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Juventus Turin | Cristiano Ronaldo: Die Maschine menschelt

Tom Müller

Update 04/12/2019 um 11:56 GMT+1 Uhr

Cristiano Ronaldo musste sich bei der Ballon-d'Or-Gala am Montagabend nicht nur seinem Dauerrivalen Lionel Messi, sondern auch Virgil van Dijk geschlagen geben. Dass der Portugiese im Jahr 2019 überhaupt auf das Podest gewählt wurde, war keine Selbstverständlichkeit. Statistisch spielt der 34-Jährige seine mit Abstand schlechteste Saison seit zehn Jahren. Ist seine glorreiche Zeit zu Ende?

Cristiano Ronaldo

Fotocredit: Getty Images

Wenn ein weibliches Mitglied der Familie Aveiro nach einer Ballon-d'Or-Gala in den sozialen Netzwerken aktiv wird, dann bedeutete das zuletzt meist Ärger.
Nachdem im vergangenen Jahr Elma Aveiro, ihres Zeichens ältere Schwester von Cristiano Ronaldo, Richtung der "Mafia" und der Wahlberechtigten gegiftet hatte, weil sie Luka Modric zum Weltfußballer gewählt hatten, war dieses Jahr Katia an der Reihe, die ihren jüngeren Bruder wie eine Löwin verteidigte.
Virgil van Dijk hatte sich doch tatsächlich erdreistet, Ronaldo mit einem Augenzwinkern als nicht ernstzunehmenden Konkurrenten im Kampf um die Weltfußballer-Krone zu bezeichnen.
Ein Spaß (wie van Dijk später selbst klarstellte), doch da war das Unglück schon geschehen – und Katias epischer Rant gegen den Liverpool-Star im Netz. Der Frust sitzt offenbar tief bei Familie Ronaldo.
Während Dauerrivale Lionel Messi (setzte sich vor van Dijk und Ronaldo durch) seinen sechsten goldenen Ball in die Höhe strecken durfte und sich damit vor Ronaldo (5 Titel) wieder allein an die Spitze setzte, blieb der Star von Juventus Turin der Veranstaltung fern und ließ sich stattdessen in Rom zum besten Spieler der Serie A krönen.
Ein schwacher Trost, doch mehr als der dritte Platz im internationalen Vergleich wäre im Jahr 2019 auch zu viel des Guten gewesen. Zum ersten Mal in seiner Karriere konnte Ronaldo im Duell der irren Zahlen mit seinem argentinischen Nemesis nicht mehr mithalten. Zum ersten Mal in der beispiellosen Karriere des Portugiesen, mittlerweile 34 Jahre alt, scheint die Maschine tatsächlich zu stottern.
Ronaldo, der Außerirdische - er menschelt.

Der schlechteste Ronaldo seit 10 Jahren

Ein Blick auf die Statistiken des Juve-Stars zeigt, dass Ronaldo den unfassbaren Zahlen vergangener Tage deutlich hinterherhechelt.
Nach 19 Spielen der Bianconeri (dreimal musste Ronaldo verletzt passen) stehen für den Ausnahmekönner wettbewerbsübergreifend "nur" sieben Tore und zwei Vorlagen zu Buche.
Nie waren es seit seinem Wechsel 2009 nach Madrid zu diesem Saisonzeitpunkt weniger. Zum Vergleich: In der Saison 2014/15 hatte Ronaldo nach 19 Spielen unglaubliche 28 Buden auf dem Konto.
Bereits in seiner ersten Saison für Juventus (28 Tore in 43 Spielen) brauchte er 130 Minuten für ein Tor. In seinen neun Jahren bei Real waren es nie mehr als 100 Minuten gewesen.
In der aktuellen Spielzeit benötigt der 34-Jährige gar 200 Minuten und 13 Torschüsse für einen Treffer (in Madrid im Durchschnitt 6,2).
Nicht falsch verstehen: Diese Werte sind immer noch gut. Aber eben nicht elitär - und sicher nicht das, was der Portugiese trotz seines hohen Alters von sich erwartet.

