WM 2022: Thomas Müller als Sorgenkind der deutschen Nationalmannschaft - setzt ihn Hansi Flick auf die Bank?

Deutschland hat mit dem 1:1-Remis gegen Spanien seine Chancen auf das WM-Achtelfinale in Katar am Leben gehalten. Zum Zünglein an der Waage wurde dabei Niclas Füllkrug, der als Joker den wichtigen Ausgleich erzielte. Thomas Müller, der für den Bremer Platz machen musste, scheint sich derweil auf dem absteigenden Ast zu befinden. Für Hansi Flick stellt sich somit jetzt die Frage: Muss Müller raus?

Müller gibt Richtung vor: "Klingt zwar nicht romantisch, aber ..."

Quelle: Perform

Nach 70 Minuten war Schluss. Zum zweiten Mal in Folge blieb Thomas Müller bei der WM in Katar trotz seines unumstrittenen Einsatzes ohne nennenswerten Einfluss auf das deutsche Spiel und ließ seine gewohnten Geistesblitze vermissen.
Beim zuvor als "Endspiel" proklamierten Duell gegen Spanien (1:1) traute Bundestrainer Hansi Flick dem Bayern-Urgestein die Rolle der falschen Neun zu. Doch Müller, der auf nur 18 Ballkontakte kam, wurde den Erwartungen überhaupt nicht gerecht. "Am Ende wirst du nach außen an Torbeteiligungen und Torszenen bewertet. Da bin ich mit null Torschüssen nach zwei Spielen nicht zufrieden", gab der Bayern-Star zu.
Währenddessen avancierte Niclas Füllkrug, der Müller in der Schlussphase gegen Spanien ersetzte, mit seinem Ausgleichstreffer zum Helden der Nation.
Füllkrugs Tor stieß die Tür zum Achtelfinale für Deutschland wieder etwas auf, doch stellte Flick gleichermaßen vor ein kniffliges Problem: Muss Müller raus?

Müller strauchelt - doch Flick glaubt an ihn

Es ist ein Szenario, das in der Vergangenheit unvorstellbar gewesen wäre. Doch während Müller 2010 und 2014 noch eindeutig zu den Erfolgsfaktoren der deutschen Nationalmannschaft gezählt hatte, rutschte der 33-Jährige beim Vorrunden-Aus 2018 in Russland und beim bis dato turbulenten WM-Abenteuer in Katar in die Reihe der unglücklicheren DFB-Akteure ab.
Zwei Spiele, kein Torschuss, im Gegenpressing nicht die gewünschte Effektivität - Müller bleibt im Wüstenstaat ein Schatten seiner selbst. An dessen Bedeutung für die Mannschaft ändere sich aber nichts, versicherte Kollege Füllkrug. "Thomas ist ein absoluter Führungsspieler, hat eine ganz wichtige Position auch neben dem Platz. Er wird wichtig für uns bleiben", so der 29-Jährige auf der DFB-Pressekonferenz.
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Müller über Japans Patzer: "Da ging ein Funke durch unser Camp"

Quelle: Perform

Dabei ist Müllers jüngster Leistungseinbruch nicht verwunderlich. Immerhin war der Startelfeinsatz gegen Japan (1:2) der erste seit über einen Monat. In den Wochen zuvor fiel der Fußball-Freigeist krankheits- und verletzungsbedingt aus.
Trotz dieser langen Abwesenheit war sich Flick in den vergangenen Tagen angesichts des Leistungspotenzials seines Schützlings sicher: "Ich bin überzeugt davon, dass er noch nie so gut vorbereitet war auf eine WM."

DFB-Statistik spricht gegen Müller

Was für einen weiteren Startelfeinsatz im Gruppenfinale gegen Costa Rica (Donnerstag, 20:00 Uhr im Liveticker) spricht: Müller ist Flicks Liebling. Ein Umstand, der aber nicht völlig vom Leistungsprinzip losgelöst ist.
Blickt man auf Flicks Zeit beim FC Bayern München zurück, war es der heutige Bundestrainer selbst, der dem unter Niko Kovac gescholtenen Müller neues Leben, neue Kreativität einhauchte. Beim Triple-Gewinn 2019/20 war der Offensivspieler sogar einer der großen Taktgeber der Mannschaft - der Spitzname "Radio Müller" kam nicht von ungefähr.
So rosig die Müller-Flick-Symbiose an der Säbener Straße auch war, im DFB-Dress kommt sie noch nicht so richtig in Schwung.
In den 18 Spielen der Nationalmannschaft unter Flick stand Müller insgesamt zehnmal in der Startelf. Dabei sprangen lediglich vier Siege bei vier Remis und zwei Niederlagen raus.
Ohne Flicks verlängerten Arm blieb Deutschland ohne Niederlage und triumphierte in acht Spielen sechsmal. Klar, reines Zahlenspiel. Letzten Endes aber auch ein mögliches Indiz dafür, dass Müller nicht mehr in Flicks System passt - und nur reingepresst wird.
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Thomas Müller beim WM-Spiel gegen Spanien

Fotocredit: Getty Images

Ohne richtige Neun kein richtiger Müller?

