Holger Rune lehrt die Weltelite das Fürchten - warum sogar Novak Djokovic baff ist
Holger Rune ist der Mann der Stunde auf der ATP Tour - mit 19 Jahren. Beim Masters in Paris zwang der freche Däne fünf Top-10-Spieler in Serie in die Knie. Ein Husarenstreich, der nur auf den ersten Blick überraschend kam. Tatsächlich begann Runes Höhenflug bereits vor vier Jahren. Nach dem Coup von Paris liegt der Vergleich mit Carlos Alcaraz nahe, wenngleich es frappierende Unterschiede gibt.
Rune entzaubert Djokovic: So eroberte der Youngster Paris
Quelle: Eurosport
Michael Mortensen greift ohne zu zögern ins oberste Regal. Was Holger Rune beim ATP Masters in Paris erreicht habe, sei "einer der größten sportlichen Leistungen Dänemarks in diesem Jahr", sagt der einstige Coach von Caroline Wozniacki gegenüber Eurosport.
Tatsächlich ist der 19-Jährige mit dem Titel von Paris-Bercy der zweite Teenager nach US-Open-Champion Carlos Alcaraz, der die Szene in jüngster Vergangenheit aus den Angeln hebt. Man könnte sagen: mit Ansage. Mit 15 Jahren war Rune nationaler Meister in Dänemark und spielte im Davis Cup, 2019 gewann er die French Open der Junioren und kletterte im Saisonverlauf auf Rang eins der Nachwuchs-Weltrangliste.
Drei Jahre später hat Rune sich "im Kreis der besten Spieler der Welt etabliert", findet Mortensen. Der Coup von Paris, den der Youngster als schönstes "Gefühl meines Lebens und meiner Karriere" bezeichnete, war bereits der dritte Titel auf der ATP Tour.
Schon im Frühjahr triumphierte der Kopenhagener auf Sand in München, im Oktober folgte Turniersieg Nummer zwei auf Hartplatz in Stockholm. Dazu kamen auf demselben Belag zwei Finalteilnahmen in Sofia und Basel.
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Rune nach Final-Triumph: "Stressigstes Spiel meines Lebens"
Quelle: Eurosport
Die einst als Thronfolger der Big 4 auserkorene Mitzwanziger-Generation um Alexander Zverev (25), Daniil Medvedev (26), Stefanos Tsitsipas (24) oder Andrey Rublev (25) muss erkennen: Dieser Platz wird immer schwerer zu halten sein, denn nun startet auch Rune durch.
Gegen das Toptalent anzutreten, sei schon jetzt "vergleichbar mit einem Duell mit einem Top-3-Spieler", betonte Tsitsipas im Interview mit Eurosport. Rune zeige sich komplett "furchtlos" auf dem Platz - wie auch immer der Gegner heißen mag.
Rune: Das sind die Gründe für den Höhenflug
Womit wir bei den Gründen sind für den Höhenflug. In Paris rang Rune fünf Top-Ten-Profis in Folge nieder. Das Meisterstück war die Leistung im Endspiel gegen Novak Djokovic. Obwohl er gegen den für viele Experten noch immer besten Spieler der Welt im dritten Satz 1:3 zurücklag, setzte er unbeeindruckt auf seine Stärken.
Beim Service agierte er unglaublich offensiv. 18 Mal ließ er dem Aufschlag eine druckvolle Vorhand folgen, was ihm 16 Mal den Punkt einbrachte. Acht Mal versuchte Rune es mit dem aus der Mode gekommenen Serve-and-Volley-Spiel, was fünfmal funktionierte.
Mindestens genauso beeindruckend war das Defensivspiel des 19-Jährigen: Rune rannte - bildlich gesprochen - um sein Leben. Der Däne zeigte eine wahnsinnige Beweglichkeit, mit der er nahezu unerreichbare Bälle noch holte und sauber zurückbrachte. Eine Qualität, die sonst Djokovic auszeichnet. Die Folge: Zwei Breaks und der Sieg im Finale gegen den 21-maligen Grand-Slam-Turniersieger aus Serbien.
