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Kingsley Coman im Eurosport-Interview: "Das Schlimmste befürchtet"

Update 12/04/2020 um 14:45 GMT+2 Uhr

Kingsley Coman vom FC Bayern München blickt im exklusiven Interview mit Eurosport auf seinen bittersten Moment in dieser Saison zurück. Der 23-Jährige erklärt, was es bedeutet, sich in Zeiten der Corona-Pandemie auf Fußball zu konzentrieren und wie das Training beim deutschen Rekordmeister derzeit abläuft. Coman verrät außerdem, warum er ein Problem mit seiner Spielfigur auf der Konsole hat.

FC Bayern: Lewandowski, Coman, Perisic, Müller (v.l.n.r.)

Fotocredit: Getty Images

Das Interview führten Maxime Dupuis und Martin Mosnier
Herr Coman, wie geht es Ihnen in dieser besonderen Zeit, die wir in diesen Wochen erleben?
Kingsley Coman: Mir geht es Gott sei Dank gut. Da wir schon wieder trainieren, sogar noch besser. Auch wenn wir nur in kleinen Gruppen auf dem Platz stehen, macht es Spaß, wieder zu spielen und Tore zu erzielen.
Was passiert genau im Kleingruppen-Training, welche Vorgaben gibt es?
Coman: Seit Montag arbeiten wir in Gruppen von vier oder fünf Spielern. Meist stehen dabei technische Dinge und Laufeinheiten auf dem Programm, dazu ein kleines Spiel aufs Tor. Wir halten auch im Training den Sicherheitsabstand ein, es gibt also keine Zweikämpfe. Zu Wettkampf kommt es eigentlich nur beim Fußball-Tennis. Wir halten uns weiter streng an die Vorgaben, aber mit Ball ist das doch sehr viel besser als ohne. Video-Sessions auf dem Ergometer sind gut, können aber keine Einheiten auf dem Platz ersetzen.
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FC Bayern wieder im Training: So lief die erste Einheit

Wären Sie bereit, wenn es heißen würde, in zwei oder drei Wochen wird wieder gespielt?
Coman: Ich denke, zwei oder drei Wochen würden ausreichen, um bereit zu sein. Es fühlt sich aktuell aber schon so ein bisschen wie die Sommerpause an, nur ohne Urlaub! Oder zumindest wie das Ende der Sommerpause, wenn du dich zuhause mit einem Coach auf die Saison vorbereitest. Wir hatten aber auch so außer sonntags täglich Termine mit dem Verein. In erster Linie waren das unsere gemeinsamen Trainings.

Fußball auf der Playstation? "Nicht realistisch genug"

Sie tragen ein Trikot von NBA-Star Kyrie Irving. Spielen Sie auch etwas Basketball oder wie muss man sich derzeit einen typischen Tag im Leben von Kingsley Coman vorstellen?
Coman: Vor dem Vormittagstraining habe ich heute ein bisschen Zeit mit meiner Familie verbracht. Ansonsten bin ich natürlich viel zuhause, gehe ab und zu ein wenig spazieren. Man darf ja noch mit der Familie nach draußen gehen, wenn man vorsichtig ist. Ich sitze außerdem etwas mehr vor dem Fernseher und der Playstation - aber das bessert sich gerade wieder.
Spielen Sie dann lieber Fußball oder Basketball?
Coman: Klarer Fall, Basketball! Fußball kann ich nicht spielen, unmöglich.
Aber Kingsley Coman hat an der Konsole super Werte und ist extrem schnell.
Coman: Ja, ich weiß. Soll ich Ihnen sagen, warum ich das nicht spiele?
Bitte.
Coman: (lacht) Ich sehe dann bei mir Aktionen, die ich selbst nicht kann. Das geht doch nicht! Für mich ist das Spiel einfach nicht realistisch genug.
Im Dezember verletzten Sie sich gegen Tottenham am Knie und wirkten im ersten Moment richtig geschockt. Was ging Ihnen da durch den Kopf?
Coman: Im ersten Moment hatte ich sehr große Angst. Vor dem Spiel hatte ich mich speziell um meinen Knöchel und das Knie gekümmert, weil ich ziemlich genau ein Jahr verletzungsfrei geblieben war und mir gesagt habe: 'Du darfst jetzt nicht nachlassen!' Ich wollte unbedingt ein gutes Spiel zeigen, hatte hart dafür gearbeitet. Das Match begann auch sehr gut. Dann kam ein etwas zu lang geschlagener Ball und ich habe eine unglückliche Bewegung gemacht ... Ich hörte ein Knacken und dachte instinktiv an meine Kreuzbänder. Ich habe sofort das Schlimmste befürchtet.
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Verletzte sich gegen Tottenham: Kingsley Coman

Fotocredit: Getty Images

Die Verletzung stellte sich zum Glück 'nur' als Kapselverletzung im Knie heraus. 2018 hatten Sie jedoch schon mal laut darüber nachgedacht, etwas anderes aus Ihrem Leben zu machen, sollte Ihr Verletzungspech anhalten. Hatten Sie wirklich vor, Ihre Profi-Karriere zu beenden?
Coman: Ich habe das damals unter dem Eindruck zweier aufeinanderfolgender Operationen gesagt (Syndesmosebandrisse im Februar und August 2018, Anm. d. Red.). Ich kam aus der Sommerpause und musste nach dem ersten Spiel schon wieder unters Messer. Ich hatte sechs Wochen lang eine Schraube im Fuß, konnte nichts tun. Die folgende Reha war sehr schwer. Und ich habe mir Fragen gestellt. Ein oder zwei Jahre später hätte mich das vielleicht nicht so hart getroffen, aber dreimal in einem Jahr derselbe Knöchel? Ich habe das nicht als persönliche Schwäche empfunden, aber es kamen eben solche Gedanken auf.
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Coman erzählt von seinem Schock-Moment: "Ich hatte große Angst"

