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Vuelta 2023 - Doppeltes Triple am Tourmalet: Kuss, Vingegaard und Roglic machen Spanien-Rundfahrt zum Jumbo-Fest

Pascal Steinmann

Update 09/09/2023 um 11:41 GMT+2 Uhr

Jumbo-Visma hat die Konkurrenz auf der Königsetappe der Vuelta a España deklassiert. Mit Jonas Vingegaard fuhr am Col du Tourmalet auch der letzte der drei Leader seinen Etappensieg ein. Sepp Kuss in Rot und Primoz Roglic komplettierten in den Pyrenäen einen historischen Triumph. Das Trio verwandelt die Spanien-Rundfahrt in eine Jumbo-Party - und macht den eigenen Teambossen damit "süße Sorgen".

Highlights: Evenepoel erleidet schweren Einbruch bei Jumbo-Gala

Es war eine Machtdemonstration sondergleichen. Ausgerechnet auf der Königsetappe der Vuelta a España am legendären Col du Tourmalet führte Jumbo-Visma die Konkurrenz vor.
Noch nie zuvor in der Geschichte der Grand Tours gelang es einem Team, bei einer Bergetappe einen Dreifacherfolg einzufahren. "Erster, Zweiter und Dritter zu werden, ist wirklich einzigartig", fasste Jonas Vingegaard nach der Gala in den Pyrenäen auf der Webseite des Rennstalls treffend zusammen.
Mit einem starken Antritt sieben Kilometer vor dem Ziel hatte der Däne sich von der Spitzengruppe abgesetzt und einen ungefährdeten Etappensieg eingefahren – und das am berüchtigten Tourmalet, wo er vor zwei Monaten bei der Tour de France das Gelbe Trikot eroberte, das er sich bis zu den Champs-Elysées in Paris nicht mehr abstreifte.
Vingegaard zog damit bei der Spanien-Rundfahrt teamintern nach. Sepp Kuss hatte seinen Etappensieg bei der Bergankunft auf der Pico del Buitre gefeiert, Primoz Roglic zwei Tage später in Xorret de Cati gewonnen. Nun sicherte sich auch der dritte aus dem Bunde seinen Etappenerfolg.
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Jumbo-Gala am Tourmalet: Solist Vingegaard gewinnt Königsetappe

Emotional war der Triumph aber vor allen Dingen aus einem anderen Grund. Tochter Frida feierte am Freitag ihren dritten Geburtstag. "Ich wollte unbedingt für sie gewinnen. Ich bin so glücklich", sagte der Däne im Interview mit Tränen in den Augen: "Heute habe ich das für sie gemacht." Ein Geschenk der besonderen Art – für Tochter und Vater.

Evenepoel macht Kampf um Rot zur Jumbo-Show

Mit einer halben Minute Rückstand fuhren die Teamkollegen Sepp Kuss (+30 Sekunden) und Primoz Roglic (+33 Sekunden) als erste Gratulanten ins Ziel und machten das reine Jumbo-Podest klar. Schon beim Etappenrennen Paris-Nizza 2022 hatte Jumbo-Visma bei zwei Etappen Dreifacherfolge gefeiert – mit dem Triple bei der Vuelta drang der niederländische Rennstall nun aber in neue Dimensionen vor.
Die Konkurrenz wurde zu Statisten im Kampf um den Gewinn der letzten Grand Tour des Jahres degradiert. Denn durch die Gala am Tourmalet übernahm Jumbo-Visma auch die Dreifachführung im Klassement. "Wir haben jetzt drei Teammitglieder unter den ersten dreien in der Gesamtwertung. Das ist in jeder Hinsicht perfekt", sagte Tour-Champion Vingegaard.
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Debakel auf Königsetappe: Evenepoel kassiert über 27 Minuten

Auch, weil mit Remco Evenepoel der Titelverteidiger und gefährlichste Rivale auf der Königstetappe einen brutalen Einbruch erlitt und sich mit einer knappen halben Stunde Rückstand aus dem Rennen um das Rote Trikot verabschiedete. "Es war sicher nicht der beste Tag um ein Problem zu haben, weil wir von Beginn an Gas gegeben haben", analysierte Roglic gegenüber Eurosport.
Jumbos Idee, den Rivalen auf dem Weg zum Tourmalet Zeit abzuknöpfen, ging auf. Mehr noch. "Es ist besser als der Plan", erklärte Vingegaard.

