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ATP Finals 2024 in Turin - Alexander Zverev fürchtet um seinen Sport: "Ich mag nicht, in welche Richtung es geht"
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Update 13/11/2024 um 12:29 GMT+1 Uhr
Alexander Zverev hat bereits im ersten Match bei den ATP Finals in Turin seine Favoritenrolle untermauert. Dennoch schlug der Hamburger nach seinem Erfolg gegen Andrey Rublev auch kritische Töne an. Nicht zu seinem Spiel, nicht zum proppevollen Turnierkalender, sondern zur Geschwindigkeit der verschiedenen Beläge im Tennis. "Ich mag nicht, in welche Richtung es geht", sagte Zverev bei "Sky".
Chancen eiskalt genutzt - die besten Szenen zum Zverev-Sieg
Quelle: SNTV
Anfang November machte eine interessante Zahl die Runde. Beim ATP Masters in Paris-Bercy wurde ein Court Pace Index (CPI) von 45,5 Punkten festgestellt.
Schneller, so berichtete das spanische Portal "puntodebreak.com", sei seit zehn Jahren kein Platz mehr auf der Tour gewesen. Beim CPI wird, vereinfacht dargestellt, die Geschwindigkeit des Balles vor und nach dem Aufprall gemessen. Daraus entsteht letztlich ein Punktewert.
Alexander Zverev kam mit dem superschnellen Court in Paris hervorragend zurecht und gewann das Turnier souverän. "Ich finde, dass Hartplatzturniere in der Halle die schnellsten Turniere der Welt sein sollten", erklärte der 27-Jährige im "Sky"-Gespräch.
Carlos Alcaraz war indes wenig angetan vom Pariser Turbo-Court. "Ich weiß nicht, warum sie das tun und weshalb sie das Spielfeld im Vergleich zu anderen Turnieren und auch im Vergleich zum selben Turnier in den Vorjahren so stark verändert haben", sparte der Spanier nicht mit Kritik.
Zverev: "Spielarten nicht bestrafen"
Bei den aktuell laufenden ATP Finals in Turin erbrachte die CPI-Messung einen Wert von 38,4 Punkten - deutlich weniger also als vor einer Woche in Paris und auch wesentlich niedriger als jener bei den Finals 2023, als der CPI im Turnier Pala Alpitour bei 43,8 lag.
Zverev ließ wenig Zweifel daran, dass er sich mehr Speed gewünscht hätte. "Es ist nicht so, dass ich die Bedingungen im Hinblick auf mein Spiel nicht mag. Ich bin aber der Meinung, dass im Tennis Spielarten und -weisen nicht bestraft werden dürfen. Es muss einen Unterschied geben zwischen einem Sandplatz, einem Hartplatz, einem Rasenplatz. Derzeit sind aber die meisten Hart- und Sandplätze ähnlich, sie spielen sich gleich", erläuterte der Weltranglistenzweite.
Zverev moniert: "Topspieler spielen im Moment relativ gleich"
Er möge das Spiel auf Sand, habe dort "viele Turniere gewonnen und das Finale in Roland-Garros gespielt", aber: "Wenn man zu einem Hartplatzturnier kommt, sollte der Platz schneller sein als bei einem Sandplatzturnier." Zverev geht es nicht um einzelne Events oder persönliche Vor- und Nachteile, der Tokio-Olympiasieger fürchtet um die Vielseitigkeit seines Sports.
"Es sollte mehr verschiedene Spielweisen geben und ich denke, dass alle Topspieler im Moment relativ gleich spielen, denselben Spielstil haben", führte Zverev aus.
Federer grübelt, Kyrgios findet deftige Worte
Die Debatte um die Geschwindigkeiten auf den unterschiedlichen Belägen ist indes nicht neu. Vor allem in Wimbledon kochte das Thema hoch, nachdem sich der Charakter des Spiels aufgrund eines weicheren Untergrunds, einer neuen Grasmischung und anderer Bälle drastisch veränderte.
