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UK Championship: Ronnie O'Sullivans erster Triumph im Jahr 1993 - ein Shootingstar erobert die Weltbühne

Dave Hendon

Update 24/11/2023 um 13:01 GMT+1 Uhr

Eurosport-Experte Dave Hendon erinnert sich daran, wie ein 17-jähriger Ronnie O'Sullivan im Jahr 1993 Steve Davis und Stephen Hendry bezwang und die UK Championship gewann. In den kommenden Tagen strebt O'Sullivan seinen achten Titelgewinn beim prestigeträchtigen Ranglistenturnier an. Grund genug, um in die Geschichte einzutauchen und den Aufstieg einer der Granden des Sports mitzuerleben.

Ronnie O'Sullivan

Fotocredit: Getty Images

Wollen Sie sich alt fühlen? Von Ronnie O'Sullivans erstem TItel bei der UK Championship sind wir jetzt so weit entfernt wie jenes historische Endspiel von der Ermordung JFKs.
Diese 30 Jahre sind in einem Sturm aus Breaks, Titeln, Kontroversen, Schlagzeilen und glorreichen Momenten, die für immer in der Snooker-Folklore verankert sind, verstrichen.
Wo waren Sie, als O'Sullivan der jüngste Sieger eines Ranglistenturniers wurde?
Als 17-Jähriger nahm er im Jahr 1993 an der UK Championship teil, der blutjunge O'Sullivan spielte erst seine zweite Saison auf der Tour. Zuvor gewann er 74 seiner ersten 76 Spiele, erreichte das Viertelfinale eines Ranglistenturniers und kletterte in der Weltrangliste auf Rang 51.

Ein kleiner Junge namens Ronnie O'Sullivan

Trotzdem war er immer noch ein kleiner Junge in einer rauen Männerwelt. Es war die Zeit der Rivalität zwischen Stephen Hendry und Jimmy White. Steve Davis gewann immer noch Titel, John Parrott war in Höchstform. Jüngere Talente wie James Wattana, Peter Ebdon, Ken Doherty und Alan McManus sorgten für Furore. Alte Hasen wie Dennis Taylor und Terry Griffiths waren immer noch unter den Top 16.
Snooker befand sich in einer Phase des Übergangs, auch wenn man das damals vielleicht noch nicht wusste. Die goldenen 1980er waren den dynamischeren 1990ern gewichen, mit ehrgeizigen jüngeren Spielern, die entschlossen waren, die bisherige Ordnung umzustürzen. An der Spitze des Wandels stand der jugendliche O'Sullivan, ein noch unfertiges, aber beachtliches Talent.
1993 saß Bill Clinton im Weißen Haus und John Major in der 10 Downing Street. Telefone wurden nur zum Telefonieren benutzt. Meatloaf war auf Platz 1 der Charts, um kurz darauf von Mr. Blobby abgelöst zu werden. Britpop konnte nicht früh genug kommen. Abseits des Snookers trat Graham Taylor nach einer katastrophalen Amtszeit als Nationaltrainer der Three Lions zurück.
In der Preston Guild Hall versammelten sich im kalten und dunklen November die üblichen Verdächtigen. Auf dem Tisch sollte eine neue Regentschaft beginnen.
O'Sullivan hatte eine wachsende Fangemeinde. Aber Potenzial ist die eine Sache - es auszuschöpfen eine ganz andere.
Im Hintergrund stand das Trauma, dass sein Vater, Ronnie Senior, ins Gefängnis musste. Seine Welt wurde komplett auf den Kopf gestellt, und er wandte sich der vertrauten Zuflucht des Snookers zu.

O'Sullivan stürzt seinen Jugendhelden

O'Sullivan besiegte McManus 9:5 und behauptete sich im Entscheidungsspiel gegen Nigel Gilbert, um die im Fernsehen übertragene Phase zu erreichen, die damals auf 16 Spieler beschränkt war. Dies war ein Vorgeschmack auf eine goldene Ära, eine Herausforderung für das Temperament des frühreifen Jungen.
In der Runde der letzten 16 stand er Doherty gegenüber. Sie hatten zusammen im Ilford Snooker Centre trainiert, als Ronnie noch ein Junge war. Als sie in Preston aufeinander trafen, hatte Doherty bereits WM-Titel im Junioren- und Amateurbereich gewonnen und sich zum Sieger eines Ranglistenturniers gekrönt. Doch O'Sullivan war davon nicht beeindruckt, marschierte zu einer 6:2-Führung und triumphierte letztlich 9:5 über seinen alten Bekannten.
Der nächste Gegner war sein Jugendheld Davis, dem er als 10-Jähriger in einem chinesischen Restaurant schüchtern vorgestellt wurde, kurz nachdem Davis 1986 das Finale der Weltmeisterschaft gegen Joe Johnson verloren hatte. Ronnie Senior teilte der damaligen Nummer 1 der Welt mit, dass sein Junge eines Tages Weltmeister werden würde. Stellen Sie sich vor, wie oft er das im Laufe der Jahre gehört hatte.
Aber Davis erlebte das unheimliche Potenzial des aufstrebenden Youngsters aus nächster Nähe, als O'Sullivan von 4:4 auf 9:6 davonzog und ihn tatsächlich aus dem Turnier warf. Damit stand er im Halbfinale, wo er den Waliser Darren Morgan 9:5 in die Knie zwang - und damit einmal mehr der fehlenden Erfahrung auf der großen Bühne trotzte.
Hendry war die letzte Verteidigungslinie gegen diesen inspirierten Usurpator. Dies war der ultimative Test. Hendry - seines Zeichens amtierender Weltmeister, Masters-Champion und zweimaliger Gewinner der UK Championship. Die unumstrittene Nummer eins der Welt.

