Top-Sportarten
Alle Sportarten
Alle anzeigen

Mats Hummels der wahre BVB-Kapitän: Das Mentalitätsmonster macht Borussia Dortmund zum Titelkandidaten

Pascal Steinmann

Update 24/04/2023 um 15:43 GMT+2 Uhr

Der BVB hat seinen echten Leader zurück. Mats Hummels führte Borussia Dortmund am Samstag gegen Eintracht Frankfurt (4:0) als Kapitän auf das Feld und mit einer überragenden Vorstellung zurück an die Tabellenspitze. Der Führungsspieler schließt die Mentalitätslücke, die den Schwarz-Gelben eine Woche zuvor noch Punkte kostete und greift im Spätherbst der Karriere nun plötzlich nach seiner Krönung.

Terzic tritt auf die Bremse: "Bin halt noch nicht fertig"

Nach 41 Minuten trug sich Mats Hummels in die Geschichtsbücher ein. Nicht ob seiner Abwehrqualitäten, sondern wegen seiner Fähigkeiten im gegnerischen Strafraum. Wie ein Weltklassestürmer verschaffte sich der Routinier im Sechzehner der Frankfurter Raum, schraubte sich nach der Flanke von Raphaël Guerreiro in die Höhe und ließ Kevin Trapp mit einem präzisen Kopfball ins linke Eck keine Abwehrchance.
Historisch: Sein Treffer zum 3:0 beim Kantersieg gegen Eintracht Frankfurt (4:0) am Samstagabend machte den Weltmeister zum erst siebten Bundesliga-Akteur, der in 15 aufeinanderfolgenden Spielzeiten mindestens ein Tor erzielte. Der Letzte, dem dieses Kunststück gelang, war Olaf Thon vor 23 Jahren. "Schön, diese Serie aufrecht erhalten zu können", freute er sich bei Twitter.
Doch auch und besonders mit seinen Kernkompetenzen stellte Kapitän Hummels höchstselbst sicher, dass seine Borussia die Steilvorlage des FC Bayern München - anders als in der Vorwoche - nicht ungenutzt ließ und fünf Spieltage vor dem Saisonende die Tabellenführung eroberte.
"Er hat klare Anweisungen gegeben und die Führungsrolle übernommen", lobte Stefan Effenberg am Sonntag im "Sport1"-Doppelpass und analysierte: "Er hat für Sicherheit und Stabilität in der Abwehr gesorgt. Das ist die Rolle, die man eigentlich von ihm erwartet."
picture

Mats Hummels war gegen Eintracht Frankfurt der überragenden Mann auf dem Feld

Fotocredit: Imago

Schon vor sieben Tagen in der Mercedes-Benz-Arena hatte Hummels die Schwarz-Gelben mit einem komfortablen 2:0-Polster in die Halbzeit geführt. Dass der BVB in Überzahl beim Kellerkind VfB Stuttgart dann in der Nachspielzeit noch die sicher geglaubten drei Punkte aus der Hand gab, hatte der Innenverteidiger nicht mehr mitzuverantworten.
Wer hat die Hauptschuld an der Bayern-Misere?

Matthäus adelt Hummels: "Überragend"

Hummels war nach der Pause mit Kreislaufproblemen in der Kabine geblieben und musste von außen mitansehen, wie der BVB "die harte Arbeit vergangener Monate erneut aus der Hand gab", wie Trainer Edin Terzic beinahe schon resigniert konstatieren musste.
Der eigentliche Kapitän Marco Reus, der nach dem Seitenwechsel die Binde übernahm, sah die Punkte am Neckar einfach davonschwimmen. Der formschwache Offensivakteur musste dann erst mitanhören, wie Terzic nach dem Spiel im Schwabenland die von ihm so verhasste Mentalitätsdebatte aufmachte - nur um vor dem Heimspiel gegen die Adlerträger von Julian Brandt zu lesen, er sei "nicht der typische Leader-Kapitän".
picture

Mats Hummels ersetzte den formschwachen Marco Reus zuletzt als Kapitän

Fotocredit: Getty Images

Weil Reus aber auch am Samstagabend gegen den Europa-League-Sieger nur zweite Wahl war, streifte sich erneut Hummels die Kapitänsbinde über und schloss das Führungs- und Mentalitätsvakuum von der ersten Minute an. "Er macht ein überragendes Spiel", lobte Rekordnationalspieler Lothar Matthäus schon in der Pause bei "Sky".