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Roger Federer 2019 in Wimbledon
Fotocredit: Getty Images
Die Ballwechsel wurden langsamer und länger. Grundlinienspieler profitieren, Rasenspezialisten wie Roger Federer eher nicht. Er habe sich Gedanken darüber gemacht, ob der heilige Rasen "so langsam ist wie noch nie", gab der Maestro 2019 zu. Nick Kyrgios wurde zwei Jahre später noch deutlicher. "Das ist langsam. Sie haben es langsam gemacht. Es ist kein Rasen mehr, es ist ein Witz", polterte der Australier.
Es gilt als Konsens unter Spielern wie Experten, dass die Unterschiede zwischen den Belägen kleiner geworden sind, dass Allrounder den Spezialisten den Rang ablaufen. Es gibt aber einen weiteren Faktor, der sich stark auf die Geschwindigkeit des Spiels auswirkt: die Bälle.
Zverev sieht Qualitätsverlust bei den Bällen
Auch in diesem Bereich sind lebhafte Debatten entbrannt. "Weil die Firmen während der Pandemie Kosten sparen wollten, nutzen sie nun anderes Gummi-Material. Das macht die Bälle im Schnitt zwischen 30 und 60 Prozent langsamer als vor der Pandemie", monierte Zverev in Turin. Er selbst habe Kontakt zu den Herstellern aufgenommen, um sich über die Details und die aus seiner Sicht schlechter werdende Qualität zu informieren.
Die Bälle würden nicht mehr nur ausfransen, "sondern auch drastisch viel Luft und Druck verlieren", berichtete der 27-Jährige. Auf den "ersten zwei, drei Metern" sei das Tempo der Filzkugeln noch hoch, dann nehme es drastisch ab. Weil durch langsamere Bälle mehr Kraft in den Schlägen aufgewendet werden muss, befürchtet Zverev zudem negative Folgen für die Gesundheit der Profis.
Djokovic: "Es ist ein Problem und wir beschweren uns"
Eine Sichtweise, die er mit Novak Djokovic teilt. Der Rekord-Grand-Slam-Champion hatte schon in der vergangenen Saison auf die Gefahren hingewiesen und bemängelt, dass bei den ATP-Wettbewerben mit unterschiedlichen Bällen gespielt werde.
"Es ist ein Problem und wir beschweren uns darüber. Ich denke, es braucht etwas mehr Vereinheitlichung, um Verletzungen an den Handgelenken, Ellbogen und Schultern zu vermeiden", befand der Superstar. Zverev ist ebenfalls der Meinung, dass die Probleme vermehrt auftreten. "Das war vor zehn, 15 Jahren noch nicht der Fall", so der French-Open-Finalist.
Kohlschreiber: Bedingungen in Turin sind "fair"
Ob speziell bei den Finals in Turin der Belag und die Beschaffenheit der Bälle ein Nachteil für Zverev sind, wird sich weisen. Nimmt man den 6:4, 6:4-Erfolg gegen Andrey Rublev zum Maßstab, sieht es nicht danach aus.
Und auch Philipp Kohlschreiber sprach bei "Sky" von einem "fairen Platz für jeden". Er habe sich mit Kevin Krawietz ausgetauscht, der im Doppel am Start ist. Demzufolge seien die Ballwechsel nicht generell langsam, gerade beim Topspin oder Kickaufschlag nehme das Spiel Tempo auf.
Er könne aber nachvollziehen, dass sich Zverev für noch schnellere Bedingungen stark mache, betonte Kohlschreiber. "Nach Paris, wo Sascha am Ende durchmarschieren konnte, ist klar, dass er sich einen schnellen Belag wünscht." Da dies aber nicht die Idealvorstellung aller Topprofis ist, dürfte sich die Diskussion in der kommenden Saison fortsetzen.
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