"The Rocket" stellt sich der Welt vor

Die Guild Hall war bis auf den letzten Platz gefüllt. In Hendry keimte die Hoffnung auf, die Nervosität des Herausforderers ausnutzen zu können. Doch O'Sullivan hatte andere Pläne und ging dank eines Century Breaks 2:0 in Führung. Hendry schlug mit einem Century zurück und glich zum 2:2 aus, lag aber nach der ersten Session 2:6 zurück - wobei O'Sullivan mit einem zweiten Century und einem Steal auf Schwarz brillierte.
Doch Titel werden bekanntermaßen abends entschieden - die Session, auf die es wirklich ankam. Hendry gewann zwei der ersten drei Frames und pirschte sich auf 7:4 heran, doch an jenem Abend lag etwas in der Luft. Beim Stand von 9:6 machte O'Sullivan den Sack mit einer 85 zu. Hendry erhob sich, um ihm die Hand zu schütteln. Die Menge erhob sich, um ihn zu bejubeln. Und die Welt kannte ein neues Gesicht.
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Ronnie O'Sullivan und Stephen Hendry

Fotocredit: Getty Images

Der Spieler mit dem Spitznamen "The Rocket" hatte den Durchbruch geschafft, im Guten wie im Schlechten. Im zarten Alter zum Star avanciert, wurde er zum Magneten für Sponsorenverträge, aber auch für die Aufmerksamkeit der Medien. Das Rampenlicht ist ein verführerischer Ort, kann aber auch blenden. Sein Privatleben wurde wie eine Seifenoper behandelt, die der Unterhaltung der Massen diente. Er lebte es - doch manchmal war es zu viel.
Sucht und Selbstsabotage waren O'Sullivans Mittel, um mit den Turbulenzen um ihn herum fertig zu werden. Sein Snooker konnte immer noch umwerfend sein, aber er bewegte sich ständig auf einem schmalen Grat.

30 Jahre später strahlt O'Sullivan heller denn je

Im Laufe der Zeit fand er dank des Laufens, Dr. Steve Peters und seiner Partnerin Laila eine gewisse Stabilität. Und trotz verschiedener Drohungen, sich zurückzuziehen, hat er es nie getan. Wenn überhaupt, dann ist er der große Überlebenskünstler im Snooker: Immer noch zu großartigen Leistungen fähig, immer noch relevant und - was am wichtigsten ist - immer noch da.
Und was ist mit O'Sullivan im Jahr 2023? Er geht als Weltranglistenerster in die diesjährige UK Championship, was am 30. Jahrestag seines ersten Triumphs eine bemerkenswerte Tatsache ist.
Allerdings hat er sich in dieser Saison bereits von fünf Turnieren zurückgezogen. Er gewann zwar das Einladungsturnier Shanghai Masters im September, aber bei allen anderen Ranglistenturnieren, an denen er teilgenommen hat, ging ihm die Luft aus.
O'Sullivan laboriert an einem Tennisarm und sprach von einer Belastung seiner psychischen Gesundheit. Seine Form ist im Vergleich zu Judd Trump und Mark Allen eher durchwachsen. Und doch... Man hat immer das Gefühl, dass ein großer Auftritt noch drin ist. Wie könnte man den Jahrestag besser begehen als mit einem achten Triumph?
1993 wurde ein Star geboren - 30 Jahre später strahlt er so hell wie eh und je. Viele haben versucht, die Psyche von Ronnie O'Sullivan zu enträtseln, aber vielleicht liegt der wahre Reiz darin, dass er auch nach drei Jahrzehnten noch ein Rätsel ist.
Sobald bekannt ist, wie ein Zaubertrick zustande kommt, ist er nicht mehr besonders. Wir wollen die Magie sehen. Und bei O'Sullivan tun wir das immer noch.

Zur Person: Dave Hendon

Dave Hendon ist langjähriger Eurosport-Snooker-Kommentator und Fachkolumnist. Er verfügt über ein umfassendes Wissen über den Sport, die Spieler und Persönlichkeiten. Vom Crucible Theatre bis hin zu den Home Nations und der Triple Crown hat Hendon schon alles gesehen. Er schreibt regelmäßig für Eurosport und verwöhnt die Leser mit Geschichten, die wichtige Einblicke gewähren.
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Faire Geste: O'Sullivan zeigt eigenes Foul an

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