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Alexander Zverev geht in München in die Knie - die Wohlfühloase war nur eine Fata Morgana

Tobias Laure

Update 28/04/2022 um 12:14 GMT+2 Uhr

Alexander Zverev hat sich sang- und klanglos vom Sandplatz-Turnier in München verabschiedet. Der Olympiasieger musste schon im Auftaktmatch gegen das dänische Talent Holger Rune mit 3:6, 2:6 die Segel streichen. Bei Zverev ist Sand im Getriebe, um im Bild zu bleiben. Die Ursachenforschung dürfte indes nicht leicht werden, der Rückschlag in der vermeintlichen Wohlfühloase wirft viele Fragen auf.

Genialer Lob: Rune lässt Zverev keine Chance

Vom ATP-Turnier in München berichtet Tobias Laure
Alexander Zverev saß schon auf dem Podium, als die Journalisten in den Pressekonferenzraum strömten. Der Blick des 25-Jährigen verhieß nichts Gutes, es war deutlich zu spüren, dass er eigentlich nur noch weg wollte.
"Es tut mir leid, dass ich euch jetzt solche Antworten gebe", teilte der Weltranglistendritte nach den ersten Fragen mit, die er mit gnadenloser Selbstkritik beantwortet hatte. München ist für den Hamburger der jüngste Tiefpunkt in einer Abfolge von vielen Enttäuschungen in dieser Saison. Mehr noch: "Es war mein schlechtestes Match seit sechs, sieben Jahren."
Von besseren Zeiten zeugte da nur noch der Olympia-Trainingsanzug, den Zverev seit dem Gewinn der Goldmedaille in Tokio regelmäßig trägt. Knapp neun Monate ist der Coup nun her.
Es sollte der Startschuss sein für den Gipfelsturm. Tatsächlich sah es auch lange so aus, als ob die Mission gelingen könnte. Zverev gewann nach Olympia das Masters von Cincinnati, das Turnier von Wien, die ATP Finals in Mailand.
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Zverev enttäuscht: "Schlechtestes Match seit sechs Jahren"

Im Januar war er bei den Australian Open nur noch drei Siege vom Sprung auf Platz eins des ATP-Rankings entfernt. Doch auf den letzten Stufen zum Thron geriet Zverev ins Stolpern. Auf das Aus in Melbourne folgte eine Finalniederlage in Montpellier und der Eklat samt Disqualifikation in Acapulco. Die folgende Masters-Trilogie von Indian Wells, Miami und Monte Carlo ging mit mäßigen Resultaten vorüber.

Zverev: Die Wohlfühloase war ein Trugschluss

München, so war der Plan, sollte zurückbringen, was seit Monaten fehlt: Erfolg und Freude. "Ich habe so viel Druck gehabt, dass ich teils keinen Spaß hatte", hatte Zverev vor Beginn des Wettbewerbs zugegeben. Das Jahr habe "angefangen mit so vielen Chancen, die Nummer eins zu werden. Das war immer in meinem Kopf. Ich habe mich extrem unter Druck und nicht frei gefühlt."
Die Freude kam auch in München nicht zurück, dabei hatte alles so gut begonnen. Zverev besuchte den Bundesliga-Gipfel zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund, die ersten Trainingseinheiten am Aumeisterweg absolvierte er in Begleitung seiner Freundin Sophia Thomalla. Die Mama war ebenfalls dabei, Pudel Lövik tobte über den Court.
Wohlfühlatmosphäre also. Es war alles angerichtet. Als Zverev kurz nach seinem Gegner Holger Rune den sehr gut gefüllten Centre Court betrat, wurde es richtig laut. Das Münchner Publikum war gewillt, den zweifachen Turniersieger durchs Match zu tragen.

Zverev: "Hätte gegen jeden Spieler aus dem Hauptfeld verloren"

Und dann? Rieben sich alle die Augen. Der junge Däne war mitnichten als mutiger, aber letztlich chancenloser Außenseiter angetreten. Stattdessen hetzte Rune den Deutschen mit brillanten Stops in Serie. "Mache ich normalerweise nicht in dieser Frequenz. Aber ich wusste, dass Alex meist weit hinter der Grundlinie steht, habe ich mich für diese Taktik entschieden", erzählte der Teenager später.
Ist die Nummer drei der Welt tatsächlich so leicht auszumanövrieren? An schlechten Tag schon. Er sei zwar "ein wenig erkältet" gewesen, aber das habe keinen Einfluss auf die Begegnung mit Rune gehabt, versicherte Zverev auf Nachfrage von Eurosport.de. Er hätte "heute gegen jeden Spieler aus dem Hauptfeld verloren". Die Aussage mag aus der Enttäuschung heraus gekommen sein, Fakt aber ist, dass im Moment neben der fehlenden Freude auch spielerische Unzulänglichkeiten ein entscheidender Faktor sind.

Nervös und keine Vorhand - das Zverev-Dilemma

Gegen Rune servierte Zverev zwar fast durchgehend mit über 200 km/h, ein Ass resultierte daraus aber nicht. Diese "freien" Punkte sind allerdings ein Eckpfeiler im Spiel des 25-Jährigen. Genauso schlimm: die Vorhand lief nicht. Mit erschreckender Penetranz setzte Zverev den Paradeschlag ins Netz. "Ich habe heute ohne Vorhand gespielt", befand der Turnierfavorit. "Dazu war ich sehr nervös vor meinem ersten Spiel in Deutschland vor Publikum nach langer Zeit." So lasse sich selbst bei einem 250er-Turnier kein Blumentopf gewinnen. Wohl war.
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In der kommenden Woche werden die Trauben wesentlich höher hängen. Zverev hat für das ATP Masters in Madrid gemeldet. Zverevs Hauptkonkurrenten heißen Novak Djokovic, Rafael Nadal oder Stefanos Tsitsipas. Ohne Vorhand wird in der spanischen Hauptstadt kein Satz zu gewinnen sein. Einerseits. Andererseits hat Zverev das Event 2018 für sich entschieden und bewiesen, dass er mit den schnelleren Bedingungen in der Höhe von Madrid gut zurechtkommt.
Es besteht durchaus Hoffnung, dass Zverev seiner Saison eine Wende geben kann, zumal die Zusammenarbeit mit Coach Sergi Bruguera noch jung ist. Da lässt, oder besser muss, sich einiges entwickeln. Schließlich wolle er "vieles ändern und das beste Jahr meines Lebens" hinlegen.
Es wäre also dringend an der Zeit, die Wende zu schaffen.
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