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Aleksander Aamodt Kilde exklusiv: Darum habe ich das schockierende Foto meiner Verletzung veröffentlicht

Tobias Laure

Update 02/02/2024 um 08:42 GMT+1 Uhr

Aleksander Aamodt Kilde hat nach seinem Sturz bei der Weltcup-Abfahrt in Wengen im Exklusiv-Interview mit Eurosport erklärt, warum er mit dem schlimmen Foto seiner Verletzung an die Öffentlichkeit ging. Darüber hinaus gibt der Norweger zu, dass es besser gewesen wäre, "darüber nachzudenken, nicht anzutreten". Immerhin: Die jüngsten Prognosen der Ärzte seien positiv, er könne schon wieder lächeln.

Exklusiv: Hier spricht Kilde über den Sturz und sein Schock-Foto

"Ich möchte denselben Fehler nicht noch einmal begehen", sagt Aleksander Aamodt Kilde im Gespräch mit Eurosport-Experte Johan Clarey, der 2022 Olympia-Silber in der Abfahrt gewann und seine Laufbahn im vergangenen Winter beendete.
Kilde spielt damit auf seine Entscheidung an, trotz vorheriger Erkrankung am 13. Januar bei der berühmten Lauberhornabfahrt in Wengen an den Start zu gehen. Der Gesamtweltcupsieger von 2020 stürzte schwer, zog sich eine Schulterluxation und eine Schnittwunde an der Wade zu.
Die Saison ist damit vorzeitig zu Ende für Kilde, die Zukunft als Speed-Fahrer steht in den Sternen.
"Ich weiß, dass es mehr als 100 Prozent braucht, um Abfahrten bestreiten zu können und dafür bereit zu sein. Die Frage wird sein, inwieweit ich wieder auf die Füße komme", so der Skandinavier im Eurosport-Interview:
Herr Kilde, wie geht es Ihnen knapp drei Wochen nach dem schweren Sturz in Wengen?
Aleksander Aamodt Kilde: Ich habe zwei Wochen mit sehr vielen Schmerzen hinter mir, es waren harte Zeiten. Inzwischen geht es mir besser. Ich bin auch besser drauf, habe wieder ein kleines Lächeln im Gesicht. Ich sehe Fortschritte, was wichtig ist für mich. Noch sitze ich im Rollstuhl und habe etwas Schmerzen, aber ich kann den Raum verlassen, den Physiotherapeuten aufsuchen. Ich kann wieder Dinge erledigen, das ist eine schöne Erfahrung. Es geht Schritt für Schritt voran.
In welcher Verfassung waren Sie am Tag des Unfalls - haben Sie Müdigkeit verspürt?
Kilde: Ich hatte in der Woche vor den Wettbewerben mit einer Infektion zu kämpfen, war definitiv nicht gut drauf. Die beiden Rennen vor jenem Samstag haben sich aber okay angefühlt. Ich war müde, musste einmal die Vergabe der Startnummern und eine Siegerehrung ausfallen lassen. Ich habe alles dafür getan, an dem Samstag bereit zu sein. Ich bin dann aufgewacht und habe mich in etwa so gefühlt wie an den beiden Tagen zuvor - aber es stand die längste Abfahrt des Jahres an. Ich hätte wahrscheinlich darüber nachdenken sollen, nicht anzutreten. Es ist sehr wichtig, dass ich mich jetzt nicht runterziehen lasse und beim nächsten Mal, wenn ich in einer ähnlichen Situation bin, daran denke. Ich möchte denselben Fehler nicht noch einmal begehen.
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Horrorsturz im Zielhang: Kilde kracht brachial in Fangzaun

