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Sané wird beim FC Bayern von Rummenigge angezählt: Warnschuss an den Gesegneten

Florian Bogner

Update 21/12/2020 um 08:53 GMT+1 Uhr

Leroy Sané wird nach dem Denkzettel von Trainer Hans-Dieter Flick beim 2:1 des FC Bayern München bei Bayer Leverkusen zunächst in Watte gepackt - bis Karl-Heinz Rummenigge lospoltert und beim 24 Jahre alten Neuzugang die Charakterfrage stellt. "Er muss jetzt den nächsten Schritt machen", fordert der Vorstandsvorsitzende für 2021 vom talentierten Flügelstürmer, der Bayern noch nicht verstanden hat.

Leroy Sané - FC Bayern München

Fotocredit: Getty Images

Um die Lage rund um Leroy Sané zu verdeutlichen, wählte Karl-Heinz Rummenigge eine Anekdote aus den Siebzigern.
Damals, 1974, Rummenigge war soeben 19-jährig beim FC Bayern München angekommen, habe ihm Trainer Dettmar Cramer in einem Satz deutlich zu verstehen gegeben, dass er mehr leisten müsse. "Der liebe Gott hat dir unglaubliche Talente in die Wiege gelegt", habe Cramer zum Lippstädter gesagt – "und ich trete dir so lange in den Arsch, bis du Nationalspieler bist."
So ähnlich, suggerierte der Vorstandsvorsitzende der Bayern im "Sport1-Doppelpass", sei das nun auch mit Leroy Sané. Dem zweifellos talentierten, zuletzt aber eher fremdkörperartigen Neuzugang im Bayern-Spiel, der am Samstag beim 2:1 im Spitzenspiel bei Bayer Leverkusen von Trainer Hans-Dieter Flick die Höchststrafe erhalten hatte: Ein- und Auswechslung binnen 36 Minuten (32./68.).
Nun ist Sané schon Nationalspieler und mit 24 auch älter als Rummenigge damals. Mit 45 Millionen Euro Ablösesumme, die Bayern im Sommer an Manchester City überwies, ist er außerdem der zweitteuerste Spieler der Vereinsgeschichte.

Sané von Auswechslung überrascht

Nach Einwechslung für einen 17-Jährigen wieder ausgewechselt zu werden, kam entsprechend "überraschend für mich - das kannte ich so nicht", gab Sané der "Bild" hinterher zu Protokoll.
"Dass ihm das nicht gefällt, ist klar", konterte Rummenigge, für den Flick mit seinem Move, Jamal Musiala für Sané einzuwechseln, "alles richtig gemacht" habe. Weil Bayern am Ende noch gewann.
Nach diesem Schlussakt lässt sich das erste Halbjahr Sané bei Bayern mit einem Wort ganz gut zusammenfassen: ausbaufähig.
Auch statistisch: Als Startelfspieler scorte der 45-Millionen-Euro-Neuzugang nur beim Saisonauftakt gegen Schalke (ein Tor, zwei Assists). Effektiv war Sané sonst nur von der Bank, steuerte bei den Siegen gegen Frankfurt, Salzburg (2x) und Dortmund je ein Joker-Tor bei. Dazu kam eine Vorlage beim Auswärtssieg in Stuttgart.

Matthäus und Scholl mit Kritik an Sané

In den letzten sechs Spielen des Jahres blieb der deutsche Nationalspieler allerdings ohne Scorerpunkt. "Das ist kein Spieler, der Bayern verstärkt", urteilte Rekordnationalspieler Lothar Matthäus bei "Sky": "Man erwartet nicht jedes Spiel drei Tore von ihm, aber man erwartet Leidenschaft. Und die sieht man nicht." Sané würde außerdem "sehr viele Fehler in der Defensive" machen: "Er schaut oft zu, anstatt mitzuarbeiten."
"Deswegen", so mutmaßte Matthäus bei "T-Online", habe Pep Guardiola "ihn wahrscheinlich auch gehen lassen, weil Sané nicht so nach hinten arbeitet, wie er sich das vorstellt".
Laut Ex-Bayern-Spieler Mehmet Scholl würde Sané auf dem Platz "eine schwierige Haltung" an den Tag legen. "Körpersprache, Gestik, Mimik, die Art, wie er Zweikämpfe führt – das ist alles noch von Bayern München entfernt", sagte Scholl bei "Bild". Sané müsse immer noch "Bayern München lernen".

