trophy umbenannt; Barry Hearn meinte damals zurecht, dies sei eine längst überfällige Ehrung.
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Paul Hunter 2004 mit der Siegertrophäe des Masters

Fotocredit: Getty Images

Sunnyboy und Beckham des Snookers

Aber es waren nicht die sportlichen Erfolge alleine, die seinen Ruhm begründeten. Auch sein attraktives Spiel und seine spektakulären Comebacks spielten allenfalls eine Nebenrolle. Ein Vorzeigeprofi war er auch nicht immer. So musste er 1997 eine Geldstrafe zahlen und bekam Ranglisten-Punkte abgezogen, weil er bei einem Turnier positiv auf Cannabis getestet worden war.
Die Zeit, in der Paul Hunter populär wurde, war eine Zeit, in der Snooker die jungen Fans abhandenkamen. Da kam ein junger, attraktiv aussehender Star natürlich gerade recht. Der Spitzname "Beckham of the Baize" war in einer Zeit, als David und Victoria Beckham Ikonen auf der ganzen Welt waren, eine ziemliche Auszeichnung. Erschien Snooker vorher vielleicht ein bisschen grau und verstaubt, so war es plötzlich wieder sexy.

Hunter mit faszinierender Persönlichkeit

Das alles hätte aber ohne seine außerordentliche Persönlichkeit nicht funktioniert. Ich werde nie den sehr emotionalen Moment vergessen, als er 2005 beim damaligen German Open in Fürth (das später zu seinen Ehren in Paul Hunter Classic umbenannt wurde) ein Comeback versuchte und die Fans ihn mit nicht endend wollenden Standing Ovations feierten. Seine Haare waren weg, aber sein einzigartiges warmes Lächeln war noch immer da. Wenn er einen Raum betrat, dann schien dank seines Lächelns die Sonne aufzugehen und es wirkte, als ob es ein paar Grad wärmer werden würde. So manches Mal hat er die Zeitpläne über den Haufen geworfen, weil er den Tisch erst verließ, nachdem alle Autogrammwünsche erfüllt worden waren. Vor allem aber hatte Paul eine Gabe, die nur ganz wenigen Menschen gegeben ist: Wenn er sich kurz mit einem Fan unterhielt, dann gab er diesem Fan das Gefühl, er sei in diesen wenigen Momenten der wichtigste Mensch für ihn. Das immer wieder zu beobachten war faszinierend.
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Paul Hunter im Januar 2006 beim Masters in London

Fotocredit: Getty Images

Im März 2005 wurde bei Paul Hunter ein sehr seltener und aggressiver Darmkrebs diagnostiziert. Mehrere Chemotherapien blieben erfolglos. Er erlag der tückischen Krankheit im Oktober 2006, wenige Tage vor seinem 28. Geburtstag. Den ersten Geburtstag seiner Tochter Evie Rose erlebte er nicht mehr. Unvergessen ist er bis heute.
Herzliche Grüße und bleibt gesund
Ihr / Euer Rolf Kalb
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