Hummels stellt Kolo Muani kalt

Hummels dirigierte den Takt im Schwarz-Gelben Orchester mit den meisten Ballkontakten aller Akteure (90).
Nach 22 Minuten, in einer Phase, als die Eintracht auf den Ausgleich drückte, rettete der 34-Jährige mit einem langen Bein in höchster Not vor Kumpel Mario Götze. Randal Kolo Muani, nach dem sich dieser Tage zahllose Topvereine die Finger lecken, wurde unter der Bewachung von Hummels nahezu vollständig kaltgestellt. Dortmunds Spielführer gewann alle Duelle mit dem Franzosen.
"Mats hat ein herausragendes Spiel absolviert", lobte Brandt gegenüber den vereinseigenen Kanälen. Für den 26-Jährigen war der Defensivspezialist ein Grund, warum der Klub aus dem Ruhrpott "noch mal ein Stück stabiler war als in Stuttgart".
picture

Der BVB führte schon zur Pause 3:0 gegen Eintracht Frankfurt

Fotocredit: Getty Images

Immer wieder verteidigte Hummels aggressiv in die Halbräume und eroberte elf Bälle: Bestwert im Signal Iduna Park. "Er hat sehr viel nachgeschoben und geschaut, dass die Kompaktheit da ist", erkannte "Sky"-Expertin Julia Simic nach der Machtdemonstration. Kein Spieler der Mannschaft von Edin Terzic hatte eine bessere Zweikampfquote (71,4 Prozent) als der frühere deutsche Nationalspieler.

Hummels erinnert an vergangene Tage

Der Abwehrchef, der vor und während der Saison von zahlreichen Experten schon abgeschrieben und zu Jahresbeginn 2023 hinter Nico Schlotterbeck und Niklas Süle nur noch dritte Wahl bei der Borussia war, erinnerte er mit seiner Vorstellung an längst vergessene Tage.
Mit seinem 30. Bundesligator anderthalb Jahre nach seinem bis dato letzten Treffer im Oberhaus krönte er eine fantastische Leistung schon frühzeitig und untermauerte höchstselbst die Meisteransprüche, die der BVB inzwischen sogar ungewohnt deutlich formuliert.
"Er ist derjenige, der weiß, wie man deutscher Meister wird", rief Matthäus in Erinnerung. Nicht ohne zu implizieren, dass damit auch eine besondere Verantwortung einhergeht - eine Verantwortung, voranzuschreiten.
picture

Vier Mal wurde Mats Hummels mit dem FC Bayern München Meister

Fotocredit: Getty Images

Denn: Von zwölf Salatschüsseln, die sich die Spieler am Trainingsgelände in Brackel teilen, hat der Bergisch-Gladbacher sechs Exemplare in seinem persönlichen Trophäenschrank.
Am Samstagabend wurde er dieser Verantwortung mehr als gerecht. Im Stile eines wahren Anführers stellte er sich auf dem Feld vor seine Mannschaft, hielt sich abseits des Rasens dann aber im Hintergrund, von den Mikrofonen fern und überließ seinen Mannschaftskollegen das mediale Rampenlicht.
Nachdem er seinen Ex-Klub von der Tabellenspitze verdrängt hatte, twitterte er lediglich "Schwarz-Gelb auf der eins", nur um wenige Minuten später bei Instagram den kurzen Aufruf "Auf geht's" nachzulegen. Der 34-Jährige weiß, was die Stunde geschlagen hat: Im Spätherbst seiner Karriere streckt Hummels noch einmal die Fühler nach seiner siebten Meisterschaft aus.

BVB braucht Mentalitäts-Mats

Auch, weil es möglicherweise die letzte Chance in seiner Karriere ist, noch einmal einen Pokal mit seinem Herzensklub zu gewinnen. Weiterhin hat Hummels kein Arbeitspapier für die kommende Saison unterschrieben.
picture

Mats Hummels (Borussia Dortmund)

Fotocredit: Getty Images

Wie die "WAZ" berichtete, liegt dem Weltmeister von 2014 ein Angebot für ein weiteres Jahr zu reduzierten Bezügen vor. Nicht mehr als ein Altherrenvertrag.
Laut Informationen der "Bild" soll Hummels - inzwischen nach Michael Zorc mit den zweitmeisten Pflichtspieleinsätzen in der BVB-Historie (463) - derzeit noch zögern. Sprechen, da blieb er ganz bei seinem Credo vom Samstagabend, will er darüber nicht. Zumindest, solange keine Klarheit herrscht.
Denkbar, dass er also vor den letzten fünf Spielen seiner Dortmunder Karriere steht. Dabei stellte der 34-Jährige am Samstagabend eindrucksvoll unter Beweis, dass er längst noch nicht zum alten Eisen gehört. Im Gegenteil: Sollen die Schwarz-Gelben Ende Mai wahrhaftig mit der neunten Meisterschale der Vereinsgeschichte um den Borsigplatz kreisen wollen, brauchen sie unweigerlich ihren Leader Hummels in Bestform.
Dann würde sich das BVB-Mentalitätsmonster endgültig in den Geschichtsbüchern der Klubhistorie eintragen.
picture

Brandt schwärmt vom BVB: "Fühle mich extrem wohl"

Mehr als 3 Mio. Sportfans nutzen bereits die App
Bleiben Sie auf dem Laufenden mit den aktuellsten News und Live-Ergebnissen
Download
Diesen Artikel teilen
Werbung
Werbung