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Olympia 2022 - Fall Kamila Valieva: Aljona Savchenko nimmt Trainer ins Visier

Marc Hlusiak

Update 19/02/2022 um 23:58 GMT+1 Uhr

Aljona Savchenko hat nach den Vorfällen um Kamila Valieva und Alexandra Trusova im Eiskunstlauf bei Olympia in Peking auf massive Änderungen gedrängt - vor allem im Bereich der Coaches. "Manche Trainer müssen über ihren Schatten springen, können das allerdings nicht. Sie müssen aber lernen, dass Strafen wie vor 100 Jahren nicht mehr gehen", forderte die Olympiasiegerin von 2018 bei Eurosport.

Savchenko stellt Forderung an Eiskunstlauf-Coaches: Das muss sich ändern

15 Jahre. Übermäßig talentiert. Ein Häufchen Elend.
Es sollten die Spiele der Kamila Valieva werden - dem neuen Eiskunstlauf-Star aus Russland, der mit der Goldmedaille im Teamwettbewerb den perfekten Auftakt in eine hoffentlich unvergessliche, goldene Woche in Fernost hinlegte.
Unvergesslich wurde Valievas Aufenthalt in Peking - allerdings aus unschönen Gründen.
Nach Bekanntwerden einer positiven Dopingprobe, die am Rande der russischen Meisterschaften im Dezember genommen wurde, gerieten die Edelmetallträume zunächst ins Wanken - und zerplatzten letztlich.

Valieva zerbricht unter dem Druck der Weltöffentlichkeit

Zunächst bangte Valieva um die Teilnahme am Einzel. Der CAS ließ sie jedoch unter der Prämisse antreten, dass es im Fall einer Platzierung unter den ersten drei keine Siegerehrung geben würde.
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Tragödie um Valijeva: Wunderkind stürzt mehrfach in der Kür und wird nur Vierte

Viel schlimmer noch als das Verpassen der anvisierten Medaille war aber die Reaktion von Trainerin Eteri Georgijewna Tutberidze nach der verpatzten Kür. Als Valieva sichtlich niedergeschlagen von der Eisfläche schritt, gab es keine Umarmung, keine aufbauenden Worte - sondern nur Vorwürfe.
"Warum hast du alles so aus den Händen gegeben? Warum hast du aufgehört zu kämpfen? Erklär mir das! Nach dem Axel hast du es aus den Händen gegeben", fingen die TV-Kameras die Worte Tutberidzes gut hörbar ein. Die Weltöffentlichkeit reagierte mit Unverständnis auf die Kälte und Empathielosigkeit, die im russischen Eiskunstlauf zwischen Trainern und Athleten scheinbar herrscht.
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Nach Sturz-Kür: Trainerin stellt Valieva zur Rede

Olympiasiegerin Savchenko fordert Umdenken

Auch Eurosport-Expertin Aljona Savchenko, Olympiasiegerin und Weltmeisterin von 2018, spricht sich für ein generelles Umdenken aus. In ihrer Kindheit war sie einst selbst Opfer mehr als fragwürdiger Trainingsmethoden, wurde unter anderem mit "dem Schoner auf den Kopf geschlagen" und sollte sich zu Gunsten ihres Körpergewichts nach dem Essen übergeben, wie sie bei Eurosport berichtete.
"Manche Trainer müssen über ihren Schatten springen, manche können das nicht. Aber sie müssen lernen, dass Strafen wie vor 100 Jahren heute nicht mehr gehen", fordert die 38-Jährige deshalb.
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"Wenn du was isst, kotzt du": Savchenko verurteilt krankes System

"Wir haben eine neue Generation, die Liebe und Unterstützung, das fehlt. Vielleicht war das ein Zeichen für Veränderung und dafür, dass das heute nicht mehr geht. Ich denke, die Kinder leiden dort."
Valieva habe "alles gegeben, als Einzige fünf Vierfachsprünge gezeigt und eine tolle Leistung" abgeliefert. Die Schuld für das Abschneiden im Einzel sei nicht bei Valieva zu suchen, sondern bei den Trainern, "denn die sind so mit ihr umgegangen", so Savchenko.

Savchenko: Schuld liegt nicht bei Valieva

Es müsse "gut ausgebildete Trainer geben - professionell vor allem auch im mentalen Bereich", betonte Savchenko. Es fehle zudem an Teamarbeit, nur als Team könne man "große Ziele erreichen".
Die Olympischen Spiele in Peking haben schonungslos offengelegt, dass es im russischen Eiskunstlaufen kaum ein Wir-Gefühl gibt - nicht im Lager der Athleten, das in zwei Lager gespalten ist, und scheinbar auch nicht zwischen Verantwortlichen und Sportlern.
Das hohe Niveau, der enorme Konkurrenzkampf und der große Erfolgsdruck darf jedoch keine Entschuldigung für Methoden und Umgangsformen sein, wie sie Savchenko beschreibt und wie sie im Fall Valieva zu beobachten waren.
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Nimm sie in den Arm! Savchenko attackiert Valieva-Trainerin

"Ich kenne die Mama von Kamila und ich habe auch mit ihr gesprochen", berichtet Savchenko weiter. Sie sei eine "bodenständige Frau, die ihrem Kind das Beste wünscht und alles dafür gibt. Ich weiß aber nicht, wie viel Einfluss sie in dem Team hat. Wie die Trainerin ist, kann ich nicht einschätzen, ich habe sie nur beobachtet. Das hat mir gereicht."

Thomas Bach kritisiert - Valieva-Trainerin reagiert

Savchenkos Wahrnehmung deckte sich im Übrigen auch mit der von IOC-Präsident Thomas Bach. .
"Statt sie zu trösten, statt ihr zu helfen, nachdem was geschehen war, konnte man spüren, wie eiskalt die Atmosphäre war. Solch eine Distanz zu erleben, wenn man sich nur die Körpersprache dieser Person angeschaut hat, hat sich das nur noch in der Vorstellung verschlimmert", erklärte Bach auf einer Pressekonferenz am Freitag.
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Bach kritisiert Valievas Trainerin: "Mir ist es kalt den Rücken heruntergelaufen"

Tutberidze hat inzwischen via Instagram auf die Kritik an ihrer Person reagiert. Unter einem Beitrag des ehemaligen russischen Eistänzers Alexander Zhulin, schrieb sie: "Ich bin sehr dankbar für die ermutigenden Worte. Ich bin immer noch verblüfft über Herrn Bachs Einschätzung unserer Arbeit."
Zhulin, der inzwischen ebenfalls als Trainer arbeitet, richtete in seinem offenen Brief klare Worte an den IOC-Präsidenten. "Sie sagen, dass Sie sich die ganze Zeit Sorgen um Kamila gemacht haben und die Reaktion der Trainerin sehr hart war. Trainerin Tutberidze hat seit 2014 sechs olympische Medaillengewinnerinnen und vier Olympiasiegerinnen ausgebildet, und sie weiß wahrscheinlich, wie und was sie ihren Schülerinnen nach Auftritten sagen muss."
Worte, die belegen, dass der Eiskunstlaufsport noch viel Arbeit vor sich hat.
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Grausame Praktiken: Savchenko wurde geschlagen und sah noch Schlimmeres

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