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Olympia 2021 - Annika Schleu enttäuscht vom Weltverband: "Auf jeden Fall alleingelassen"

Vanessa Breunig

Update 12/08/2021 um 10:18 GMT+2 Uhr

Annika Schleu und ihr Fünfkampf-Drama war eine der prägenden Geschichten der Olympischen Spiele in Tokio. Im Interview mit der "Zeit" sprach die 31-Jährige unter anderem über das Verhalten von Bundestrainerin Kim Raisner und erklärte, welche Regel sich ihrer Meinung nach im Fünfkampf unbedingt ändern müsse. "Denn keiner von uns wünscht sich diese Art des dramatischen Spektakels", so Schleu.

Annika Schleu bei Olympia auf Saint Boy

Fotocredit: Imago

Auch knapp eine Woche nach dem olympischen Reit-Drama um Annika Schleu ist die Deutsche und Pferd Saint Boy weiterhin Gesprächsthema. Mit den Folgen hat die Sportsoldatin auch immer noch zu kämpfen, wie sie im "Zeit"-Interview ausführlich schilderte.
Zudem äußerte sie sich bezüglich des Verhaltens von Bundestrainerin Raisner, die von den Olympischen Spielen ausgeschlossen wurde, da sie offensichtlich versucht habe, Saint Boy mit der rechten Faust auf die linke hintere Flanke zu schlagen. Zudem hat sie Schleu zugerufen: "Hau mal richtig drauf! Hau drauf!"
Die 31-Jährige meinte diesbezüglich: "Dass sie von außen mit der Hand eingegriffen haben soll, habe ich überhaupt nicht mitbekommen. Auf ihre Zurufe habe ich reagiert und zurückgerufen: 'Mache ich ja!' Aber in dem Maß, wie ich es für richtig hielt."
Die dramatischen Bilder, wie Schleu unter Tränen versuchte, das ängstliche, nervöse und völlig verunsicherte Pferd mit der Gerte zurück in den Parcours zu bringen und zum Springen zu treiben, gingen um die Welt. Doch die Sportsoldatin blieb erfolglos und wurde nach der vierten Verweigerung disqualifiziert.
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Tränen-Drama! Schleu verliert fast schon sicher geglaubtes Gold

Schleu hat kein Verständnis für Äußerung von Werth

Auch Isabell Werth, die erfolgreichste Reiterin der Welt, äußerte sich nach den Vorfällen im Modernen Fünfkampf und vertritt die Meinung: "Fünfkampf hat nichts, aber auch gar nichts mit Reiten zu tun. Die Pferde sind ein Transportmittel, zu denen die Athleten keinerlei Bezug haben. Denen kann man genauso gut ein Fahrrad oder einen Roller geben."
Schleu habe diese Aussage natürlich auch gelesen und nahm diesbezüglich Bezug: "Ich weiß nicht, warum man in einer solchen Situation noch so etwas sagen muss. Ich schätze sie. Es wäre Quatsch zu behaupten, dass ich eine so enge Beziehung zu Pferden habe wie sie. Sie hat ihr eigenes Pferd, mit dem sie über Jahre trainiert. Ich kannte das Pferd seit 20 Minuten."
Doch es sei ihre Aufgabe, ein unbekanntes Pferd zu reiten, darum seien die Anforderungen im Parcours auch nicht so hoch.
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"Hau mal richtig drauf!" Bundestrainerin will Schleu helfen und legt selbst Hand an

Schleu über Regelwerk beim Modernen Fünfkampf

Beim Modernen Fünfkampf werden die Pferde den Reiterinnen zugelost, so kennen die Sportlerinnen die Tiere vor dem Wettkampf gerade mal rund zwanzig Minuten.
Schleu erklärte, was der Sinn dieser Pferdelotterie sei: "Wenn jeder sein eigenes Pferd mitbringen würde, wäre der Fünfkampf ein sehr elitärer Sport. Außerdem müsste man den Pferden das Reisen zumuten, die verschiedenen Zeitzonen, Klima, fremde Ställe. All das wollte man bei uns vermeiden. Das finde ich richtig."
Trotzdem müsse am Regelwerk des Modernen Fünfkampfes unbedingt etwas verändert werden, so Schleu. Ihr konkreter Vorschlag: "Die Regel, ab wann man einem Pferd nicht mehr zumutet, noch mal in den Parcours zu gehen."
Denn der größte Fehler sei gewesen, Saint Boy nicht auszutauschen. Es sollte bei der Vorstellung der Pferde viel mehr darauf geachtet werden, wie sie über den Parcours gehen. Schleu hatte bereits vor ihrem Wettkampf ein Video von Saint Boy gesehen. "Ich dachte: Das sieht aber überhaupt nicht harmonisch aus! Das Pferd trug auch bei der Besitzerin den Kopf immer extrem hoch. Das bedeutet, es wehrt sich", sagte die 31-Jährige.

Schleu vom Verband enttäuscht

Die Unvorhersehbarkeit dessen, was geschieht, wenn Athleten auf unbekannten, zufällig ausgelosten Pferden reiten, mit nur 20 Minuten Zeit, ein Verständnis herzustellen, sei Teil des dramatischen Spektakels, das den Modernen Fünfkampf einzigartig und mitreißend machen würde, hieß es in einem offiziellen Statement.
Schleu zeigte sich enttäuscht von dieser Einstellung des Verbandes: "Viele von uns Fünfkämpfern reiten sehr gern. Aber wir wissen alle, dass der Springwettkampf unsere Träume platzen lassen kann. Keiner von uns wünscht sich diese Art des dramatischen Spektakels."
Rückendeckung hatte die Fünfkämpferin noch während Olympia vom Deutschen Olympischen Sportbund und von ihren Fünfkampf-Kollegen aller anderen Nationen erhalten, vom Weltverband UIPM mit dem deutschen Präsidenten Klaus Schormann fühlt sich Schleu allerdings "auf jeden Fall alleingelassen".
Schormann selbst habe "nicht einmal mit mir gesprochen, ich kenne nur die Pressemitteilungen".
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Dogue zum Umgang mit Schleu: "Da ist mir echt schlecht geworden"

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