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The Ocean Race 2022-23 - Boris Herrmann im Exlusiv-Interview: "Die Ozeane sind großen Veränderungen unterworfen"

Pascal Steinmann

Update 21/06/2023 um 11:03 GMT+2 Uhr

Top-Segler Boris Herrmann blickt im exklusiven Interview mit Eurosport.de an Bord der Malizia-Seaexplorer auf das Ocean Race 2022-23 zurück und zieht ein positives Zwischenfazit. Der 42-Jährige ist "stolz" auf die Leistung seiner Crew und lobt: "Team Malizia war konstant in allen Etappen vorne mit dabei." Sorgen bereiten dagegen die Eindrücke der Natur, die Herrmann von den Weltmeeren schildert.

Herrmann im Interview: "Unheimlich intensive Natureindrücke"

Boris Herrmann befindet sich mit seinem Team Malizia auf der siebten und letzten Etappe beim Ocean Race 2022-23 zwischen Den Haag (Niederlande) und Genua (Italien).
Im exklusiven Interview mit Eurosport.de zieht der 42-Jährige an Bord der Malizia-Seaexplorer ein erstes Zwischenfazit und analysiert die fünf Ziele, die er sich im Interview vor dem Auftakt in die Weltumsegelung im Januar gesteckt hatte.
Der Oldenburger, der 2020 bei der Vendée Globe - einer Non-Stop-Regatta für Einhandsegler - für Aufsehen sorgte, zeigt sich beeindruckt vom "Zuspruch" der Zuschauer, den er seit dem Start in Alicante erleben durfte.
Herrmann freut sich: "Ich glaube, das Interesse am Ocean Race ist über die vergangenen Monate erheblich gewachsen." Auch deswegen blickt er mit einer Portion Wehmut auf das bevorstehende Ende des Ocean Race 2022-23.
Herr Herrmann, Sie hatten sich vor dem Rennen fünf Ziele gesetzt: Sie wollten sportlich eine Rolle spielen, um die Welt kommen, das Publikum begeistern, Kinder sensibilisieren und CO2-Daten sammeln. Wie fällt Ihr Zwischenfazit aus?
Boris Herrmann: Mein Zwischenfazit fällt eigentlich ganz gut aus. Wir haben sportlich eine Rolle gespielt, sind um die Welt gekommen und haben unsere Daten gesammelt. Unsere Maschine hat über die meiste Zeit funktioniert. Es gab nur eine kurze Pause, in der wir ein Problem hatten. Wir haben eine Menge Kinder in unserer Schulbildungskampagne gehabt und auch sehr viel Zuspruch für unsere geteilte Geschichte bekommen, die wir mithilfe unseres On-Board-Reporters Antoine an Land gesendet haben.
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Boris Herrmann (Team Malizia)

Fotocredit: The Ocean Race

Apropos das Publikum begeistern: Bei der Ankunft in Den Haag herrschte eine unglaubliche Stimmung am Hafen. Inwieweit haben Sie über die vergangenen Monate ein wachsendes Interesse am Ocean Race 2022-23 erlebt?
Herrmann: Ich glaube, das Interesse am Ocean Race ist über die vergangenen Monate erheblich gewachsen. Ich erinnere mich, dass vor dem Rennen viele gesagt haben: "Ja, das ist ganz schön, mach mal das Ocean Race, aber dann warten wir wieder auf die Vendée Globe." Nun waren doch viele überrascht zu sehen, dass das Ocean Race ebenfalls viel Aufmerksamkeit erregt hat und viele der Weltumsegelung gefolgt sind - ähnlich viele wie bei der Vendée Globe, denke ich.
Auf ihrem Schiff steht die Botschaft "A Race We Must Win - Climate Action Now". Sie wollen auf Klimaschutz aufmerksam machen, messen die CO2-Konzentration im Meer und achten auf Indizien in der Flora und Fauna. Welche Eindrücke haben Sie bei der Weltumsegelung gewonnen?
Herrmann: Wir genießen das große Privileg, während eines solchen Rennens um die Welt mit der Natur konfrontiert zu sein, unsere Tage auf dem Meer zu verbringen und den Horizont um uns herum zu haben. Was mich hier draußen allerdings erstaunt ist, dass wir sehr wenige Tiere sehen. Im Pazifischen Ozean hatten wir beispielsweise kaum Albatrosse um uns herum. Wir haben auch unsere Ozeanmessdaten erhoben und gemessen, dass sehr viel mehr CO2 auf dieser Route war – zum Beispiel im Südmeer - als während der Vendée Globe.
Die Ozeane sind großen Veränderungen unterworfen.
Was bedeutet das?
Herrmann: Man kann daraus nicht so einfach Rückschlüsse ziehen. Aber es sind Indizien. Die Wissenschaftler, mit denen wir zusammenarbeiten, schauen sich das genau an. Wir sind sehr neugierig zu sehen, was das alles bedeutet. Wir können aber auf alle Fälle feststellen, dass die Ozeane großen Veränderungen unterworfen sind.
Sie haben vor dem Auftakt im Interview mit Eurosport.de erklärt, dass Ihnen hin und wieder abhandenkäme, bei allem Stress die Natur zu genießen. Welche Momente sind Ihnen nun auf Ihren Etappen besonders hängen geblieben?
Herrmann: Manchmal fehlt uns ein bisschen die Zeit, wirklich den Blick über das Meer schweifen und die Seele baumeln zu lassen - und wirklich die Natur und den Moment zu genießen und wertzuschätzen, weil wir so auf das Rennen fokussiert sind. Aber ich erinnere mich an einige Momente. Am Sonntag stand ich beispielsweise zusammen mit Antoine, der gefilmt hat, auf dem Vordeck. Wir haben die Delfine neben dem Boot schwimmen sehen. Die haben einem den Bauch und das Auge zugedreht und man hat das Gefühl, sie schauen einen an.
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Rosalin Kuiper, Boris Herrmann und Will Harris (v.l.n.r.) vom deutschen Team Malizia

