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Ashleigh Barty erklärt Rücktritt mit 25 Jahren: Das Leben auf der Tennis-Tour war nie wirklich ihr's

Thomas Gaber

Update 24/03/2022 um 10:48 GMT+1 Uhr

Ashleigh Barty beendet mit gerade mal 25 Jahren als Nummer eins der Welt und dreimalige Grand-Slam-Siegerin ihre Karriere. Sie habe körperlich und emotional nichts mehr zu geben, um auf höchstem Niveau weiterzumachen, erklärte die Australierin. Bei genauerer Betrachtung kommt ihre Entscheidung trotz des ungewöhnlichen Zeitpunkts gar nicht so überraschend. Fragen und Antworten zum Barty-Rücktritt.

Barty erklärt ihre Rücktrittsgründe: "Das wäre nicht fair"

Als Weltranglistenerste und dreimalige Grand-Slam-Siegerin tritt Barty auf dem Höhepunkt ihrer Karriere ab. 2021 erfüllte sie sich mit dem Triumph in Wimbledon ihren KIndheitstraum. "Wimbeldon zu gewinnen, war das, was ich im Tennis erreichen wollte", sagte sie damals.
Im Januar holte sie als erste Australierin seit 1978 den Titel bei den Australian Open in Melbourne und avancierte neben Serena Williams zur einzigen aktiven Spielerin, die Grand-Slam-Turniere auf allen drei unterschiedlichen Belägen gewonnen hat.
2019 hatte Barty auf der Roten Asche von Paris ihren ersten Majortitel geholt.
"Ich bin dankbar für alles, was mir der Tennissport gegeben hat", sagte Barty im Interview mit ihrer früheren Doppelpartnerin Casey Dellacqua, das sie auf Instagram veröffentlichte.

Warum ist Ashleigh Barty zurückgetreten?

Drei große Titel und der Nummer-eins-Status im Damen-Tennis - mehr musste es nicht sein. Barty hat genug vom Profitennis, weil ihr schlicht und ergreifend die Motivation für mehr fehlt.
"Es ist so, dass ich das nicht mehr in mir habe. Ich habe nicht mehr den physischen Antrieb, das emotionale Verlangen und irgendwie alles, was man braucht, um sich auf höchstem Niveau herauszufordern. Ich weiß, dass ich absolut verbraucht bin und das ich körperlich nichts mehr zu geben habe", so Barty.
Das Streben nach noch mehr Titeln passt nicht in Bartys Vorstellungen ihres zukünftigen Lebens. Sie möchte "anderen Träumen" nachjagen.
Auf den ersten Blick mag ihr Rücktritt überraschend erscheinen. Barty hätte im Damen-Tennis noch sehr viel erreichen können. Doch sie ist nicht scharf drauf, die Geschichtsbücher neu zu schreiben. Das hat neben der physischen und mentalen Ermüdung auch mit ihrem Charakter zu tun. Sie hat sich im Einzelsport Tennis nie richtig wohlgefühlt.
"Ich bin ehrlich gesagt, nicht überrascht, dass sie zurückgetreten ist", sagte Eurosport-Moderatorin Barbara Schett. "Ich war mir immer sicher, dass sie keine sehr lange Karriere haben wird. Sie hat das Spiel nicht so geliebt wie andere Spielerinnen. Und sie war nie getrieben von Erfolg oder Geld."
Im Alter von 18 Jahren nahm sich Barty nach den US Open im September 2014 eine Auszeit vom Tennis und widmete sich professionell dem Cricket. Sie spielte in Australien in der Women's National Cricket League und der Women's Bog Bash League.
Als Begründung für ihren Wechsel zum Cricket nannte Barty damals den Wunsch, einen Mannschaftssport ausüben zu wollen. "Ich habe mein Leben auch als Tennisspielerin genossen. Aber wenn du ständig auf dich allein gestellt bist, kann der Mannschaftssport sehr reizvoll sein. Wenn du Probleme auf dem Feld hast, bist du nie allein. Da sind dann zehn andere Mädchen, die dich unterstützen und mit denen du durch dick und dünn gehst", sagte Barty dem australischen "Guardian".
Im Januar 2016 kehrte sie auf die Tour zurück, weil "Tennis immer ein Teil von mir war, seit ich vier Jahre alt war." Sie hat es noch sechs weitere Jahre ausgehalten und sich ihre Träume auf der Tour erfüllt. Das soll es dann auch gewesen sein. Auf zu neuen Träumen.
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Bartys größter Triumph: Der Sieg in Wimbeldon 2021

Fotocredit: Getty Images

Hat sich der Rücktritt angedeutet?