Rummenigge macht es zur Charakterfrage

Dass dieser Lerneffekt noch nicht eingetreten ist, mag ein Grund dafür sein, warum Rummenigge nun die Daumenschrauben anzieht. "Wir fördern jeden Spieler, aber wir fordern auch. Das muss er verinnerlichen", sagte der 65-Jährige am Sonntagvormittag: "Er muss jetzt den nächsten Schritt machen. Er muss seinen Charakter an den FC Bayern anpassen."
Als Beispiel zog der Bayern-Boss Thomas Müller heran, der "nicht so mit Talent gesegnet" sei wie Sané, das aber mit unbändigem Einsatz, Laufbereitschaft und Willensstärke locker wettmache. "Daher muss er jetzt an diesen Talenten arbeiten", forderte Rummenigge von Sané: "Das ist seine Aufgabe."
Sonst droht Sané im (Flügel-)Ranking bei Trainer Flick nicht nur hinter Kingsley Coman und Serge Gnabry, sondern auch hinter Musiala zurückzufallen. In der Hackordnung verbliebe dann nur noch der bislang enttäuschende Leihspieler Douglas Costa hinter Sané.
Interessant waren die fordernden Aussagen des Vorstandsvorsitzenden am Sonntagvormittag vor allem deshalb, weil die anderen "Bayern-Sprecher" Sané am Samstagabend noch in Watte gepackt hatten. Sportvorstand Hasan Salihamidzic betonte: "Der Junge ist top, ich glaube total an ihn."
Robert Lewandowski sagte: "Ich drücke ihm die Daumen, weil er ein super Junge und ein super Spieler ist. Wir werden ihn bestimmt noch brauchen in der Rückrunde." Und Thomas Müller, der Sané nach Abpfiff in den Arm genommen und ihm ein positives Mindset eingeimpft hatte, meinte: "Ich glaube, er ist ganz nah dran, dass der Knoten aufgeht."
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Höchststrafe für Sane? Das sagt Flick zur Auswechslung

Kreuzbandriss und Corona-Spielplan als Hemmschuhe

Entsprechend spüre Sané auch "das volle Vertrauen der Mannschaft", wie er betonte. Und ja, er fühle sich "total wohl beim FC Bayern". Er selbst als sein größter Kritiker wisse gut "einzuordnen, dass ich zuletzt mein Leistungsvermögen nicht abrufen konnte. Aber das wird sich ändern", versprach er. Brav betonte er auch, dass für ihn der Teamerfolg "über allem" stehe.
Als Begründung für seine unbeständige Form führte der Ex-Schalker zum einen seine fußballlose Zeit nach seinem Kreuzbandriss (August 2019 bis September 2020 ohne Startelfeinsatz) und zum anderen den eng getakteten Spielplan an.
Dieser habe es ihm sehr schwer gemacht, "wieder den richtigen Rhythmus zu finden". Im neuen Jahr werde er jedoch "alles dafür geben, das Vertrauen des Vereins in mich zurückzuzahlen", versprach er.

Ein schiefes Bild als Sinnbild

Worte, die Rummenigge sicher wohlwollend vernommen hat. Die Geschichte mit Cramer ging im Übrigen noch weiter.
"Als ich dann Nationalspieler wurde, hat er gesagt: 'Und jetzt ziehst du weiter durch.' Das gilt auch für Sané", erzählte der Bayern-Boss. Sané habe vom lieben Gott schließlich "unglaubliche Talente" mitbekommen. "Der kann dribbeln und hat einen unglaublichen linken Fuß", lobte Rummenigge. Dennoch sei Sané "noch nicht so richtig in diesem FC-Bayern-Gen angekommen".
Ein schiefes Bild, das in seiner Unvollkommenheit dann doch ganz gut zur Situation Sanés zum Jahresende 2020 passte.
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(mit SID)
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