Fotocredit: The Ocean Race

Was haben Sie noch erlebt?
Herrmann: Im Südmeer hatten wir einen Tag, an dem eine ganze Delfinschule gekommen ist. Ich habe noch nie zuvor so weit im Süden, dort draußen im Kalten, Delfine gesehen. Aber auch die Albatrosse in den Südmeeren, die Vögel mit bis zu drei Metern Spannweite, zu sehen – das waren unheimlich intensive Natureindrücke, die wir trotz allem Fokus auf das Rennen genießen konnten.
Wie groß ist Ihre Wehmut, dass das Ocean Race 2022-23 in wenigen Tagen mit der Ankunft in Genua zu Ende geht?
Herrmann: Wir sind natürlich alle wehmütig, dass das Rennen endet. Es ist eine solch intensive Erfahrung und ein Abenteuer, gemeinsam die Welt zu entdecken und sie zu umsegeln. Das Ocean Race ist viel mehr als eine Sportveranstaltung für uns. Wir haben uns zwei Jahre vorbereitet und haben dann all diese Länder entdeckt, so viele Menschen kennengelernt und so viel erlebt. Dass das nun bald endet, macht uns schon etwas wehmütig.
Unser Sport ist heutzutage sehr sicher.
Sie hatten im Interview vor dem Start des Rennens gesagt, es habe für Sie einen Reiz, allen denkbaren Naturgewalten ausgesetzt zu sein. Im Laufe der Umsegelung sind sowohl Guyot als auch Holcim von einem Mastbruch gestoppt worden. In welchem Maß wurden beim Ocean Race alle notwendigen Sicherheitsvorkehrungen in ausreichender Form getroffen?
Herrmann: Eine große Faszination an unserem Sport ist natürlich die Konfrontation mit der Natur und den Naturgewalten, den Stürmen, die wir entlang der Route erleben. Zum Glück ist unser Sport heutzutage sehr sicher. Es ist niemand zu Schaden gekommen, es gab keine ernsthaften Verletzungen. Leider gab es die beiden Mastbrüche, aber die muss man eigentlich als Einzelvorfälle betrachten.
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Unglück zu später Stunde: Mastbruch bei GUYOT

Können Sie das erklären?
Herrmann: Es waren einzelne Bauteile, die versagt haben und die fehlkonstruiert waren. Das kann man nun im Nachhinein sehen. Was dort passiert ist, kann man genau bestimmen. Mit dem Rennen oder den Bedingungen hat das im Einzelnen nicht mal etwas zu tun. Das war wirklich Pech für die beiden Mannschaften. Abgesehen davon ist es eher eine positive Überraschung, wie zuverlässig die fünf Schiffe überwiegend um die Welt gekommen sind. Insbesondere für uns würde ich das unterstreichen: Team Malizia war konstant in allen Etappen vorne mit dabei und das ohne größere Schwierigkeiten. Darauf sind wir sehr stolz. Und von allen Teilnehmern sind wir in diesem Rennen die kürzeste kumulierte Zeit gesegelt.
Vielen Dank für das Interview, Herr Herrmann.
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