Drei Dinge, die uns beim Drama des FC Bayern München gegen Real Madrid auffielen: Erinnerungen an 1999 werden wach

Update 09/05/2024 um 02:33 GMT+2 Uhr

Der FC Bayern hat die Neuauflage des rein deutschen Champions-League-Finals aus dem Jahr 2013 auf dramatische Weise verpasst. Ein später Doppelschlag von Real Madrid lässt die Träume der Münchner platzen und stattdessen Erinnerungen an das Fiasko von 1999 wach werden. Zum tragischen Helden wird Manuel Neuer, der Reals schwarze Magie am eigenen Leib zu spüren bekommt. Drei Dinge, die auffielen.

Tuchel zu Neuer-Fehler: "Das ist einfach nur bitter"

Thomas Tuchel schimpfte, flehte und gestikulierte wild am Spielfeldrand in Richtung Schiedsrichter Szymon Marciniak - doch es half alles nichts.

Der große Traum des FC Bayern München vom Wiedersehen in Wembley ist am Mittwochabend auf dramatische Art und Weise geplatzt.

Tuchels Mannen mussten sich im Halbfinal-Rückspiel nach einem Doppelschlag von Joker Joselu (88., 90.+1) in den Schlussminuten Real Madrid mit 1:2 (0:0) geschlagen geben.

EM 2024

Verletzung gegen Hoffenheim: EM-Hoffnung Pavlovic gibt Update

vor 18 Stunden

Das Traumtor von Alphonso Davies (68.) zur überraschenden Bayern-Führung war daher am Ende ein Muster ohne Wert.

Drei Dinge, die uns bei Bayerns dramatischer Niederlage gegen Real Madrid auffielen.

1.) Erinnerungen an 1999 werden wach

In wenigen Wochen jährt sich die Mutter aller Bayern-Niederlagen zum 25. Mal. Nicht wenige Anhänger des Rekordmeisters dürften sich jedoch bereits am Mittwochabend an das Drama im Champions-League-Finale 1999 in Barcelona gegen Manchester United (1:2) zurückerinnert gefühlt haben.

Der FC Bayern ließ im Halbfinal-Rückspiel in der Offensive über weite Strecken jegliche Durchschlagskraft vermissen. Aus der Mittelfeldzentrale mit Konrad Laimer und Aleksandar Pavlovic entsprang kaum Kreativität und Jamal Musiala hing lange Zeit in der Luft.

Dennoch hätte um ein Haar ein Geniestreich ausgereicht, um das rein deutsche Finale in Wembley gegen den BVB perfekt zu machen.

Ausgerechnet der eingewechselte Davies, der seit Monaten mit einem Wechsel zu Real in Verbindung gebracht wird, sorgte in bester Arjen-Robben-Manier (nur von der spiegelverkehrten linken Seite) mit seinem Premierentor in der Königsklasse, einem Treffer der Marke Weltklasse, für die überraschende Gästeführung (68.).

Diese sollte bis zur 88. Minute halten. Bis Joselu kam und die Münchner mit einem Doppelschlag (88., 90.+1) ins Tal der Tränen schickte.

Pressestimmen: "Joselu stürzt Bayern ins Elend"

"Die Jungs sind sehr enttäuscht. Wir waren schon fast durch, es war ein voller Fight. Nichts, was ich sage, kann das irgendwie lindern. Das ist ganz bitter", erklärte Thomas Tuchel am "DAZN"-Mikrofon mit Tränen in den Augen.

Harry Kane - FC Bayern

Fotocredit: Getty Images

"Der Stachel sitzt. Wir haben sehr viel auf dem Platz gelassen und viel investiert. Das ist schon hart", brachte es Thomas Müller auf den Punkt.

Tatsächlich kämpften sich die Bayern nach einer ersten Halbzeit, in der sie äußerst passiv agierten und kaum Zugriff zum Spiel hatten, mehr und mehr in die Partie und konnten vereinzelte Nadelstiche setzen.

Umso schmerzhafter war der dreiminütige Blackout in der Schlussphase der Partie. "Wir standen mit einem Bein bereits im Finale, haben uns schon in London gesehen. Da fehlen einem echt die Worte", sagte ein sichtlich enttäuschte Manuel Neuer, der mit seinem schweren Fehler vor dem 1:1-Ausgleich die Niederlage einleitete.

Zu allem Überfluss verhinderte Referee Marciniak mit einem übereilten und falschen Abseitspfiff tief in der Nachspielzeit (90.+13) einen möglichen Ausgleichstreffer des FCB, was für zusätzlichen Ärger sorgte.

Unter dem Strich steht jedoch neben einem hochdramatischen Halbfinal-Aus die erste titellose Saison seit 2012. Davon wird sich der FC Bayern erst einmal erholen müssen.

Tuchel völlig ungehalten: "Nicht Moment für Entschuldigungen"

2.) Tragischer Held Neuer wie einst Kahn

Hoch oben auf der Tribüne des gigantischen Estadio Santiago Bernabéu musste Oliver Kahn mit ansehen, wie einer seiner Nachfolger im Bayern-Tor einen der wohl bittersten Momente seiner Laufbahn erlebte.

