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Der LIGAstheniker: Bayern München macht sich nach Blamage gegen Mainz mit Kurztrip nach Ibiza unglaubwürdig

Thilo Komma-Pöllath

Update 02/05/2022 um 13:22 GMT+2 Uhr

Der FC Bayern hat mit einem angekündigten Kurztrip nach Ibiza - mitten in der laufenden Saison - für viel Wirbel gesorgt. Obwohl die Münchner bereits als deutscher Meister feststehen, müssen sie nach der 1:3-Blamage in Mainz noch zweimal in der Liga ran. Der LIGAstheniker hat in seinem Kommentar für jene "teambildenden Maßnahme", wie es die FCB-Verantwortlichen nennen, keinerlei Verständnis.

Joshua Kimmich, Tanguy Nianzou Kouassi und Leon Goretzka (von links) - FC Bayern

Fotocredit: Imago

Liebe FußballfreundInnen,
wenn der FC Bayern am Ende einer langen Saison für peinliche Auftritte in Mainz und Ibiza geschmäht wird, dann kann man erahnen, dass diese Saison für den Rekordmeister nicht mehr zu retten ist. Mainz steht für sympathische Mittel- und Anspruchslosigkeit, der UD Ibiza dümpelt derzeit in der Mittelmäßigkeit der Segunda Divisón vor sich hin. Aber richtig, um den geht es hier ja gar nicht.
Der FC Bayern 2022, im ersten Jahr des Kahns, hebt sich eben schon an der gehobenen spanischen Erlebnisgastronomie einen Leistungsbruch. Die 1:3-Arbeitsverweigerung beim Tabellenneunten, inklusive Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung mit anschließender Ibiza-Gratifikation ist holistisch gesehen, also die Belange des ganzen Klubs betreffend, eine image-schädigende Peinlichkeit.
Und die mit ganz viel Vorschusslorbeer und großer Erwartungshaltung gestartete Spielzeit mit den neuen Klublenkern, Trainer Julian Nagelsmann (sportlich) und CEO Oliver Kahn (holistisch) ist angesichts des sportlichen Verlaufs in den Pokalwettbewerben, dem angekratzten internationalen Renommee und der Personalquerelen um den abschiedswilligen Superstar Robert Lewandowski eine verlorene Saison.
Das können auch noch so viele Weißbier- und Sangriaduschen in München und auf Ibiza nicht mehr übertünchen.
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Der FSV Mainz 05 schlägt den FC Bayern

Fotocredit: Getty Images

FC Bayern: Rekord-Meisterschaft bereits wieder vergessen

So wenig ist in München also eine Meisterschaft wert, noch dazu die europarekordige Zehnte in Folge, dass eine Woche danach niemand mehr von ihr spricht. Wenn es noch eines weiteren Beweises bedurfte, dass die Bundesliga endlich wieder einen anderen Klub als Meister braucht, dann war es der, wie die Bayern mit ihr (ergo: der Meisterschaft) umgehen.
Wenn die Spieler also gesagt hätten, wir würden uns übers Wochenende mal gerne auf Ibiza Party machen, dann hätte man sie mitten in der Saison unmöglich fliegen lassen können.
Zumindest hätte man sich als Fan dem Wunschtraum hingeben können, ihnen, also den Spielern, würde sie, also die Meisterschaft, tatsächlich noch etwas bedeuten, wäre also ein Grund zum Feiern. Wie naiv!

Teambuilding ohne Kapitän: Wie geht das?

Tatsächlich aber hat die Bayern-Führung die Reise als "teambildende Maßnahme" erklärt, was in etwa so glaubhaft ist wie das Spiel der Bayern in Mainz. Zur Erinnerung: 22 zu 7 Torschüsse für Mainz!
So viel Erklärungsgeschwurbel lässt mindestens zwei Fragen offen: Welchen Sinn macht eine "teambildende" Maßnahme ohne ihren Kapitän Manuel Neuer, der dem Vernehmen nach nicht mitgeflogen ist. Und wenn es stimmt, dass auch der grippe-erkrankte Thomas Müller nicht mit dabei ist, dann stellt sich darüber hinaus die Frage, welches Team hier gebildet werden soll, ohne die beiden Ranghöchsten in der Bayern-Hierarchie und ohne die Neuzugänge, die im Sommer erst noch zu den Bayern dazu stoßen werden?
Vielleicht trinken Kimmich & Co. ihren "Lewy" ja so lange unter den Pacha-Tresen, bis er freiwillig noch mal bei den Bayern verlängert. Dann, aber nur dann, hätte dieses neoliberale Ibiza-Incentive tatsächlich einen Sinn gehabt.

Lebensmitteldusche & Balearen-Wochenende

Der Ibiza-Trip erklärt ganz beiläufig auch viel über die innere Verfasstheit der derzeitigen Führung des bayerischen Vorzeigeklubs. Wenn Felix Magath, immerhin Ex-Bayern-Trainer, der nach zwei Double-Spielzeiten gehen musste, öffentlich erklärt, er hätte Ibiza niemals zugestimmt, dann stellt sich die Frage, warum Julian Nagelsmann das Ganze nicht spätestens nach dem Mainzer "Córdoba" wieder abgeblasen hat?
Wollte er nicht oder konnte er nicht? Sah er keine Veranlassung oder hat er womöglich gar nicht die Prokura dafür, den Spielern derartige Extravaganzen verbieten zu können?
Zumindest lässt sich eines mit Bestimmtheit über den postmodernen FC Bayern festhalten: In Zeiten von Krieg und Energieknappheit, Nachhaltigkeitsdiskussionen und befürchteten Ukraine-bedingten neuen Hungersnöten in der Welt wirken die Nagelsmann-Kahn-Bayern mit Lebensmittelduschen und Wochenend-Flügen auf die Balearen wie aus der Zeit gefallen.
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Thomas Müller (l.) und Manuel Neuer - FC Bayern

Fotocredit: Getty Images

Zur Person Thilo Komma-Pöllath:
Der Sportjournalist und Buchautor ("Die Akte Hoeneß") beleuchtet in seinem wöchentlichen Blog "Der LIGAstheniker" das Geschehen in der Fußball-Bundesliga für Eurosport.de. Oft skeptisch, ironisch, kritisch - aber einer muss schließlich den Ball flach halten.
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