Kuss hält Trümpfe in der Hand

Denn dass Kuss und Roglic die weiteren Klassement-Rivalen wie Juan Ayuso und Enric Mas auf den letzten Metern distanzierten, krönte die Gala. Einmal mehr stellte insbesondere der US-Amerikaner, der inzwischen seit fünf Etappen im Roten Trikot fährt, seine Stärke unter Beweis – und hinterließ damit auch teamintern ein Zeichen.
Zumal das Restprogramm den US-Amerikaner optimistisch in die Zukunft blicken lässt. Das Zeitfahren, bei dem Roglic und Vingegaard traditionell die Nase vorn haben, liegt bereits hinter dem 28-Jährigen. Vier ausstehende Bergankünfte kommen dem eigentlichen Edelhelfer zupass. Den Beweis lieferte er zwei Kilometer vor dem Ziel, als er hinauf zum Tourmalet eine unwiderstehliche Attacke setzte, der auch Roglic zunächst nichts entgegenzusetzen hatte.
Damit dampfte er auch den Vorsprung von Vingegaard, der zwischenzeitlich bei einer knappen Minute lag, auf den Schlussmetern noch einmal mächtig ein, halbierte ihn beinahe. Ein Zeichen, dass der Däne nicht in der Form ist, in der er bei der Tour de France die Konkurrenz erst im Zeitfahren deklassierte und im Anschluss in den Bergen fast nach Belieben dominierte.
Bei der Vuelta scheint dagegen Kuss im Kampf um den Gesamtsieg alle Trümpfe in den eigenen Händen zu halten. Denn ein Vingegaard in Tour-Form hätte bei seinem langen Solo am Schlussanstieg höchstwahrscheinlich das Führungstrikot erobert - so aber fehlen ihm zum 28-Jährigen weiter fast zwei Minuten.

Jumbo vor nächstem Triple

Der US-Amerikaner beißt sich mehr und mehr in der Leaderposition fest. "Es ist sehr komisch. Es ist nicht wirklich normal, dass das passiert", betonte Roglic, deutete aber an, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen sei. Die Vuelta, so der 33-Jährige, habe nämlich gerade erst angefangen. Das könnte ihm bei der Jagd nach der Einstellung der Rekordmarke von vier Vuelta-Gesamtsiegen in die Karten spielen - denn er sollte aus der Dreierspitze der frischeste Fahrer sein. Nach seinem Giro-Triumph hatte er eine lange Rennpause mit gezieltem Aufbau Richtung Vuelta, während Vingegaard nach der Tour nur eine kürzere Unterbrechung und Vorbereitung absolvieren konnte.
Kuss wiederum bestreitet derzeit sogar seine dritte dreiwöchige Rundfahrt in Serie, was das Risiko eines schwächeren Tages in der schweren Schlusswoche zumindest größer erscheinen lässt als bei seinen Teamkollegen. Noch liegen vier Bergankünfte, darunter der gefürchtete Angliru, vor den Fahrern - und noch hält Kuss alle Trümpfe in der Hand.
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Sepp Kuss distanzierte Primoz Roglic mit einer beeindruckenden Attacke

Fotocredit: Getty Images

In jedem Fall beschwor das Jumbo-Trio auch nach der 13. Etappe – wie schon in den vergangenen Tagen – bedingungslose Einigkeit. "Wir sind in einer sehr guten Position", betonte Kuss den Teamgedanken, den Vingegaard unterstrich: "Unser Ziel ist es, die Vuelta zu gewinnen. Im Moment sieht es vielversprechend aus."
Leistet sich Jumbo keinen unerwarteten Mega-Schnitzer, dürfte der niederländische Rennstall sogleich das nächste Triple feiern. Denn mit Roglic beim Giro d'Italia und Vingegaard bei der Frankreich-Rundfahrt gingen beide Grand Tours 2023 an Jumbo-Visma. Der Sieg in Spanien scheint nun nur noch Formsache und damit ein Dreifacherfolg, der keinem Rennstall zuvor je gelungen ist.
Ob einer der beiden Giganten sein persönliches Saison-Double feiert, oder mit Kuss der Edelhelfer zum ersten Mal bei einer großen Landesrundfahrt triumphiert? Im Jumbo-Teambus dürften über dieser Frage die Köpfe rauchen. Luxusprobleme, die sich andere Teams nur wünschen können.
Oder mit den Worten des dreimaligen Vuelta-Champions Roglic: "Süße Sorgen für das Team."
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