Im Februar haben Sie Ihr Comeback gegeben, verletzten sich dann gegen Chelsea am Oberschenkel. Jetzt wären Sie wieder fit, können aber nicht spielen, weil die Corona-Krise auch den Fußball lahmgelegt hat. Keine leichte Situation für Sie.
Coman: Zum Spiel bei Union Berlin, das dann abgesagt wurde, wäre ich wieder im Kader gestanden. Das war schon frustrierend. Als der Liga-Stopp kam, dachte ich mir: 'Mein Gott, Du hast echt kein Glück.' Aber so ist das Leben und es relativiert sich vieles sehr schnell, wenn wir uns die Ausmaße dieser Pandemie ansehen. Da wird Dir klar: Es gibt viel größere Probleme. Ich bin froh, dass ich gesund bin und die meisten meiner Verwandten auch.
Sie stehen in dieser Saison bei fünf Toren und fünf Assists in 24 Einsätzen für die Bayern. Wie fällt Ihr Zwischenfazit aus?
Coman: Die Zahlen könnten besser sein. Der Saisonstart verlief gut, ich habe bis zur Verletzung gegen Tottenham gute Spiele gezeigt. Jetzt hätte eigentlich die beste Phase der Saison losgehen sollen: Wir sind in der K.o.-Phase der Königsklasse dabei, die Meisterschaft ist eng und verspricht ein aufregendes Finale. Von daher ist es momentan frustrierend. Aber wie bereits gesagt: Die Dinge relativieren sich.
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"Nicht realistisch genug!" Darum spielt Coman kein FIFA

Coman tritt das Erbe von Robben und Ribéry an

Sie spielen seit fünf Jahren für den FC Bayern München. Wie haben Sie sich in dieser Zeit verändert?
Coman: Ich habe mich weiterentwickelt, körperlich verändert. Als ich nach München kam, war ich natürlich jünger und hatte dementsprechend ungebremste Energie. Ich bin natürlich immer noch nicht alt und habe auch noch sehr viel Schwung, aber mit 18 oder 19 musste ich mich nicht mit ernsthaften Verletzungen auseinandersetzen. Inzwischen spiele ich schon länger auf hohem Niveau und weiß, was es bedeutet, im Dreitagesrhythmus zu spielen. Mir ist klar geworden, dass ich nicht zehn Spiele in Folge jede Minute einen Sprint anziehen kann. Ich bin viel reifer geworden.
Als Sie 2015 zu den Bayern kamen, bildeten Arjen Robben und Franck Ribéry eine der besten Flügelzangen der Welt. Wann hatten Sie den Eindruck, einen Fuß in die Tür zu bekommen?
Coman: Vor etwa zwei Jahren. Ich hatte gerade einen neuen Vertrag unterschrieben, mich langfristig an den Verein gebunden. Körperlich war ich in großartiger Verfassung. Es war die Zeit vor meiner ersten Verletzung, alles war in Ordnung. Mein Standing innerhalb des Klubs ist sehr wichtig für mich und ich spüre auch jetzt nach all diesen Verletzungen das Vertrauen. Ich bin guter Hoffnung, dass die schlimmsten Verletzungen nun hinter mir liegen. Und ich arbeite gezielt daran, diese künftig zu vermeiden.
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Arjen Robben und Kingsley Coman beim FC Bayern

Fotocredit: Getty Images

Worauf liegt Ihr Fokus sonst noch, in welchen Bereichen ist Luft nach oben?
Coman: Was meine Scorerpunkte angeht, sehe ich Verbesserungspotenzial. Ich muss aber auch sagen, dass ich nie ein großer Freund dieser Zahlen war, weil sie für mich nur einen kleinen Teil der Leistung eines Spielers widerspiegeln. Mal spielst du einen wichtigen Pass vor einer entscheidenden Szene, mal erkämpft ein Verteidiger den Ball, was zum Torerfolg führt. Daher sind Statistiken immer nur ein kleiner Ausschnitt – und trotzdem versuche ich, meine Werte zu steigern.
Sie haben in Paris, Turin und München gespielt. Fehlen eigentlich nur noch Stationen in England und Spanien.
Coman: Wenn's um die großen fünf europäischen Ligen geht, dann ja.
Stellen wir uns für einen Moment vor, Sie wären schon zehn Jahre in München. Das Interesse anderer Top-Klubs ist da, aber Sie bleiben bis zum Karriereende beim FC Bayern. Vorstellbar?
Coman: Ich fühle mich sehr wohl hier. Aber im Fußball geht alles immer sehr schnell. Ich bin jetzt 23 Jahre alt und weiß noch nicht, was ich in fünf Jahren will. Es ist vieles denkbar. Was für mich feststeht: Mein Ziel ist es, so lange es geht auf höchstem Niveau zu spielen und möglichst viele Titel zu holen. Und der FC Bayern ist einer der Vereine, bei dem du das erreichen kannst.
Teil 2 des großen Interviews mit Kingsley Coman lest Ihr an Karsamstag hier auf Eurosport.de!
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