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Vierschanzentournee: Wellinger gegen den Schicksalsberg - die wahren Duelle beim Bergiselspringen in Innsbruck

Marc Hlusiak

Update 03/01/2024 um 08:35 GMT+1 Uhr

Die DSV-Adler erlebten in der Qualifikation von Innsbruck einen komplizierten Nachmittag. Der Tournee-Führende Andreas Wellinger landete als bester Deutscher auf Rang 15, während seine Konkurrenten um den Gesamtsieg, Stefan Kraft und Ryoyu Kobayashi, den schwierigen Windverhältnissen trotzten. Auch Anze Lanisek gibt den Kampf um den Goldenen Adler noch nicht auf. Die wahren Duelle am Bergisel.

Schmitt-Analyse: "Dann müsste man sich Sorgen machen"

Mehr als ein müdes Lächeln brachte Andreas Wellinger zwar nicht hervor - doch der Führende der Vierschanzentournee versprühte nach dem ersten kleinen Dämpfer weiter Optimismus.
"Morgen ist ein neuer Tag. Ich hoffe, die Bedingungen sind besser und vor allem fairer, dann wird das schon", sagte Wellinger nach der mäßigen Qualifikation in Innsbruck bei Eurosport.
Am Bergisel hatte wie so oft der Wind ein ordentliches Wort mitgeredet - und Wellinger eine Top-Platzierung im ersten Charaktertest am deutschen Schicksalsberg verpasst. Bei schwierigen Bedingungen landete der zweimalige Olympiasieger am Dienstag schon bei 119,5 m und damit "nur" auf dem 15. Platz.
Sein Sprung sei rein von der Qualität "in Ordnung" gewesen, beteuerte Wellinger, der dementsprechend guter Dinge für den Wettbewerb am Mittwoch war: "Ich bin jetzt nicht der Glücklichste, aber das Q steht - und das ist heute das Wichtigste."
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"Schwieriger Tag": Wellinger, Geiger und Co. hadern mit Quali

1.) Wellinger gegen den Schicksalsberg

Der Umzug der Vierschanzentournee von Garmisch-Partenkirchen nach Innsbruck, wo traditionell das dritte Springen des prestigeträchtigsten Skisprung-Events stattfindet (13:30 Uhr live und on-demand bei discovery+), bekam den DSV-Athleten nicht immer gut. Am berüchtigten Bergisel zerplatzten in der Vergangenheit nicht selten die Siegträume deutscher Springer. Medial ist deshalb vom deutschen "Schicksalsberg" die Rede.
"Ich mag den Bergisel", sagte Andreas Wellinger im Vorfeld der dritten Station in Innsbruck und gab sich zuversichtlich, fast schon unbeeindruckt vom Bergisel-Fluch. Zugeschlagen hat der Schicksalsberg am Dienstag trotzdem - glücklicherweise, ohne einen DSV-Adler gar die Teilnahme am Wettkampf einen Tag später zu verbauen.
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Quali-Dämpfer! Wellinger vom Wind im Stich gelassen

"Es hat sehr gewindet, aus allen Richtungen. Es gab viele Unterbrechungen, deshalb sollte man das Ergebnis nicht zu eng sehen", befand Eurosport-Experte Martin Schmitt in seiner Analyse. Wellinger sollte sein mageres Quali-Ergebnis dennoch als Warnschuss verstehen.
Ja, die Bedingungen waren kompliziert, seine Hauptkonkurrenten mussten jedoch auch mit diesen zurechtkommen und lösten die Aufgabe deutlich besser. Wäre die Qualifikation ein Wettkampfdurchgang gewesen, Stefan Kraft (Platz 2/127,1 Punkte) hätte seinen 25-Punkte-Rückstand auf Wellinger (107,8 Punkte) auf gerade einmal fünf Punkte schrumpfen lassen. Ryoyu Kobayashi (Platz 3/122,2 Punkte) wäre bereits deutlich am Ruhpoldinger vorbeigeflogen und hätte die Tournee-Führung übernommen.
Oder anders: Der Schicksalsberg hätte einmal mehr zugeschlagen.

