French Open: Novak Djokovic beendet die Debatte um den größten Tennisspieler der Geschichte
VonTobias Laure
Update 12/06/2023 um 09:28 GMT+2 Uhr
Novak Djokovic hat sich mit dem Gewinn des 23. Grand-Slam-Titels bei den French Open endgültig über seine ewigen Rivalen Rafael Nadal und Roger Federer erhoben. Er werde sich sich aus Respekt vor anderen Topspielern nicht als den Größten der Geschichte bezeichnen, so der 36-Jährige, doch genau das ist er nun. Was Djokovics Weg besonders macht: Er musste mehr Widrigkeiten trotzen als alle anderen.
Es gibt eine kleine Statistik, die leicht übersehen wird und dennoch so überdeutlich macht, warum der Champion von Roland-Garros Novak Djokovic heißt. 42:13 Punkte nämlich hat der Serbe in den sechs Tiebreaks zu Buche stehen, die er bei diesen French Open gespielt und auch allesamt gewonnen hat.
Djokovic dominiert auf Sand beileibe nicht in dem Maße, wie es Rafael Nadal seit fast zwei Jahrzehnten tut, aber "Novaks Weltklasse kommt immer dann hervor, wenn es am wichtigsten ist", erklärt sein ehemaliger Trainer Boris Becker bei Eurosport das Phänomen.
Die Fähigkeit, in der Crunch Time der großen Matches das Level hochzuschrauben, hat Djokovic weiter gebracht als jeden anderen Spieler der Geschichte - nun mal wieder auf den Thron eines Grand-Slam-Turniers und an die Spitze der Weltrangliste.
23 Grand-Slam-Titel bedeuten nicht nur einen Rekord, sondern dürften auch die ewige Debatte um den GOAT, den Größten aller Zeiten, entschieden haben.
Djokovic scherzt über GOAT-Titel: "Kannst mich Novak nennen"
Ob er sich nach dem 7:6 (7:1), 6:3, 7:5 im Endspiel gegen Casper Ruud als GOAT ansprechen lassen würde? "Du kannst mich einfach Novak nennen, ich mag meinen Namen", scherzte Djokovic im Eurosport-Interview mit Barbara Schett, Mats Wilander und Tim Henman.
Man darf trotzdem unterstellen, dass er sich im ewigen Ranking seines Sports an der Spitze sieht. Der 36-Jährige hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er seine Laufbahn als Rekord-Grand-Slam-Sieger und Nummer eins der Geschichte beenden möchte.
Tatsächlich gehen jenen die Argumente langsam aus, die dem Ausnahmespieler diesen Status absprechen wollen. 34 Grand-Slam-Finals, 23 Major-Titel, 38 Erfolge bei Masters-Turnieren, die meisten Siege gegen Top-10-Spieler und ab Montag 388 Wochen an der Spitze der Weltrangliste - Djokovic hat das Herren-Tennis in neue Sphären geführt.
"Er hat nun keinen Rivalen mehr, der ihm das Wasser reichen kann", schrieb die renommierte französische Sportzeitung "L'Équipe" nach dem Finale. "Spiel, Satz, unsterblich", lautete die Zeile in der Online-Ausgabe der "Süddeutschen Zeitung".
Djokovic baut auf Best-of-five-Faktor
Der Erfolg von Paris sei "die Krönung für all die harte Arbeit", betonte Djokovic indes im Gespräch mit Eurosport. "Ich wollte bei den Grand Slams am Höhepunkt stehen. Diese Wettbewerbe zählen für mich in der aktuellen Phase meiner Karriere am meisten."
Er habe die Zweifel der Öffentlichkeit an seiner Form natürlich wahrgenommen. "Jedes verlorene Match ist quasi ein Skandal, eine Tragödie. Ich habe auch vor den French Open mehr Partien verloren als gewonnen und keine gute Sandplatzsaison gespielt", gab Djokovic zu.
Zusammen mit seinem Team um Coach Goran Ivanisevic sei es ihm aber gelungen, optimistisch und mit einem guten Gefühl nach Paris zu reisen. Auch, weil er eine Gewissheit hat. "Ich liebe den Best-of-five-Modus. Alle wissen, dass sie einen hohen Berg erklimmen müssen, wenn sie mich dabei schlagen wollen. Dieses Gefühl liebe ich", betonte Djokovic.
Kritik, Pfiffe, Gegenwind? Kein Problem für Djokovic
Der Serbe versteht es wie kein Zweiter, sich nicht von seinen Zielen abbringen zu lassen - weder von schwachen Ergebnissen, noch von medialer Kritik und Missgunst der Zuschauer. All diese Faktoren musste der Superstar in den vergangenen zwei Wochen ausblenden.
Scharf blies ihm der Gegenwind ins Gesicht, als er gleich nach dem Auftaktsieg eine politische Botschaft zum Thema Kosovo auf eine Kameralinse schrieb. Sogar die französische Sportministerin Amélie Oudéa-Castéra schaltete sich ein und ging den Tennisprofi an.
"Viele werden nicht mit mir übereinstimmen, aber es ist, wie es ist. Es ist etwas, wozu ich stehe", beschied Djokovic. Mit dem Pariser Publikum hatte Djokovic während des gesamten Turniers so seine Probleme. Mitunter wurde er sogar ausgebuht, wenn ihm ein Doppelfehler unterlief, er per Netzroller punktete oder ein Medical Timeout benötigte.
"Respektlos" sei das, tadelte er die Zuschauer. Teils provozierte er die Fans mit Gesten. Wo andere Spieler ins Grübeln kämen oder verunsichert wären, antwortete Djokovic mit Topleistungen in Serie. Nebengeräusche und Widrigkeiten dieser Art "treiben mich an", verriet der Champion: "Für mich gibt es keinen Grand Slam ohne Drama."
Wilander: "Djokovic kann die 26 oder 27 packen"
Dieser Trotz ist wahrscheinlich eine der wichtigsten Zutaten in Djokovics Erfolgscocktail. Er lässt sich von den Störgeräuschen nicht nur nicht stoppen, er zieht daraus Energie. "Wir sehen uns nächstes Jahr", sagte der Serbe in Paris. Es klang auch ein bisschen wie eine Drohung.
"Novak ist noch so weit davon entfernt, fertig zu sein", sagt der dreimalige French-Open-Sieger Mats Wilander bei Eurosport - und entwirft bereits das nächste historische Szenario. "Er ist der große Favorit für Wimbledon und die US Open", meinte der Schwede nicht ganz ohne Grundlage.
Räumt Djokovic im All England Club und in Flushing Meadows tatsächlich ab, würden zwei weitere Meilensteine fallen: Der 36-Jährige wäre dann nämlich der erste männliche Profi, der in der Open Era den Kalender-Slam schafft. Er würde zudem mit dann 25 Grand-Slam-Titeln sogar Margaret Court überflügeln.
"Ich würde sehr gerne wissen, wohin das alles noch führt, denn Novak kann auch die 26 oder 27 packen", glaubt Wilander sogar. Eine steile These, ja. Aber wenn es um Novak Djokovic geht, gelten eben andere Gesetzmäßigkeiten.
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