Inwiefern können Sie sich an den Crash selbst erinnern?
Kilde: Ich kann mich nur noch an bestimmte Szenen erinnern. Daran, das Tor nicht genommen zu haben, an den Crash und den Abflug ins Fangnetz. Danach ist die Erinnerung weg und setzt erneut ein, als ich aufwachte, wie verrückt Schmerzen in der Schulter hatte und auf der Seite lag. Dann fiel ich, glaube ich, wieder in Ohnmacht - und bin erneut zu mir gekommen. Ich dachte: Oh je, mein Rücken. Dann habe ich mein Bein gesehen, das geblutet hat. Das ist alles so schnell passiert. Plötzlich war ich im Hubschrauber. Ich erinnere mich an die Schmerzen. Nach fünf Minuten im Heli setzt die Erinnerung aber schon wieder aus.
Ich lag nur da, habe das gesehen, und mir gedacht: 'Das stimmt nicht'. Es ist wirklich schlimm und das wollte ich mitteilen. Deshalb habe ich das Foto gepostet.
Hatten Sie Angst, als sie das Blut gesehen haben?
Kilde: Das Einzige, woran ich denken konnte, war meine Schulter. Mein Bein konnte ich ja sehen. Ich habe meinen Kopf zurückgelegt und begonnen, mich aufs Atmen zu konzentrieren, denn ich hatte solche Schmerzen in der Schulter. Meine Beine habe ich in dem Moment nicht gespürt. Ich habe die Helfer ihren Job machen lassen, mich auf meine Atmung fokussiert, um am Leben zu bleiben (lacht).
Wie geht es nun weiter, was sagen die Mediziner?
Kilde: Die Prognosen sind sehr positiv, zumindest auf gewisse Weise. Im Bein sind ein paar Nerven zerstört. Sie sagen, dass es sehr lange dauern wird, aber zu 100 Prozent wiederhergestellt werden kann. Zumindest dahingehend, dass ich ein normales Leben führen kann. Aber ich weiß, dass es mehr als 100 Prozent braucht, um Abfahrten bestreiten zu können und dafür bereit zu sein. Die Frage wird sein, inwieweit ich wieder auf die Füße komme. Diesbezüglich sind die Prognosen ziemlich in Ordnung.
Sie haben auf Instagram ein Foto veröffentlicht, dass ziemlich drastisch das Ausmaß der Verletzung zeigt.
Kilde: Ich habe das Foto sehr schnell nach meinem Unfall zu sehen bekommen, am Tag danach oder ein paar Tage danach. Die Ärzte kamen herein und erklärten mir, was geschehen war und was sie unternommen haben. Ich war geschockt, wie groß die Wunde war. Das war schockierend. Es war schwerwiegender als die Leute, die den Unfall gesehen haben, dachten. Kommuniziert wurde allerdings, dass die Dinge nicht so schlimm stünden. Nur eine ausgekugelte Schulter, ein Schnitt im Bein. Ich lag nur da, habe das gesehen, und mir gedacht: 'Das stimmt nicht'. Es ist wirklich schlimm und das wollte ich mitteilen. Deshalb habe ich das Foto gepostet.
Es ist wichtig, dass die FIS versteht und wahrnimmt, dass man das Ganze nicht über das Limit pushen darf, weil das Konsequenzen nach sich zieht.
Haben Sie während des Sturzes schnittfeste Skiunterwäsche getragen?
Kilde: Nein, das habe ich nicht! Das war aber das letzte Mal. Ich werde sie den Rest meiner Karriere tragen. Es ist wirklich wichtig. Nachdem ich all das jetzt durchmachen muss, weiß ich, dass mich noch mehr hätte kosten können, als es der Fall war. Zum Glück ist das nicht passiert. Es ist so wichtig, an die Sicherheit im Sport zu denken.
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Kilde meldet sich aus dem Krankenbett

Ihr Crash war kein Einzelfall, auch andere Athleten wie Marco Schwarz oder Alexis Pinturault hat es erwischt. Muss vor diesem Hintergrund der Rennkalender überarbeitet werden?
Kilde: Als Athleten haben wir die Verantwortung, uns zusammensetzen und über den Kalender zu sprechen. Das wäre etwas, was die FIS leicht anpassen könnte. Wir Athleten müssen uns mit den wichtigen Leuten der FIS zusammensetzen und sagen: 'Wir sehen jetzt die Konsequenzen, wir dürfen niemanden verlieren.' Diese Saison haben wir viele prägende Leute verloren. Es ist wichtig, dass die FIS versteht und wahrnimmt, dass man das Ganze nicht über das Limit pushen darf, weil das Konsequenzen nach sich zieht.
Durch ihren Ausfall scheinen Marco Odermatt und Cyprien Sarrazin den Sieg im Abfahrtsweltcup unter sich auszumachen. Ihr Tipp?
Kilde: Es wird sehr eng. Beide verfügen über unglaubliche Qualitäten und einen Wahnsinnsspeed diese Saison. Ich kann mir vorstellen, dass Marcos Konstanz dazu führt, dass er es am Ende nach Hause bringt. Der Topspeed aber spricht definitiv für Cyprien - und wenn er keine Fehler macht, bleibt es bis ganz zum Schluss eng.
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Traumlauf nach Kilde-Schock: Shiffrin begeistert Flachau

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