Drei Dinge, die bei FC Bayern gegen Villarreal auffielen: Verhängnisvolles Ereignis bringt FCB zu Fall
Der FC Bayern scheidet im Champions-League-Viertelfinale überraschend gegen den spanischen Außenseiter aus Villarreal aus. Beim 1:1 in der Allianz Arena präsentiert sich das Gelbe U-Boot als Maurer-Kollektiv, das eine bisweilen einfallslose FCB-Offensive in Schach hält. Zudem wirft eine Auswechslung von Bayern-Trainer Julian Nagelsmann kurz vor Schluss viele Fragen auf. Drei Dinge, die auffielen.
Der FC Bayern scheitert im Viertelfinale an Villarreal
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Aus der Allianz Arena berichtet Dennis Melzer
Der FC Bayern München muss die Hoffnung auf den Champions-League-Sieg bereits im Viertelfinale ad acta legen. Nach dem 0:1 im Hinspiel beim FC Villarreal reichte es im zweiten Aufeinandertreffen nur zu einem enttäuschenden 1:1.
Im Anschluss an das vorzeitige Aus war die Ernüchterung groß, Trainer Julian Nagelsmann war auf der Pressekonferenz kaum imstande, das zuvor Erlebte in Worte zu fassen. Dass sich der ambitionierte deutsche Rekordmeister gegen den Underdog am Ende nicht durchsetzte, hatte mehrerlei Gründe.
Die Gäste aus Spanien, die im Hinspiel noch durch eine beeindruckende Spielanlage geglänzt hatten, beschränkten sich in München nahezu ausschließlich aufs Verteidigen. Obwohl der FCB über die gesamte Spielzeit Herr des Geschehens war, biss sich die hochveranlagte Offensive regelmäßig die Zähne an der Villarreal-Mauer aus. Einzig Kingsley Coman gelang es einige Male, Risse ins stabile Gelbe U-Boot zu kratzen.
Am Ende drehte sich jedoch alles um die Tatsache, dass Nagelsmann den bis dahin sattelfesten Lucas Hernández kurz vor Schluss durch Alphonso Davies ersetzte und damit eine kurzfristige, aber entscheidendes Konfusion in der Hintermannschaft erzeugte. Nagelsmanns Erklärung für den Schachzug war nachvollziehbar – und warf doch Fragen auf.
Drei Dinge, die auffielen.
1.) Ein verhängnisvoller Wechsel wirft Fragen auf
Als sich das Gros des Publikums bereits auf eine Verlängerung eingestellt hatte, schlug der bis dahin völlig biedere FC Villarreal eiskalt zu. Aus dem Nichts glitt Gerard Moreno durch die Münchner Hintermannschaft, die bis dato so konzentriert und rigoros verteidigt hatte, und legte auf den eingewechselten Samu Chukwueze quer, der die Kugel nur noch im Tor unterbringen musste (88.).
Zum gleichermaßen unfreiwilligen wie traurigen Protagonisten in ebenjener Szene avancierte Alphonso Davies. Der Kanadier, der handgestoppte 99 Sekunden zuvor für Hernández den Rasen betreten hatte, hob zunächst eine mögliche Abseitsstellung auf und kam im Anschluss nicht mehr hinterher, um eingreifen zu können.
Klar, dass nach der Partie die große Frage aufkam, warum Nagelsmann sich dazu entschlossen hatte, den souverän agierenden Franzosen vom Feld zu holen und durch den deutlich offensiveren Davies zu ersetzen. "Der Wechsel war nicht freiwillig - Lucki ist verletzt gewesen", nahm der Bayern-Coach sämtlichen Angriffspunkten auf der Pressekonferenz den Wind aus den Segeln.
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Alphonso Davies kommt für Lucas Hernández ins Spiel - FC Bayern München vs. FC Villarreal
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Er habe vor der Entscheidung gestanden, Davies oder Tanguy Nianzou zu bringen. Schließlich habe der antrittsstarke Kanadier den Vorzug erhalten, weil Villarreal-Coach Unai Emery mit Chukwueze einen schnellen Spieler gebracht hatte.
Allerdings: Hernández hatte zum Zeitpunkt seiner Auswechslung nicht unbedingt den Eindruck erweckt, nicht auch noch die ausstehenden drei Minuten mitmischen zu können. Der frühere Atlético-Verteidiger hatte mit Villarreals Offensive keinerlei Probleme, nahm sich sogar die Freiheit, selbst immer wieder nach vorne zu gehen.
Sollte es sich bei Hernández tatsächlich um eine akute Verletzung handeln, ist Nagelsmann sicherlich kein Vorwurf zu machen. Kurz vor der Herausnahme wirkte der 26-Jährige allerdings noch ziemlich fit. Den Bayern hätte seine Stabilität und Aggressivität in den letzten Zügen der Partie gutgetan.
