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FußballWM

WM 2022 - Holger-Badstuber-Kolumne - Abwehrverhalten viel zu schwach: Diese Mängel kosten uns eine erfolgreiche WM

Holger Badstuber

Update 24/11/2022 um 18:49 GMT+1 Uhr

In seiner WM-Kolumne analysiert Eurosport-Experte Holger Badstuber die Auftaktniederlage der deutschen Nationalmannschaft gegen Japan. Vor allem die Abwehrleistung sieht der 33-Jährige kritisch: "Ich spüre keine Verbundenheit auf dem Platz", schreibt er. Badstuber benennt einen klaren Fehler von Bundestrainer Hansi Flick in der Aufstellung und ist auch für den weiteren Turnierverlauf skeptisch.

Holger Badstuber / Niklas Süle (Getty Images)

Fotocredit: Eurosport

Servus Fußball-Freunde!
Es herrscht nur noch Frust statt Freude nach der Auftaktniederlage des DFB-Teams gegen Japan. Als ich nach dem Spiel die Gesichter und Statements der deutschen Nationalspieler gesehen habe, konnte ich es gut mitfühlen. Du willst gut starten, du hast das Spiel eigentlich im Griff und stehst am Ende zurecht mit leeren Händen da. Das ist enorm bitter und schmerzhaft.
Gerade weil der Start bei so einer WM enorm wichtig ist und drei Punkte die dringend benötigte Sicherheit gebracht hätten. Am Sonntag gegen Spanien (20:00 Uhr im Liveticker) ist der Druck nun schon im zweiten Spiel unfassbar groß.
Angesichts der Defensivleistung gegen Japan bin ich aber ohnehin eher skeptisch. Die Abwehr, das komplette Abwehrverhalten, die Aggressivität, alles war zu schwach. Das Abwehrkonstrukt ist nicht eingespielt, die Spieler verhalten sich nicht clever genug, es fehlt an Geschlossenheit und Kommunikation. Das ist keine letzte Linie, die sich aufeinander verlassen kann, wo jeder weiß, was der andere macht. Ich spüre keine Verbundenheit auf dem Platz. Einen WM-Titel kannst du nur mit einer starken Defensive gewinnen.
Die riesigen Löcher, die es in der Rückwärtsbewegung gab, schaffen Räume für jeden Gegner. Umso größer die Qualität, desto besser wird das ausgenutzt. Japan hat es gut ausgenutzt und bestraft. Vor allem in der zweiten Halbzeit, als Japan das System veränderte und mutiger wurde, wurden die eklatanten Mängel sichtbar.
Japan ist mit einigen Bundesliga-Akteuren gespickt und insgesamt auf ansprechendem Niveau. Dann sind sie voll aufs Ganze gegangen, haben mehr Druck mit Ball und gegen den Ball ausgeübt und damit Torgefahr erzeugt. Deutschland hat das zugelassen! Das ist fahrlässig - und schade.
Niklas Süle als rechten Außenverteidiger aufzustellen, war ein Fehler.
Er kann das spielen, aber er ist ein Innenverteidiger. Er will auch innen spielen, das sieht man. Im Abwehrzentrum fühlt er sich am wohlsten, dort funktioniert er am besten. Bei einer WM sollten Spieler dort spielen, wo sie auch regelmäßig im Verein auf einem hohen Niveau spielen.
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Niklas Süle gab beim 1:2 der Japaner kein gutes Bild ab

Fotocredit: Getty Images

Beim entscheidenden Gegentreffer zum 1:2 hebt Süle das Abseits auf und startet damit die Fehlerkette: Asano hat so zwei Meter Vorsprung auf Nico Schlotterbeck, der wiederum verlässt sich am Ende zu sehr auf Manuel Neuer, als der Winkel zum Tor immer unmöglicher wurde. Solche individuellen Fehler sind auf diesem Niveau tödlich. Hier haben sie zu einer verdienten Niederlage geführt.
Es hilft jedoch nichts. Die deutsche Nationalmannschaft muss sich schnell aufraffen. Spanien muss leidenschaftlich bekämpft werden. Die fußballerische Klasse ist weiterhin da, es geht jetzt einzig und allein um die Basis des Fußballs, die Grundtugenden.
Jeder muss für den anderen da sein, sich für keinen extra Meter zu schade sein, vielleicht auch mal taktische Fouls begehen, um den Spielfluss der Spanier zu stören.
Eine Möglichkeit wäre auch, auf Konter zu spielen. In der Offensive ist ausreichend Schnelligkeit vorhanden.
Ob das mit einer Dreier- oder Viererkette gespielt wird, ist dabei vollkommen egal. Es geht nicht ums System! Hansi Flick ist ein sehr erfahrener Trainer. Ich traue ihm zu, dass er mit ein paar Veränderungen eine Wirkung erzielen kann.
Doch wenn nicht jeder Spieler der deutschen Nationalmannschaft MIT ALLER MACHT von der ERSTEN BIS ZUR LETZTEN SEKUNDE den Sieg will, wird die WM in Katar auch sportlich eine Katastrophe für Deutschland.
Bis dahin, Euer
Holger Badstuber

Zur Person Holger Badstuber:

Holger Badstuber spielte von 2010 bis 2015 insgesamt 31 Mal für die deutsche Nationalmannschaft. Mit dem FC Bayern München wurde er sechsmal Deutscher Meister und gewann 2013 die Champions League. Für Eurosport ist er Experte für die WM 2022 in Katar.
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