2.) Kraft und Lanisek gegen den Rückstand

25,2 Punkte beträgt der Rückstand von Stefan Kraft zur Halbzeit der Vierschanzentournee auf den Führenden Wellinger. Der eine oder andere Experte hatte den 30-Jährigen nach zwei von vier Schanzen schon abgeschrieben. Dass der Sieger von 2014/15 sich aber noch längst nicht geschlagen gibt und er den großen Rückstand im Zweifel mit nur einem einzigen Sprung einschmelzen kann, hat die Qualifikation am Bergisel eindrucksvoll beweisen.
"Stefan Kraft war beeindruckend", zollte Schmitt dem Österreicher nach dessen Sprung auf Platz zwei (124,5 m) Tribut. "Er ist hierher gekommen, hat gleich den ersten Trainingssprung gewonnen. Er fühlt sich wohl auf der Schanze." Kraft, der in Garmisch-Partenkirchen Probleme mit der Anlaufspur hatte und 14,8 Punkte auf Wellinger einbüßte, sei nun im "Angriffsmodus".
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Kraft kennt nur eine Devise: "Attacke nach vorne"

In selbigem befindet sich auch Anze Lanisek. Der Slowene flog nach seinem Sieg in Garmisch (Quali und Wettkampf) zum zweiten Quali-Sieg in Serie und drängt in der Tournee-Gesamtwertung gen Podest. Seinen immer noch großen Rückstand auf die Spitze hatte er sich durch einen 18. Platz in Oberstdorf eingehandelt, seine derzeitige Form lässt die slowenischen Skisprung-Fans aber dennoch auf das Wunder hoffen.
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Telemark bei 134 m! Lanisek siegt mit Traumsprung in der Quali

"Er springt 134 Meter mit einem sauberen Telemark", staunte Schmitt nicht schlecht über die Tagesbestweite und konstatierte: "Er ist ganz klar ein Mann für den Sieg morgen."

3.) Alle gegen den Wind

Viele Worte benötigte Karl Geiger nicht, um die Frage zu beantworten, ob man sich im Skispringen eigentlich auf den Wind vorbereiten könne. "Nein", entfuhr es dem Oberstdorfer am Eurosport-Interview schnell und bestimmt. Man könne sich auf seinen Sprung vorbereiten und hoffen, dass man ihn gut erwischt, beeinflussen oder gar steuern könne man aber nichts.
Geiger war beileibe nicht der einzige Athlet, der mit dem ständig wechselnden, teils böigen Wind Probleme hatte. Dawid Kubacki, Vorjahressieger am Bergisel schaffte es nicht einmal unter die besten 50 und muss morgen zuschauen. Auch Geigers Teamkollegen Philipp Raimund (20.), Stephan Leyhe (30.) und Pius Paschke (35.) waren weit entfernt von einem Top-Ergebnis. "Heute war wirklich ein sehr schwieriger Tag. Man muss einfach einen Haken dran machen und sich freuen, dass man die Quali erledigt hat", so Geiger.
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Geiger weit zurück: Seitenwind machen DSV-Adler zu schaffen

Ganz ähnlich äußerte sich auch der Zweitplatzierte: "Oben denkst du, es ist ein Skispringen möglich. Die Werbung hinter dir haut's dir um die Ohren, im Anlauf haut's dich gegen die Bande, weil so eine Böe kommt, aber unten schaut's halbwegs ruhig aus. Man hat heute glaube ich keine gefährlichen Sprünge gesehen", sagte Stefan Kraft bei Eurosport. Man könne froh sein, dass es die Quali ist, aber man habe auch "das Quäntchen Glück" gebraucht.
Schmitt erwartet nach einer "turbulenten" Qualifikation am Mittwoch ein "typisches Innsbruck-Springen". Soll heißen: "Etwas gemäßigter als heute, mal Aufwind, mal leichter Rückenwind." Spannend werde es vor allem sein, weil die Topfavoriten nicht im selben Block springen werden. Wellinger wird deutlich früher auf dem Balken sitzen als seine Widersacher aus Österreich und Japan. "Das kann natürlich einen Einfluss haben", so Schmitt.
Gerade in Innsbruck.
(mit SID)
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"Schicksalsberg": Darum ist die Schanze in Innsbruck so schwierig

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