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FC Bayern: Nur Manuel Neuer und Robert Lewandowski sind zu wenig

Thilo Komma-Pöllath

Update 28/10/2019 um 10:52 GMT+1 Uhr

Der LIGAstheniker schaut auf den FC Bayern München und stellt fest: Zwischen den beiden Fixpunkten Manuel Neuer im Tor und Robert Lewandowski im Sturm klafft bei den Münchenern eine große Lücke. Vor allem Neuzugang Philippe Coutinho fehlt ein wichtiger Charakterzug, die Präsenz auf dem Platz, glaubt der LIGAstheniker. Die Frage lautet also: Kann Trainer Niko Kovac die Lücke in der Mitte füllen?

Niko Kovac - LIGAstheniker

Fotocredit: Getty Images

Ein Kommentar von Thilo Komma-Pöllath
Liebe Fußballfreunde,
Das, was die Bayern aus der aktuellen Tabelle herauslesen können, erinnert zuweilen an einen Patienten, der auf sein Röntgenbild schaut und nichts erkennen kann. Auch, weil das Übel viel tiefer liegt.
Oberflächlich betrachtet könnte man sagen: Passt doch alles, liebe Bayern, beruhigt Euch! Platz zwei hinter Gladbach, nur einen Punkt dahinter, dazu das beste Torverhältnis von allen mit 24:11 Toren. Stattdessen ist die Unruhe groß in München.
Seit Wochen ist die Stimmung schlecht, der Trainer in der Kritik und die Frage nach Edelreservist Thomas Müller steht im Raum. Es ist vor allem das Spiel ohne Idee, das beim Rekordmeister allen auf den Magen schlägt und Sehnsüchte provoziert.
Nach dem inspirationslosen 2:1 gegen Aufsteiger Union Berlin fabulierte Sportdirektor Hasan Salihamidzic sogar von "früher", was man indirekt auch als Verhöhnung seines aktuellen Trainers Niko Kovac interpretieren könnte. Die Pep-Bayern hätten Union mit 5 bis 7 zu 1 nach Hause geschickt. Mindestens.

Bayerns Leerraum zwischen Tor und Sturm

Legte man das Torverhältnis in einen Magnetresonanztomographen, dann würde deutlicher, worin das Bayern-Problem genau bestünde. In einem sogenannten MRT könnte man sehen, dass die Bayern anno 2019/2020 das Produkt zweier Einzelmagneten sind, die, jeder für sich, eine spektakuläre Anziehungskraft entwickeln, aber dazwischen ein kolossal großes Resonanzfeld offenlassen: Torhüter Manuel Neuer und Mittelstürmer Robert Lewandowski.
Ohne die beiden hätten die Bayern wohl nicht einmal das Heimspiel gegen Union gewonnen, vielleicht sogar verloren, zumindest wenn man deren Beitrag im Nachhinein aus dem Spiel herausrechnet (was zugegeben etwas sehr theoretisch klingt). Neuer hat einen Elfmeter gehalten, Lewandowski das Siegtor erzielt. Und so oder so ähnlich geht das schon eine ganze Weile.
Mit 13 Saisontoren hat Mittelstürmer Lewandowski mehr als 50 Prozent aller Bayern-Tore erzielt und wie oft Neuer die Bayern mittels Paraden der Unhaltbaren noch im Spiel gehalten hat, ist längst Legende. Die Abhängigkeit von diesen beiden "Giganten", wie sie die "Münchner Abendzeitung" überzeichnete, macht das Spiel der Bayern ausrechenbar, und limitiert sie gerade international.
Das größere Problem ist aber vielmehr der Leerraum dazwischen, in dem die Idee für das Bayernspiel entstehen soll, in der Kreativität und Tempo zu einander in Resonanz treten sollen. Stattdessen Ballbesitz um des Ballbesitzes Willen und gleichzeitig eine große Ohnmacht, was man mit dem Ball eigentlich anstellen will.
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Robert Lewandowski hält Bayern mit seinen Toren im Rennen

Fotocredit: Getty Images

Die Lücke in der Mitte: Coutinho

Dass zwischen Tor und Sturm eine solche Lücke klafft, ist als Erkenntnis keine gute Nachricht in Bezug auf den Supertransfer diesen Sommers: Philippe Coutinho. Der Brasilianer, technisch gesehen ein Virtuose am Ball, wurde genau dafür geholt, das Spiel der Bayern mit kreativen Ideen vollzupumpen, die zentrale Anspielstation zu sein, um das Bayernspiel auf das nächste Level zu heben - quirlig, vertikal und durchdacht -, doch davon ist eher nichts zu sehen.
Man muss ihm noch Zeit geben, werden Fans wie Verantwortliche entgegnen, schon klar, soll er haben. Andererseits kann man schon jetzt sehen, dass ihm zur Führungsfigur das entscheidende Charaktermerkmal fehlt: die Präsenz auf dem Platz.
Das ruhige, beinahe schüchterne Auftreten Coutinhos mag sympathisch rüberkommen, aber dass ein "Sensibelchen", wie ihn Niko Kovac nach seinen ersten Bayern-Einsätzen öffentlich nannte, diesen mutlosen Bayern Beine macht, darf dann doch bezweifelt werden. Coutinho erinnert in seiner ruhigen Art durchaus an den großen Messi, aber anders als der ist Coutinho nicht in der Lage, den Unterschied zu machen, ein Spiel alleine entscheiden zu können.
Ein großartiger Mitspieler ja, aber kein Teamleader. Wäre es anders, hätte Coutinho die losen Enden im Raum zwischen Manu und Lewi längst aufgenommen und miteinander verknüpft.

Kovac braucht eine Spielidee

Jetzt könnte man noch weit zur Transferpolitik der Bayern ausholen, die sich zuletzt mit Coutinho und James Rodríguez auffallend teuer an der Resterampe der beiden Unicorns im Weltklubfußball - Barça und Real - bedient haben und doch bis heute keine genaue Vorstellung ihrer Spielidee besitzen, die dem Einkauf von solchen Stars vorausgehen sollte.
Mit dieser Unwucht im Nacken muss Trainer Niko Kovac, gegen die steigende Unzufriedenheit seiner Bosse, seinem talentierten Kader schnellstmöglich eine Spielidee verschreiben, die nicht ausschließlich auf die Anziehungskraft seiner beiden Magneten ganz hinten und ganz vorne setzt.
Nur so wird er sich selbst weiter im Spiel halten können. Aber: Kann er das?
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