Es gab in letzter Zeit durchaus Anzeichen dafür. Nach dem weltweiten Corona-Ausbruch im Frühjahr 2020 zog sich Barty weitgehend zurück und spielte nur wenige Turniere.
Nach der Verschiebung der French Open in den Herbst 2020 und der Absage von Wimbledon standen Ende August die US Open als erstes Grand-Slam-Turnier während der Pandemie an. Barty verzichtete jedoch auf eine Teilnahme - aus Angst vor einer Ansteckung.
Nachdem sie 2021 in Wimbledon triumphiert hatte, kamen bereits erste Gerüchte über ein baldiges Karriereende auf. "Die Entscheidung zurückzutreten, war wohl schon lange in ihrem Kopf", sagt Barbara Schett. "Sie hat schon nach dem Wimbledon-Sieg darüber nachgedacht, ob sie weitermachen soll. Und wenn man sich die letzten zwei Jahre anschaut mit den ganzen Reiseeinschränkungen, kann das sehr mühsam sein."
Schett erinnert an die Zeit nach den Australian Open in diesem Jahr, in der es "auffallend ruhig um Ash war. Sie war nicht in den Medien und sie hat mehrere Turniere sausen lassen. Ich denke, die Zeit ist reif für ihre Entscheidung und ich kann mir nicht vorstellen, dass sie in drei, vier Jahren zurückkommt."

Wie reagiert die Tenniswelt?

Geschockt, aber mit voller Hochachtung. Simona Halep schrieb bei Twitter: "Ash, was soll ich sagen, du weißt, dass ich Tränen in den Augen habe, oder? Meine Freundin, ich werde Dich auf der Tour vermissen. Du warst anders und besonders, und wir haben einige tolle Momente geteilt. Was steht als Nächstes für dich an? Grand-Slam-Champion im Golf?! Sei glücklich und genieße dein Leben in vollen Zügen."
Sam Stosur, Bartys Landsfrau und US-Open-Siegerin 2011 im Einzel, sagte: "Gratulation für alles, was Du erreicht hast, Ash. Unglaubliche Karriere! Wie Case (Casey Dellacqua, ehemalige Doppelpartnerin von Barty, Anm. d. Red.) schon sagte - Du hast es immer auf deine Art gemacht, also ist es gut, dass Du deinem Herzen gefolgt und mit dieser Entscheidung noch einmal deinen Weg gegangen bist. Ich kann es kaum erwarten zu hören, was als Nächstes auf Dich zukommt, aber in der Zwischenzeit genieße den Ruhestand!"
Die Tschechin Petra Kvitova findet, Barty zeige ihre Klasse, wie sie das Tennis auf eine schöne Art verlasse. "Ich bin so glücklich, mit dir auf dem Platz gestanden zu haben ... Tennis wird nie mehr das Gleiche sein ohne dich!"
Und Andy Murray ist zwar "glücklich" für Barty, für das Tennis sei es aber schlicht "extrem traurig". Der Brite hält mit einem Herz-Emoji fest: "Was für eine Spielerin."

Was hat Barty jetzt vor?

Ein Leben fernab vom Profisport zu führen. "Für mich ist es wichtig, die nächste Phase meines Lebens als Person Ash Barty zu genießen und nicht als Ash Barty, die Athletin", sagte Barty zu ihrem Rücktritt.
Sie wolle nicht mehr von Zuhause und ihrer Familie getrennt sein. "Ich werde jetzt Träume verfolgen, die nicht zwingend mit Reisen um die Welt zu tun haben", so Barty weiter.
Bartys Landsmann Patrick Rafter, zweimaliger US-Open-Sieger, erwartet, dass "Ash jetzt die Dinge tut, die ganz normale Menschen tun. Freitags in die Kneipe gehen, ein bisschen Fernsehen und am Wochenende Golfspielen."
Außerdem habe Barty, so Rafter, den Wunsch, "in ein paar Jahren zu heiraten und Mutter zu werden." Rafters Fazit: "Ash hat einfach keine Lust mehr auf ihr altes Leben. Sie will nicht mehr hart trainieren und nicht mehr reisen. Die Welt ist mit Corona und dem Ukraine-Krieg eine andere als vor ein paar Jahren."

Was bedeutet Bartys Rücktritt für das Damen-Tennis?

Petra Kvitova und Andy Murray haben es treffend formuliert: Bartys Rücktritt ist traurig für das professionelle Tennis, die Australierin hinterlässt eine große Lücke.
Barty war ein echter Champion, eine herausragende Athletin und Botschafterin für den Sport. Sie war beliebt bei ihren Spielerkolleginnen und auch bei den Medien.
"Mit Ash verlässt eine großartige Sportlerin die Bühne. Sie war in Gesprächen immer zuvorkommend und hatte immer ein Lächeln parat - auch wenn sie so manche Fragen verständlicherweise nicht mehr hören konnte", schrieb Sam Groth von der "Herald Sun".
Über das Niveau und die Spannung an der Spitze des Damen-Tennis muss man sich aber keine Sorgen machen. Die Weltelite ist in den letzten Jahren immer weiter zusammengerückt. Seit den US Open 2015 gab es 15 verschiedene Grand-Slam-Siegerinnen. Unter den ersten 15 der aktuellen WTA-Weltrangliste sind 13 Nationen vertreten.
"Ich sehe momentan keine Spielerin, die fünf, sechs, sieben Grand-Slam-Titel holen kann", sagt Barbara Schett. "Man kann aktuell kaum vorhersagen, wer welches Turnier gewinnen wird. Wir können beruhigt sein, wir haben so viele Persönlichkeiten. Paula Badosa zum Beispiel, die sich in den letzten beiden Jahren enorm entwickelt hat und sehr attraktives Tennis spielt. Oder Iga Swiatek, die ich als künftige Nummer eins der Welt sehe."
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