Davies wäre auch in der Verlängerung eine geeignete Option gewesen.
2.) Nur ein Offensivkünstler überzeugt
Nagelsmann hatte einer offensiv ausgerichteten Mannschaft das Vertrauen geschenkt. Mit Leroy Sané, Kingsley Coman, Jamal Musiala, Thomas Müller und Robert Lewandowski fanden sich gleich fünf potenzielle Unterschiedsspieler in der Startelf wieder.
Vor allem im ersten Durchgang fiel dem hochveranlagten Quintett jedoch nur wenig ein. Immerhin erwischte Coman einen brauchbaren Tag und wusste zu überzeugen.
Trotzdem: Die Bayern flüchteten sich in ein immergleiches Muster: Ball auf die Außenbahn, Herausnahme des Tempos und Flanken aus dem Halbfeld, die von Villarreals Abwehrhünen dankend aus dem Strafraum befördert wurden.
In den ersten Augenblicken nach dem Seitenwechsel war im Münchner Angriffsspiel deutlich mehr Flexibilität zu erkennen. Bälle wurden höher erobert, es herrschte mehr Bewegung und sogar Leroy Sané, der in den ersten 45 Minuten stets den Weg in die Mitte suchte, um mit dem starken linken Fuß zu flanken, rang sich zu einem Dribbling an die Grundlinie durch und bediente Dayot Upamecano mustergültig (50.)
Derweil legt sich Kingsley Coman, Bayerns bester Offensivkünstler, seinen Gegenspieler Juan Foyth zurecht, setzte sich immer wieder mit temporeichen Dribblings durch und sorgte somit für die meiste Gefahr im Angriffsspiel. Der Franzose, der mit seiner Balleroberung im Vorfeld des 1:0 mitverantwortlich für die Führung zeichnete, bestritt satte 17 Zweikämpfe und entschied mehr als die Hälfte für sich (58,8 Prozent).
Allerdings: Die verheißungsvollen Einzelaktionen verebbten regelmäßig, weil seine Kollegen sich nur selten in Position brachten. Sowohl Müller als auch Lewandowski waren bei Villarreals physisch starker Hintermannschaft in guten Händen und blieben - mit Ausnahme des 1:0, das aus einer Co-Produktion der beiden resultierte - wirkungslos.
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Nagelsmann nach CL-Aus: "Nicht die Schuld beim Gegner suchen"
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3.) Villarreal parkt das Gelbe U-Boot
Lange nachdem die Bayern-Spieler in die Kabine verschwunden waren, jubelte ein gelber Pulk auf dem Rasen, im Oberrang sangen die mitgereisten Schlachtenbummler ihre Lieder. Grenzenlose Ekstase des Underdogs, der den großen Favoriten ausgeschaltet hatte.
Danach hatte es an diesem Mittwochabend lange nicht ausgesehen, zu dominant agierten die Bayern, zu harmlos die Spanier. Emery hatte seinem Team - im Gegensatz zum Hinspiel - offenbar mit auf den Weg gegeben, sich komplett einzuigeln und die Grundordnung nur dann aufzulösen, wenn sich eine Chance bietet.
"Wenn der Gegner mit acht Leuten am Strafraum verteidigt, wird es schwer", sagte Nagelsmann im Nachgang. Es sei nicht leicht "in den Flow zu kommen", wenn man sich als spielstarke Mannschaft mit einem Gegner konfrontiert sieht, der sich ausschließlich aufs Verteidigen beschränkt.
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Samu Chukwueze schießt Villarreal ins Halbfinale
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Letztlich muss man konstatieren, dass Emerys Mauertaktik der richtige Schachzug war. Sich 88 Minuten lang in Lauerstellung zu begeben, auch mal etwas auf Zeit spielen, um dann im entscheidenden Moment eiskalt zuzuschlagen, war genau das, was Emery sich ausgemalt hatte.
Nagelsmann war sich sicher, dass seine Mannschaft das Weiterkommen im Hinspiel verspielt hatte, Emery hingegen sagte süffisant, dass jeder seine "eigene Taktik" habe. Dass Bayerns Vorstandschef Oliver Kahn im Gespräch mit "Amazon Prime Video" wenige Augenblicke zuvor über das Agieren der Gäste geklagt hatte, ließ Emery kalt.
"Wenn man unsere Taktik infrage stellt, hat er wohl unser erstes Spiel vergessen. Da haben wir sie überrascht", sagte Emery mit Blick auf Kahns Kritik. Unrecht hatte er damit sicherlich nicht. Ein parkendes U-Boot ist eben schwer zum Sinken zu bringen.
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Emery kontert Kahn-Kritik: "Wenn jemand respektlos ist, dann ..."
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