Ähnlich wie der Ex-DFB-Keeper im WM-Finale 2002 gegen Brasilien, als Kahn einen vermeintlich harmlosen Schuss von Rivaldo nach vorne abklatschen ließ und Ronaldo damit den Weg zum vorentscheidenden 1:0 ebnete (Endstand 2:0), erging es Neuer im Rückspiel gegen Real.

Der Schlussmann konnte einen Distanzschuss von Vinícius Júnior zwei Minuten vor Ablauf der offiziellen Spielzeit nicht festhalten, Joselu staubte zum Ausgleich ab - der Anfang vom Ende für die Bayern.

"Ich habe den Ball anders erwartet, eher Richtung Brustkorb, er ist dann einen Tick höher gegangen. Damit habe ich nicht gerechnet, dass da so ein minimaler Maulwurf drin war im Platz. Das ist extrem bitter für mich", zeigte sich Neuer bei "DAZN" tief enttäuscht.

Reaktionen zum Bayern-Aus: "Der Stachel sitzt"

Dabei war es der Nationalkeeper, der den FC Bayern im Bernabéu lange Zeit im Spiel hielt. Ein ums andere Mal brachte er Reals Offensivkünstler mit seinen teils herausragenden Paraden zur Verzweiflung.

Manuel Neuer (FC Bayern) tief enttäuscht

Fotocredit: Getty Images

In der ersten Halbzeit vereitelte er eine Doppelchance der Madrilenen (13.). Nach der Pause ging er aus dem Privatduell mit dem ebenfalls überragenden Vinícius Júnior stets als Sieger hervor.

Insgesamt standen für Neuer fünf Paraden zu Buche - aber eben auch ein folgenschwerer Patzer, wodurch er zum tragischen Helden avancierte.

Es sei ein Fehler, der "Manu in 100 Jahren nicht passiert", haderte Tuchel im Anschluss. "Ich habe seine Paraden in der ersten Halbzeit gesehen, das war einfach weltklasse. So ein Fehler kann passieren", ergänzte Matthijs de Ligt.

Dies dürfte allerdings nur ein schwacher Trost für Neuer sein.

3.) ... und am Ende gewinnt immer Real

"Real stirbt nie", titelte die vereinsnahe "Marca" im Anschluss an das packende Viertelfinal-Hinspiel zwischen den Königlichen und Manchester City (3:3).

Den Beleg dafür traten die Madrilenen einmal mehr am Mittwochabend an - zum Leidwesen der Bayern, die nun bereits seit neun Spielen auf einen Sieg gegen Real warten (zuletzt zwei Unentschieden, sieben Niederlagen).

Die Mannschaft von Trainer Carlo Ancelotti ist auf der europäischen Bühne schlichtweg nicht totzukriegen. Wie vor einer Woche in München (2:2) sah sich der Rekord-Champions-League-Sieger (14 Titel) auch im Rückspiel mit einem Rückstand konfrontiert.

Für die Comeback-Könige aus der spanischen Hauptstadt aber kein Problem. Auch wenn dieses Mal Neuer und auch Schiedsrichter Marciniak mit seinem unglücklichen Pfiff kurz vor dem Ende tatkräftig mithalfen.

"Dieser Mythos ist brutal. Real hat diese Energie und den Glauben daran, den Weg weiterzugehen und erfolgreich zu sein. Sie sind zurückgekommen, denn sie haben auch daran geglaubt", zeigte sich "DAZN"-Experte Michael Ballack beeindruckt.

Joselu (Real Madrid) bejubelt sein Siegtor gegen Bayern

Fotocredit: Getty Images

Reals Erfolg einzig auf die schwarze Magie, die sie in der Königsklasse zu umgeben scheint, zurückzuführen, wäre aber schlichtweg falsch. Schließlich lieferten die Hausherren, angefeuert von ihren frenetischen Fans, eine überzeugende Vorstellung gegen die Bayern ab.

"Wir waren heute über 90 Minuten die deutlich bessere Mannschaft. Ich glaube, dass es im Hinspiel ausgeglichener war", analysierte Toni Kroos.

Die Statistiken belegen dies. Real verzeichnete mehr als doppelt so viele Abschlüsse wie die Bayern, hatte deutlich mehr Ballbesitz (57 Prozent) und die insgesamt bessere Spielanlage.

Alles in allem machte der spanische Meister einen giftigeren und entschlosseneren Eindruck. Allen voran Vinícius Júnior, der in der zweiten Halbzeit mit Joshua Kimmich im Eins-gegen-Eins machte, was er wollte.

Somit stehen Ancelotti und seine Mannen einmal mehr im Finale der Champions League (zum 18. Mal). Am 1. Juni geht es nun im Wembley gegen Borussia Dortmund.

"Dass wir das gewinnen wollen, ist klar", schickte Kroos schon mal eine kleine Warnung an Bayern Münchens Ligakonkurrenten.

Das könnte Dich auch interessieren: Eberl fordert bei Trainer-Thema: "Sollten alle ruhiger werden"