Ein Faktor für den Erfolg ist mit Sicherheit auch die Zusammenarbeit mit Patrick Mouratoglou. Rune hat sich vor dem Event in Stockholm mit dem Star-Coach auf eine Kooperation bis Ende des Jahres verständigt. Um "den nächsten Schritt zu machen", wie er wissen ließ. Der bisherige Trainer Lars Christensen bleibt aber an Bord. Ein cleverer Schachzug, wie sich nun zeigt.
Djokovic begeistert von Rune: "Beeindruckend"
"Holger hat das ganze Paket", lobt Mortensen, der während seiner Laufbahn fünf Titel im Doppel gewann. "Schwierige Phasen" meistere Rune exzellent: "Aus diesen Phasen, in denen er sich massiv wehren muss, geht er stark hervor." Sein Landsmann könne trotz seiner jungen Jahre "gut einschätzen, welchen Schlag er in praktisch jeder Situation auspacken muss. Es ist ein Zeichen für einen Klassespieler, dass er das in so kurzer Zeit geschafft hat."
Inzwischen ist Rune selbst Top-Ten-Spieler und als Nachrücker könnte sogar noch ein Auftritt bei den ATP Finals in Turin hinzukommen.
Djokovic vergleicht den Skandinavier mit Carlos Alcaraz, der im September mit 19 Jahren sensationell die US Open für sich entschied. Die "Energie auf dem Platz, wie sie sich immer anfeuern und mehr wollen - das ist beeindruckend", staunt der 35-Jährige. "Ich freue mich für dich, weil ich deine Persönlichkeit mag", teilte Djokovic dem Paris-Champion noch auf dem Court nach dem Finale mit.
Rune sorgt mit Ausrastern für Schlagzeilen
Hier allerdings scheiden sich die Geister, denn im Unterschied zu Alcaraz ist Rune beileibe nicht Everybody's Darling. Wo der Spanier ruhig, defensiv und zurückhaltend reagiert, haut der Däne schonmal mächtig auf die Pauke.
Bei der Niederlage im Endspiel von Basel gegen Félix Auger-Aliassime schleuderte er Top-Schiedsrichter Mohamed Lahyani wüste Beschimpfungen entgegen, um sich später wegen der Szenen auf Twitter mit einigen Usern anzulegen.
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Ruud wehrt sich gegen Vorwürfe von Rune: "Eine Schande"
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Bei den French Open im Juni geriet Rune mit Casper Ruud aneinander. Während des verlorenen Viertelfinals gegen den Norweger herrschte er zunächst seine Mutter an ("Wenn du mir nicht helfen kannst, dann geh"), später überhäuften sich die beiden Spieler gegenseitig mit Vorwürfen und Kritik. Ruud empfahl seinem Kontrahenten schließlich, erwachsen zu werden.
Wawrinka macht Rune "Baby"-Vorwurf
Das würde wohl auch Stan Wawrinka so unterschreiben. Der dreimalige Grand-Slam-Champion aus der Schweiz vergab in der 1. Runde von Paris drei Matchbälle gegen Rune und schied aus. Beim Shakehands am Netz teilte der 37-Jährige dem etwa halb so alten Sieger süffisant mit, dass er sich "wie ein Baby auf dem Platz" verhalten habe.
Tags darauf schaltete sich Mama Rune ein und stellte beim dänischen Sender "TV2" öffentlich in den Raum, dass Wawrinka womöglich ein schlechter Verlierer sei.
Für Shootingstar Rune sind solche Schlagzeilen durchaus ein schmaler Grat, wenngleich bei einem Jungprofi mit 19 Jahren nicht alles auf die Goldwaage gelegt werden darf.
Wahrscheinlich aber wäre es cleverer, sich auf den sportlichen Teil zu fokussieren, denn da hat Rune riesiges Potenzial. "Er ist jetzt in den Top 10 der Welt. Da fängt man an, über Grand-Slam-Titel zu reden. In Roland-Garros stand Holger in diesem Jahr im Viertelfinale", erinnert Mortensen und zieht daraus den Schluss: "Das nächste Ziel muss es sein, sein erstes Grand-Slam-Finale zu spielen." Das oberste Regal eben ...
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Rune wirft auch Auger-Aliassime raus - die besten Szenen
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