Ronaldo hadert mit dem System - und mit dem Trainer?

Die Gründe für Ronaldos "Menschwerdung" liegen neben unaufhaltsamer biologischer Prozesse auch am System der "Alten Dame", das unter dem neuen Coach Maurizio Sarri nicht mehr so perfekt auf Ronaldos Fähigkeiten zugeschnitten ist, wie in den vergangenen Jahren.
Während Ronaldo vorherige Saison unter Massimiliano Allegri im 4-3-3-System noch überwiegend auf seiner geliebten Linksaußen-Position spielen durfte, muss er unter Sarri in dessen 4-3-1-2 meist eine der beiden Stürmerpositionen bekleiden. Mit mäßigem Erfolg.
Laut italienischer Medienberichte soll auch das Verhältnis zum Trainer nicht das Beste sein. Bereits zweimal nahm Sarri seinen Superstar vorzeitig vom Platz, in beiden Spielen konnte Juve ein Unentschieden noch in einen späten Sieg verwandeln.
Sowohl in der Königsklasse bei Lokomotive Moskau (82. Minute) als auch in der Liga zuhause gegen den AC Mailand (55. Minute) wirkte Ronaldo angefressen nach seiner Auswechslung und schimpfte sichtlich in Richtung seines Coaches. Gegen Milan soll Ronaldo laut eines Berichtes der "La Gazzetta dello Sport" sogar vorzeitig das Juventus Stadium verlassen haben.
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Cristiano Ronaldo sucht nach der Auswechslung an Trainer Maurizio Sarri vorbei den direkten Weg in die Kabine

Fotocredit: Getty Images

Ronaldo und Sarri: Cassano sieht ein Problem

Während Sarri und sein Top-Stürmer etwaige Gerüchte über ein zerrüttetes Verhältnis vehement dementieren, trauen italienische Experten der Situation in Turin nicht über den Weg. "Ich denke, Cristiano hat ein großes Problem mit Sarri", sagte Ex-Nationalspieler Antonio Cassano beispielsweise in einem Interviews mit der spanischen "AS":
Es hat angefangen mit den beiden Auswechslungen. Das irritiert einen Spieler mit seinem Standing.
Ronaldo selbst klagte zuletzt über Knieprobleme, die ihn bereits den Einsatz im Spiel bei Atalanta Bergamo kosteten und begründete damit beide Auswechslungen:
"In den vergangenen drei Wochen habe ich mit Einschränkungen gespielt", so der 34-Jährige nach dem 2:0-Sieg mit der portugiesischen Nationalmannschaft gegen Luxemburg Mitte November:
Es gibt keine Kontroverse (mit Sarri, Anm. d. Red. ). Diese Kontroverse erschafft ihr.

Ronaldo hat noch nicht fertig

In jedem Fall ist sich Ronaldo der zunehmenden Belastung für seinen Körper bewusst - auch wenn der immer noch ausschaut wie der eines zehn Jahre jüngeren Fitnessmodels.
Bereits im Oktober stellte er in einem Interview mit "France Football" klar:
Wenn es nach mir ginge, würde ich nur die wichtigen Partien spielen.
Und weiter: "Nationalmannschaft und Champions League. Das ist die Art von Spielen, die mich motiviert, in denen es um alles geht, in denen man unter Druck steht."
So oder so wird sich Juve in wichtigen Spielen darauf verlassen müssen, dass Ronaldo weiterhin den Unterschied macht. Dass er das kann, hat er in der Vergangenheit bewiesen wie kein Zweiter. In K.o.-Spielen der Champions League hat Ronaldo eine irre Quote von 65 Toren (Messi 46).
Selbst wenn der Portugiese in naher Zukunft über eine komplette Saison nicht mehr auf allerhöchstem Niveau (zumindest statistisch) mithalten kann: Fertig hat Ronaldo noch lange nicht.
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