Immerhin fehlt Müller in der Nationalmannschaft der kongeniale Part, der ihn beim FC Bayern so unentbehrlich macht: der Neuner.
In den vergangenen Jahren blühte der Weltmeister von 2014 hinter Robert Lewandowski geradezu wieder auf, erlebte in München den zweiten Frühling seiner Karriere. Müller bewegte sich frei, antizipierte unvorhergesehene Räume und verknotete mit seinem unnachahmlichen Überraschungsmoment die Beine der gegnerischen Defensive.
Im DFB-Team blieben diese Qualitäten jüngst auf der Strecke - auch weil Müller wie gegen Spanien oftmals selbst in die Rolle des Stürmers gerutscht war. Und wie die kümmerlichen 18 Ballkontakte gegen die Furia Roja bestätigen, ist er auf jenem Posten verschenkt.
Es sei denkbar, Fülllkrug auf die Neun zu stellen "und mich dahinter", sagte Müller drei Tage vor dem Duell mit Costa Rica. "Wir haben aber sehr viele Optionen und Hansi die Qual der Wahl."

Musiala drängt sich auf: Deutschland hat ein Luxusproblem

Ein Blick auf das deutsche Überangebot im offensiven Mittelfeld verrät, dass der Bundestrainer zig Optionen hat und es für Müller eng werden könnte. Mit Jamal Musiala hat Fußball-Deutschland überdies längst den nächsten Star-Zehner in seinen Reihen gefunden.
Wie der 19-Jährige mit einem bescheidenen Marktwert von 100 Millionen Euro (Quelle: "transfermarkt.de") beim FC Bayern unlängst unter Beweis gestellt hat, kann er in den entscheidenden Momenten den Unterschied machen - wie Müller.
Was Musiala seinem dienstälteren Teamkollegen aber voraus hat, sind das hohe Tempo, eine enorme Pressingresistenz, der unschuldige Spielwitz und sein begnadetes Ballgefühl auf engem Raum. Qualitäten, die auf der Zehn von immenser Bedeutung sind. Qualitäten, die er auch gegen Spanien (dort auf dem Flügel unterwegs) bewiesen hat.
Musialas kometenhafter Aufstieg ist zumindest in der Nationalmannschaft einer der Gründe, warum aus dem unumstößlichen Glaubenssatz "Müller spielt immer" die leicht abgewandelte Form "Müller darf spielen" wurde.

Muss Müller auf die Bank?

Das Unentschieden gegen Spanien brachte Flick in Hinsicht auf das Entscheidungsspiel gegen Costa Rica noch weiter in Bedrängnis. Denn neben der Zehn (Musiala) scheint auch die Frage nach der Sturmspitze gelöst zu sein.
Füllkrug unterstrich mit seinem zweiten Tor im dritten Länderspiel, dass er auch auf der großen Bühne den Unterschied machen kann. Demnach müsste sich der Bremer am Donnerstag auch in der deutschen Startformation wiederfinden.
Müller hängt hingegen - verständlicherweise auch aufgrund seiner jüngsten Ausfallzeit - etwas in der Luft. Flick muss in Katar auf den Trend setzen. Und der spricht aktuell für Füllkrug.
Flicks Assistenztrainer Marcus Sorg erklärte am Montag auf einer Pressekonferenz des DFB jedoch, dass Füllkrug "kein Allheilmittel" sei. Man müsse sehen, "welche Wirkung welcher Spieler zu welchem Zeitpunkt hat. Man sollte diese Wirkung nicht verlieren." Ein gutes Omen für Müller?
Der Bundestrainer wird sich vor dem Showdown gegen Costa Rica jedenfalls sehr genau mit der großen Neuner-Frage auseinandersetzen und muss wie gegen Spanien sein goldenes Händchen beweisen. Immerhin hatte Flick bereits an der Säbener Straße bei einem vermeintlich nachlassenden Müller das richtige Gespür - warum dann auch nicht bei der WM?
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Müller lobt seinen Ersatzmann: "Füllkrug gibt der Mannschaft Energie"

Quelle: MagentaTV

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